Chaosprinz Band 1
Augen auf. Oh Gott, wer hat da eben gesprochen? Das war doch nicht etwa ich? Oh, bitte nicht! Bitte, bitte…
Kim scheint zunächst überrascht, dann lächelt er und greift nach meinem Arm. Ich schwanke etwas unkontrolliert.
»Bier und Rauch? Ich war in einer Kneipe und habe mit ein paar Kumpels was getrunken. Riecht es so schlimm?«
»Nee, gar nicht!« Schnell schüttle ich den Kopf. Meine langen Haare fallen mir ins Gesicht und ich bin froh, so meine knallrote Birne verstecken zu können. »Du riechst gut«, nuschle ich hinter meinem Vorhang aus Haaren.
Jetzt höre ich ihn leise lachen. Er greift nach meiner Wange und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. Wie nah er ist. Ich sehe kurze, dichte Wimpern über hellen Augen. Sie flackern sehr schön…
»Danke, aber ich glaube, du gehst jetzt besser rein. Du bist ziemlich betrunken. Und ich muss morgen früh raus.«
»Wo gehst du hin?«
»Ich fahre mit ein paar Kommilitonen an die Nordsee. Drei Wochen Urlaub am Meer.«
»Oh, ich fahr auch bald weg und… hey, ich hab heute Geburtstag, naja, eigentlich war der gestern… ach egal!«
Kim zieht eine Augenbraue in die Höhe und versucht, meinem wirren Geschwafel zu folgen.
»Naja, wie dem auch sei… auf jeden Fall bekomme ich noch ein Geschenk von dir…«
»Ein was?« Jetzt lacht er wirklich. Laut und ehrlich lacht er mich aus.
Ich schmolle, verschränke die Arme vor der Brust, schiebe die Unterlippe nach vorne und schaue ihn trotzig an. Er hört sofort auf, zu lachen, und gibt sich die größte Mühe, ernst zu bleiben. Na bitte, hat bisher doch immer geklappt.
»Ein Geschenk also. Was genau hast du dir vorgestellt?« Seine Stimme ist nun wieder leise, tief und mit einem seltsamen Unterton. Ich zucke die Schultern.
»Ich hätte gerne die neuste Playstation, aber die kaufst du mir bestimmt nicht, oder?« Ich weiß selber nicht, ob ich das gerade ernst meine, Kim jedenfalls scheint es irre komisch zu finden.
»Nein, Kleiner, eine Playstation kaufe ich dir nicht. Ich bin ein armer Student«, meint er lachend. Es klingt freundlich und ehrlich. »Fällt dir kein Geschenk ein, das umsonst ist? Soll ich dir einen Stern schenken oder ein Glühwürmchen fangen?«
Jetzt muss ich kichern. Die Vorstellung von Kim, wie er durch den Garten hüpft und Glühwürmchen fängt, ist einfach zu komisch.
»Sag schon, hast du einen Wunsch, den ich dir erfüllen kann?«
Wieder bemerke ich die Nähe zwischen uns, seine Wärme, seinen Geruch, den Arm, der immer noch meinen stützt… Nur einmal von ihm festgehalten zu werden… von einem starken, schönen Mann im Arm gehalten zu werden… »… einmal geküsst werden…«
Große Augen sehen mich irritiert an.
»Du willst, dass ich dich küsse?«, flüstert er.
Ich schlucke. Scheiße, woher weiß er… oh nein, habe ich meine Gedanken wieder mal laut ausgesprochen? Verdammt, das ist ein Fluch…
Panisch schließe ich die Augen. Ist wie bei kleinen Kindern – wenn ich dich nicht sehe, bist du auch nicht da… Vielleicht geht er ja, oder noch besser: Ich gehe. Ja, ich verschwinde ganz einfach in einem riesengroßen Loch, das sich im Boden auftut und mich verschluckt… Oh bitte, bitte lieber Gott, ich will verschluckt werden.
Zwei große Hände berühren zärtlich meine Wangen. Die Augen immer noch fest geschlossen, öffne ich leise keuchend den Mund. Meine Atmung geht so schnell, dass ich befürchte, augenblicklich zu ersticken. Ich bekomme nicht genug Luft.
Dann spüre ich seine Lippen auf meinen… ganz weich. Er küsst mich zärtlich, vorsichtig und dennoch bestimmt. Seine Lippen streichen über meine, drücken sich dagegen und bewegen sich sanft.
Ich schwebe. Meine Füße verlassen den Boden und ich muss mich an ihm festhalten, um nicht einfach abzuheben und davonzufliegen.
» Tobias? «
Nein! Nicht jetzt! Nicht dieses Mal! Nicht bei meinem ersten, richtigen Kuss!
» Tobias?! « Ma brüllt durch das ganze Haus. Sie muss das Licht draußen gesehen haben und wundert sich nun, warum ich immer noch nicht reingekommen bin. » Tobias, kotzt du schon wieder ins Blumenbeet?! «
Oh Scheiße!
Ich will sterben!
Kim lässt mich erschrocken los und weicht einige Schritte von mir und der Haustür zurück.
»Tut mir leid, Tobi, aber ich sollte jetzt besser gehen.« Hastig dreht er sich um und eilt den schmalen Weg entlang. Am Gartentor bleibt er für einen Augenblick stehen und wirft mir einen schnellen Blick zu. Wir sehen uns einfach nur an.
»Danke«, sage ich mit dünner
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