Change
Lippen waren erstarrt, wie Eis, als Mike mich anschließend küsste, zärtlich, die Augen geschlossen, seine Wimpern für den Bruchteil einer Sekunde an meiner Wange entlang streichend.
Die Worte wollten nicht in meinen Kopf, ich konnte nicht glauben, dass er das gerade tatsächlich gesagt hatte. Noch weniger konnte ich glauben, dass er es tatsächlich so meinte – das war unmöglich. Er konnte das nicht ernst meinen, konnte nicht so empfinden. Meine Hände reagierten schneller als mein Kopf, denn während ich noch völlig von den Socken über die Bedeutung von Mikes Geständnis nachgrübelte, hatte ich schon meine Hände an seine Brust gedrückt und ihn weggedrückt – nicht sanft, sondern zunehmend stärker. Verwirrung flackerte über das schöne Gesicht, in Mikes jetzt geöffneten Augen las ich Unverständnis.
Der Anblick schmerzte, doch mehr schmerzte mich, was Mike soeben gesagt hatte. Hastig robbte ich von ihm weg, an den anderen Rand des Bettes, sah ihn mit scheuem Blick an. Nervös schluckte ich, versuchte meine wilden Gedankenspiele in den Griff zu bekommen.
„Hab – hab ich etwas Falsches gesagt? Was ist mit dir?“, stotterte Mike, die Unsicherheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich schüttelte reflexartig mit dem Kopf, änderte die Bewegung jedoch sofort in ein Nicken, um dann wieder mit dem Kopf zu schütteln. Ich war mir selbst so unsicher.
Ich hatte Angst, es könnte nicht stimmen. Ich war mir fast schon sicher, dass es nicht wahr sein konnte. Es kam falsch, viel zu früh. Ich konnte es nicht erwidern, weil ich Mike nicht anlügen konnte. Gleichzeitig war es blasphemisch zu glauben, er könne die Wahrheit gesagt haben. Es konnte nicht sein, dass er so fühlte - schon jetzt. Er kannte mich dazu doch noch gar nicht gut genug – ich verschwieg ihm so viel. Und das, was er wusste, stellte mich nicht als liebenswerten Menschen dar – warum tat er dann so etwas?
„Sag diese Worte nicht, wenn du sie nicht ernst meinst.“, erwiderte ich schließlich nach langem Nachdenken, meine Stimme klang kalt wie eine stählerne Klinge. Mike runzelte die Stirn, der Unsicherheit wich Entschlossenheit.
„Aber ich meine sie ernst. Ich liebe dich, Aiden.“
Leicht schüttelte ich den Kopf, mich und die Situation innerlich verfluchend.
„Nein, das kann nicht sein. Und je öfter du die Worte aussprichst, desto leerer werden sie – bedeutungslos.“, erklärte ich verworren, während ich meine Knie an den Oberkörper zog und die Arme darum verschränkte – beste Abwehrhaltung. Schon wieder waren meine Mauern da.
„Du erzählst Schwachsinn. Warum sollte ich so etwas sagen und es nicht ernst meinen?“, wollte Mike wissen, ein kaum vernehmbarer Unterton in der lauter gewordenen Stimme zeugte von seinem Ärger. Ich schüttelte mechanisch den Kopf, antwortete ohne nachzudenken.
„Keine Ahnung. Aber du kannst es nicht ernst gemeint haben. Ich meine – sieh mich doch an! Was bin ich schon – ein erbärmlicher Verlierer.“ Mein Blick wanderte von meinen in abgewetzten Jeans steckenden Knien zu Mike, der verächtlich den Kopf schüttelte. Ein bitterer Zug lag um seine Lippen.
„So denkst du also von mir? Dass ich dich bei etwas so Wichtigem anlügen würde – aus welchem Grund? Nenn mir einen Grund!“
Mikes Stimme bebte, wurde immer lauter, immer verzweifelter. Ich konnte die Empörung fast körperlich spüren, wie eine Welle überrollten mich seine Gefühle, doch mein Herz erreichten sie nicht.
Ich konnte wiederum nur den Kopf schütteln, wusste keine Antwort. Mikes steigende Verzweiflung, die sich in seiner Stimme niederschlug, machte mir Angst.
Mike räusperte sich, atmete hörbar ein. Als er dann sprach, hatte er sich wieder gemäßigt, nur Trauer und Enttäuschung färbten seine Worte ein.
„Du bist kein erbärmlicher Verlierer, sonst wärst du gar nicht hier. Du kannst stolz auf das sein, was du geschafft hast und noch schaffen wirst. Dein Problem mit dem Koks ist erst das erste Hindernis, das du überwinden wirst.“
„Woher willst du das wissen? Du weißt gar nichts über mich.“, fuhr ich ihn an, schnitt ihm das Wort ab, funkelte ihn aggressiv an. Dieses Thema, das er angeschnitten hatte, brachte mir die Erinnerung erneut näher, ließ mich immer noch wütend werden. Der Drang zu koksen flammte kurzzeitig wieder in mir auf, schmerzhaft intensiv. Ich drückte meine Knie stärker an mich heran, zischte verhalten auf.
„Ich weiß mehr als du immer denkst. Ich scheine dich besser zu
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