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Chaosprinz Band 1

Chaosprinz Band 1

Titel: Chaosprinz Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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im Zug. Der Bahnsteig ist restlos überfüllt und jeder scheint es irgendwie schrecklich eilig zu haben. Um nicht gleich totgetrampelt zu werden, setze ich mich auf eine der ungemütlichen Bänke.
    Suchend schaue ich mich um. Keiner beachtet mich, keiner scheint nach mir Ausschau zu halten. Jetzt kommt es zurück, das flaue Gefühl von eben. Schnell streiche ich mir die langen Haarsträhnen aus dem Gesicht, bemerke dabei meine feuchten Hände und versuche, sie an der hellen Jeans abzuwischen.
    Wie begrüßt man einen Vater, den man eigentlich nicht kennt?
    »Yeah, hey, Daddy! Na, Alter, komm, lass dich drücken.« Nee, nicht wirklich.
    »Hallo, Joachim, es ist mir eine Freude, deine Bekanntschaft zu machen. Das ist also deine Ehefrau – entzückend!« Nein, nein, nein.
    »Papi, hier bin ich! Dein verlorener Sohn! Halleluja!« Ach, das ist doch scheiße.
    Verdammt, ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich reagieren soll. Vielleicht warte ich auch einfach seine Reaktion ab. Mein Hirn macht sich mal wieder selbstständig. Vollkommen ungefragt präsentiert es mir die unterschiedlichsten Bilder.
    Ich sehe meine zukünftige Familie vor mir: Mit einer Kippe im Mundwinkel und Goldkettchen um den Hals mustert mich ein Proll-Vater von oben bis unten. Sein Stiefsohn, dem die Baggyhosen schon fast in den Kniekehlen hängen, lässt seine Fingerknöchel knacksen und meine Stiefschwester in spe kaut geräuschvoll Kaugummi und zeigt mir ihr Bauchnabelpiercing.
    Oder ich stehe gleich vor einer katholischen Spießerfamilie. Alle der Größe nach aufgestellt und während die Kleinen Blockflöte spielen, singt mir der Rest ein selbstgedichtetes Begrüßungsliedchen, in dem sie dem Herrn Gott für meine Existenz danken. Unwillkürlich muss ich lachen. Ich bin mir wirklich nicht sicher, welche Variante ich erschreckender finde.
    Es dauert eine ganze Weile, bis sich das Chaos auf dem Bahnsteig endlich gelegt hat. Nur noch vereinzelte Grüppchen stehen herum und unterhalten sich. Ich schaue auf die Uhr. Seit meiner Ankunft sind jetzt knapp fünfzehn Minuten vergangen. 17 Uhr 35.
    Okay, das ist noch kein Grund zur Panik. Zum dritten Mal kontrolliere ich nun schon mein Ticket. Wie geplant sind wir auf Gleis 5 eingefahren. Die Uhrzeit hat auch gestimmt. Ich bin also am richtigen Treffpunkt. Weitere fünf Minuten vergehen und ich sitze immer noch wie bestellt und nicht abgeholt neben meinem Koffer.
    Plötzlich bekomme ich die nächste Panikattacke: Was, wenn wir uns missverstanden haben? Vielleicht wartet mein Vater in der Bahnhofshalle oder es gibt noch ein zweites Gleis Nr. 5 – naja, die erste Möglichkeit wird wohl eher zutreffen. Ich suche eine Weile die Bahnhofshalle ab, dann gehe ich zur Information und lasse ihn ausrufen.
    »Joachim Ziegler, bitte kommen Sie zur Information. Sie werden dort erwartet. Ich wiederhole, Joachim Ziegler, bitte kommen Sie zur Information. Sie werden dort erwartet!«
    Sie werden von Ihrem Sohn erwartet, Ihrem Sohn, dem es gerade gar nicht gut geht, der nichts mehr gegen das flaue Gefühl in seinem Bauch tun kann. Ich warte weitere fünfzehn Minuten.
    »Soll ich es noch mal versuchen?« Die junge Frau an der Information sieht mich mitleidig an. Ich muss wohl gerade ein schönes Bild des Jammers abgeben. Langsam schüttle ich den Kopf. Glaube nicht, dass es Sinn machen würde.
    »Danke trotzdem!« Ich lächle ihr kurz zu und gehe wieder in Richtung Bahnsteig.
    Mein Handy halte ich die ganze Zeit über in der Hand. Keiner hat versucht, mich zu erreichen, und bei seinem Handy geht nur die Mailbox ran.
    »Ja, hallo, hier ist Tobias – dein Sohn. Also, ich bin immer noch im Bahnhof… Gleis 5… und es wäre sehr nett, wenn mich irgendjemand abholen könnte. Ja, also, das wäre nett… Tschüss.«
    Wäre nett? Der soll endlich seinen verdammten Arsch hierher bewegen!
    Eine fette Taube beobachtet mich. Gierig starrt sie mich aus ihren schwarzen kleinen Knopfaugen an. Oder ist sie ein Er? Wer weiß das bei einer Taube schon so genau. Hätte dieses Vieh Zähne, würde es sich bestimmt gerade genüsslich darüber lecken. Und dabei habe ich nicht einmal etwas Essbares in der Hand, bloß einen Kaffee, den ich mir eben noch geholt habe. Naja, vielleicht ist das Federvieh ja ein Koffeinjunkie oder einfach nur extrem dämlich. Solange es nicht anfängt, an mir herumzupicken...
    Ich stampfe mit dem Fuß auf. Die Taube hüpft einige Zentimeter nach rechts und starrt mich weiter provokativ an. Ich merke, wie mein

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