Chaosprinz Band 1
dass ich diesem Typen nicht gleich eine scheuern muss, weil es meine kleine Stiefschwester ist, der er da so unanständig unter den Rock fasst. Der Kerl dreht sich um, lässt von dem Mädchen ab und wirft mir einen aggressiven Blick zu.
»Verpiss dich, du Spanner!«
Es ist nicht Maria! Ich werde rot, entschuldige mich und verlasse schnell den Raum. Die Pärchen schauen mir erst angewidert hinterher, dann wenden sie sich wieder ihren Knutschpartnern zu. Hektisch wandert mein Blick über die herumstehenden Leute. Jedes Mal, wenn mir lange, blonde Haare in die Augen fallen, zucke ich aufgeregt zusammen, doch bisher war es immer falscher Alarm.
Die laute Discomusik dröhnt mir entgegen. Das Laserlicht macht aus der tanzenden Menge einen Haufen zappelnder und flimmernder Körperteile. Man kann rein gar nichts erkennen. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen. Es ist so voll hier. Die Luft ist wahnsinnig schlecht. Sie steht, ist heiß und feucht. Unter Einsatz meiner Ellenbogen arbeite ich mich durch den Raum.
Viele der Tanzenden sind schon ziemlich betrunken. Ich komme an ein paar meiner Mitschüler vorbei, sie grüßen mich und stecken dann sofort ihre Köpfe zusammen. Das ist er: Alex Zieglers Stiefbruder! Er geht doch auch in unserem Jahrgang. Ein echter Freak!
Frustriert seufzend stehe ich in der Mitte der Tanzfläche und fahre mir aufgebracht durch die Haare. Wo kann sie nur sein? Dann sehe ich sie. Zusammen mit Jana und Alina steht sie bei ein paar Jungs. Die Mädchen kichern und werfen den Typen immer wieder vielsagende Blicke zu. Ich eile so schnell ich kann auf die kleine Gruppe zu, von der Panik getrieben, Maria könnte plötzlich wieder verschwinden.
»Hey!« Grob fasse ich nach ihrem Oberarm und ziehe sie zu mir heran. Erschrocken fährt sie zusammen, dreht den Kopf, erkennt mich und entspannt sich sofort wieder.
»Ach, du bist es!« Sie lächelt.
»Alles okay? Brauchst du Hilfe?« Einer der Typen hat sich ebenfalls aus der Gruppe gelöst und sieht nun angriffslustig zu mir.
»Nein, vielen Dank, das ist mein Bruder«, erklärt Maria rasch und strahlt den Kerl verführerisch an. Er scheint beruhigt und wendet sich wieder seinen Freunden zu.
»Maria, was machst du hier?«, zische ich sie böse an.
»Ich unterhalte mich. Vorhin habe ich ein bisschen getanzt und nachher hole ich mir etwas zum Trinken«, meint sie locker.
»Nun tu nicht so blöd«, fauche ich. »Du darfst gar nicht hier sein.«
»Ja, ich weiß, das Arschloch hat es mir verboten und du kuschst natürlich vor ihm wie alle anderen auch.« Nun ist auch sie sauer.
»Erstens ist Alex kein Arschloch« – naja, hinter dieser Aussage stehe ich momentan selbst nicht wirklich – »zweitens kusche ich nicht vor ihm und drittens ist dies überhaupt nicht der springende Punkt: Du hast dich aus dem Haus geschlichen und höchstwahrscheinlich Pa und deine Mutter angelogen. Maria, das kannst du nicht machen!« Okay, das sagt der Richtige! Ich versuche angestrengt, die kleine Lüge von gestern aus meinem Hinterkopf zu streichen.
Maria schmollt. Sie schiebt ihre Unterlippe nach vorne und starrt mir böse ins Gesicht. »Ist mir alles egal! Ich mach, was ich will! Ihr könnt mich mal!«
Ich stöhne entnervt auf. Scheiße, so komme ich nicht weiter.
»Also gut«, flöte ich. »Du willst einfach nicht kapieren, dass dich dein Bruder im Grunde nur schützen will. Er macht sich Sorgen um dich.«
»Pah«, macht Maria und verdreht die Augen.
»Das bringt jetzt nichts. Okay, du hast gewonnen. Du bleibst hier und verhältst dich anständig. Verstanden? Nachher fährst du mit Alex und mir nach Hause, ohne Murren und ohne Meckern.« Ich blicke sie streng an. Sie nickt.
»Okay.«
Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Etwas überfordert stehe ich da und sehe sie an.
»Tobi? Sagst du Alex, dass ich hier bin?«, fragt sie nun recht unsicher.
»Er wird es so oder so mitbekommen. Mich hat auch gerade jemand aus unserem Jahrgang auf dich angesprochen, es dauert nicht lange und er weiß es.«
»Hm, ich denke, es ist besser, wenn du es ihm sagst. Geh zu ihm und bring es ihm schonend bei…« Bittend sieht sie mich an.
»Ich hab dir schon mal gesagt, ich will nicht zwischen euch stehen«, murre ich kraftlos, doch hat sie natürlich recht, es ist besser, wenn er es von mir erfährt und ich ihn ein bisschen beruhigen kann. »Na gut, ich suche ihn.«
Sie strahlt, hüpft auf und ab und zieht aufgedreht an meinem Ärmel herum. »Super«, lacht sie. »Und weil du
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