Chaosprinz Band 1
unserer Aussage zweifeln sollte. Er liebt dich und glaubt jedes Wort, das aus deinem Mund kommt. Sollte er irgendwelche Zweifel hegen, wird er erst mit dir sprechen, bevor er zu Bettina oder Pa geht.« Ich schaue ihn an, beobachte sein Profil. Er scheint ein bisschen beruhigt. Die Anspannung weicht etwas aus seinem Körper.
Hm, nun, da wir das Kussthema schon mal angeschnitten haben, komme ich nur schwer wieder davon weg. Ich sterbe fast vor Neugierde und will endlich wissen, ob ihm unsere Balgerei zwischen dem Spielzeug der Zwillinge auch so gut gefallen hat. Und natürlich muss ich erfahren, wie es nun zwischen uns weitergehen wird.
»Ähm, Alex…« Ich räuspere mich. »Wegen gestern…«
»Hm…?«
»Also… was denkst du?« Ich schaue ihn nicht an.
»Weiß nicht...«, brummt er.
»Aha«, mache ich. Dann schweigen wir.
Seufzend lehne ich den Kopf an die kühle Fensterscheibe. Dunkle Gärten sausen an uns vorbei, in den Villen dahinter brennt vereinzelt noch Licht. Die Straßenlaternen beleuchten schwach die Bürgersteige. Nebel steigt auf. Alex fährt plötzlich langsamer, blinkt, bremst und biegt in eine sehr breite, lange Einfahrt. Zahlreiche Autos parken auf dem Kiesplatz vor der Villa. Toms Eltern müssen unendlich reich sein. Beeindruckt betrachte ich das weiße Steinhaus.
Alex parkt recht abseits. Er dreht den Zündschlüssel um. Im Inneren des Wagens wird es dunkel. Leise Musik ist zu hören. Der Eingang des Hauses ist hell erleuchtet. Die beiden großen Engelsfiguren aus Stein, die rechts und links zu beiden Seiten der Haustür stehen, tragen Schals aus Luftschlangen um die Hälse. Ich schaue immer noch aus dem Fenster. Alex neben mir schweigt und kramt in seiner Jackentasche nach Zigaretten.
»Willst du den ganzen Abend hier sitzen bleiben?«, fragt er grob, die Zigarette zwischen den Lippen.
»Hm«, antworte ich zur Abwechslung mal. Dann öffne ich doch die Tür, steige aus und vergrabe die Hände in meinen Hosentaschen. Mann, ich habe mich so sehr auf diese Autofahrt gefreut, habe mir so sehr gewünscht, mal eine Viertelstunde mit ihm allein zu sein, und dann…
»Komm, Bambi!« Er steht zwei, drei Meter von mir entfernt auf dem Kiesweg und schaut mich auffordernd an. Langsam folge ich ihm. »Wir gehen zur Hintertür«, sagt Alex leise und zieht an seiner Zigarette.
»Okay!«
Als wir den Eingang und die Engelsfiguren passieren, bemerke ich, dass dem steinernen Engelsknaben ein rosafarbenes Kondom über den kleinen Penis gezogen worden ist. Sieht ziemlich obszön und albern aus. Ich muss lachen.
»War bestimmt Tom, dieser Freak.« Alex verdreht grinsend die Augen und zieht mich dann hastig weiter, als ein paar Leute aus dem Haus treten.
»Warum so geheimnisvoll?«, frage ich ihn. »Das waren doch nur dieser Micha aus unserem Jahrgang und ein paar andere…«
»Ach, ich habe gerade einfach keine große Lust auf Smalltalk«, nuschelt er, während wir nebeneinander herspazieren.
»Hm, gute Voraussetzungen, wenn man auf eine Party gehen will.« Ich werfe ihm einen schnellen Blick zu. Seine Miene ist düster, sein Kopf gesenkt. Er scheint über irgendetwas nachzugrübeln. Könnte ich doch nur hinter seine hübsche Stirn gucken, wüsste ich doch nur, was ihn so wahnsinnig beschäftigt.
Wir stehen im Garten vor einer Kellertür. Es ist Vollmond. Hell leuchtet das blasse Licht auf uns herab. Alex' Haar schimmert silbern. Er sieht ein bisschen aus wie ein Wesen aus einer Fantasiewelt. Ein Elf, oder so. Wunderschön und sehr anziehend.
Die Luft ist feucht und klamm vom aufziehenden Nebel und ich fröstle leicht. Die Arme fest um den Körper geschlungen, lehne ich mich an die Hauswand und schaue in den großen, dunklen Garten. Die Zigarette in Alex' Hand glüht immer dann auf, wenn er an ihr zieht.
»Ist dir kalt?« Seine Stimme klingt schon wieder so rau. Ich bekomme eine Gänsehaut.
»Ein bisschen«, gestehe ich leise.
»Willst du rein?«
»Nein.« Ich möchte hier neben ihm stehen bleiben. Von drinnen kann man Stimmen, Lachen und Musik hören.
Unsere Arme und Schultern berühren sich. Sein Körper ist warm. Ich nehme meine Hände aus den Hosentaschen. Unsere Arme hängen zwischen unseren Körpern schlaff nach unten. Vorsichtig lege ich meinen Handrücken an seinen. Seine Hand ist kühl. Meine Finger streifen seine, streicheln sie. Er erwidert diese Berührungen. Still stehen wir nebeneinander, an die Hauswand angelehnt. Unsere Blicke gehen starr geradeaus, während unsere Finger zart
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