Chaos Erde
kurzer Stunden erfahren hatte, mochte er vorerst noch gar nicht nachgrübeln. Er befürchtete, ihm könnte, falls diese gesamten Daten ihm alle auf einmal durch den Kopf schossen, auch ohne Kugel der Schädel geradeso wie der von Mack Hammer platzen.
Es war besser, an so etwas nicht zu denken.
Aber weshalb hatte man ihm die Informationen vorenthalten? Hatten nicht sämtliche Leute, mit denen er bislang geredet hatte, die Meinung vertreten, daß jedes »Stück Gefrierfleisch« sie erhalten müßte? Schon ein schlichtes Informationsblatt wäre eine Hilfe gewesen. Gezwungen zu sein, hier und dort bröckchenweise Aufschlußreiches aufzuschnappen und sich zu einem sinnvollen Gesamtzusammenhang zurechtreimen zu müssen, erwies sich auf Dauer, gelinde gesagt, als stressig. Sicherlich hatte das Auftauchen von Mafiosi und Kannibalen Dr. Schnitzler beträchtlich abgelenkt. Aber trotzdem…
Doch immerhin befand er sich zu guter Letzt in einer Lage, die es ihm erlaubte, sich besser als bisher zu informieren: er saß mit Touristen an einem Tisch.
Oder?
Der Zweifel verdroß ihn. Und als hätte ein erpichter Schutzengel seine Unruhe wahrgenommen, hörte er mit einem Mal eine ebenso laut- wie geschlechtslose Stimme mit allerdings ernster, ominöser Betonung.
»Wir bedauern das unangenehme Gefühlserlebnis außerordentlich und versichern Ihnen, daß es sich nicht wiederholen wird. Ist es darauf zurückzuführen gewesen, daß Sie neben einem unserer nichtmenschlichen Kunden sitzen? Falls es sich so verhält, beachten Sie bitte, daß alle Teilnehmer unserer Reise vorab schriftlich bestätigt haben, von allen Anti-Spezies-Vorurteilen frei zu sein.«
Es folgte eine bedeutungsschwangere Pause.
»Allerdings könnte es trotz all unserer ausgefeilten Vorsichtsmaßnahmen dazu gekommen sein«, sprach die Stimme in versöhnlicherem Ton weiter, »daß eine Duftnote der Ihrem Tischnachbarn servierten Gerichte bei Ihnen eine unwillkürliche Abwehrreaktion… Nein, verzeihen Sie. Die am Anfang der Reise für Sie spezifizierte Art der Ernährung… Verzeihen Sie bitte nochmals. Leider liegt hier eine Konfusion vor.«
Das konnte man wohl sagen. Was ein greifbar handfestes Restaurant zu sein schien, flimmerte und flackerte unversehens. Obwohl sein Verstand noch ein wenig beduselt war, blickte Quaddel jetzt allmählich durch; wenigstens mehr oder weniger.
»Neben einem Nichtmenschen habe ich gesessen?« rief Quaddel. »Wundervoll! Ich hatte noch keine Gelegenheit, mich mit einem Geschöpf von einem anderen Planeten zu unterhalten. Setzen Sie uns bitte wieder zueinander.«
Währenddessen wunderte es ihn, sich absolut nicht daran erinnern zu können, überhaupt neben irgend jemand gesessen zu haben.
Und warum man ihm nicht endlich erlaubte, etwas zu essen.
Er saß mit den Knien unter einem langgestreckten Tisch, der sich durch solche Zweckmäßigkeit hervortat, daß er sowohl für ihn die richtige Höhe hatte, wie auch eine weit niedrigere Höhe für jene Angehörige der Gruppe, die beim Essen lieber auf dem Fußboden hockten oder knieten, und darüber hinaus passable spatiale Gegebenheiten für die Gäste bot, bei denen es sich nicht um Menschen handelte. Stimmengewirr ertönte, doch redeten so viele Personen gleichzeitig, war das Durcheinander so groß, daß er kaum etwas mitbekam als den allgemeinen Tenor der Konversation: allem Anschein nach widmeten die Gespräche sich überwiegend Klagen über das Essen, der Unterbringung und das Niveau der bis jetzt erlebten Programmpunkte.
Eine Sekunde später jedoch vergaß er all das, eine derartige Woge der Aufregung durchflutete seinen Körper. (Mehr und mehr stellten sich inzwischen wieder normale Emotionen ein.) Denn nicht nur war vor ihm eine appetitlich aussehende Mahlzeit erschienen (Oder wäre »materialisieren« das richtige Wort? Direkt erscheinen gesehen hatte er sie nämlich nicht.), zudem merkte er jetzt, daß die Kreaturen an seinen Seiten unverkennbar zu den Nichtmenschen der Touristengruppe zählten. Er konnte sich kaum vom Auf- und Abwippen zurückhalten.
Ich sitze in leibhaftiger Gegenwart von Wesen eines anderen Planeten! Das ist ja wunderbar! Geradezu unglaublich!
Was war dringender, sich den Bauch zu füllen (und das Essen roch wirklich erlesen gut!), oder die Neugierde zu befriedigen? Gerade hatte er sich fürs erstere entschieden, da verschwand das Essen vor seinen Augen.
»Bitte entschuldigen Sie«, sagte eine Stimme, die in seinem Kopf zu ertönen schien. »Ihr
Weitere Kostenlose Bücher