Chaosprinz Band 1
Flur entlang. Ich weiß nicht, was ich tun soll, komme mir sehr dämlich vor. Ich folge ihm.
»Was soll das?« Er dreht sich zu mir um.
»Ich will auch allein sein«, nuschle ich. »Aber allein allein sein ist so traurig! Wollen wir nicht lieber zu zweit allein sein?« Ich werde rot. Er schaut mich an. Dann schüttelt er verzweifelt den Kopf.
»Oh, Bambi…« Weil er aber sonst nichts mehr sagt, laufe ich ihm weiter hinterher. Noch eine Treppe. Nach oben. Der erste Stock. Wieder viele breite Flure. Alex betritt ein Zimmer. Es ist groß und ziemlich chaotisch. Toms Zimmer. Ich schaue mich neugierig um. Unmengen von CDs stehen nebeneinander in einem Regal, Bücher und DVDs liegen in unsortierten Stapeln auf dem Boden und in einer Ecke steht eine schicke E-Gitarre samt Verstärker und Boxen. Eine große, eiförmige Lampe auf dem Nachttisch verbreitet ihr weißes, schummriges Licht im Raum. Ansonsten ist es dunkel.
»Tolles Zimmer«, murmele ich beeindruckt. Alex liegt auf dem breiten Bett und schaut an die Decke. Ich beobachte ihn, doch das scheint er gar nicht richtig wahrzunehmen. Düstere Gedanken umkreisen seinen Kopf wie dunkle Gewitterwolken.
»Was für ein beschissener Abend!« Er seufzt und fährt sich durchs Haar. »Nein, warte, die ganze Woche war scheiße.« Ich fühle mich unheimlich schuldig an seiner Stimmung und trete unsicher näher.
»Tut mir leid, wenn ich dir auf die Nerven gegangen bin.« Betreten zupfe ich am Saum meines Pullis herum.
»Oh, Bambi…« Er lächelt. Sieht irgendwie traurig aus. »Ich will nur nach Hause. Die Party ist so was von für den Arsch.« Er stöhnt.
»Hm, wie müsste denn die perfekte Party deiner Meinung nach aussehen?« Ich setze mich neben ihn.
»Keine Ahnung. Aber allein diese schreckliche Musik… wie soll man denn dazu tanzen?«
»Na, ganz einfach, du wackelst mit dem ganzen Körper hin und her, so als hättest du einen epileptischen Anfall.« Ich mache es vor und schüttle meine Glieder. Alex grinst kurz. Ich konnte ihn noch nicht wirklich aufheitern.
»Unter tanzen verstehe ich was anderes«, meint er leise.
»Redest du von Standardtanz?«
»Ja.«
»Kannst du Standardtanz?«, frage ich interessiert.
»Ja. Ich bin fast drei Jahre lang zum Tanzunterricht gegangen«, meint Alex leise.
»Wow, dann bist du entweder ein echter Profi oder die totale Niete, die drei Jahre lang immer denselben Kurs besucht hat…«
»Ich habe natürlich nicht immer denselben Kurs besucht.« Jetzt muss er doch grinsen.
Ich habe eine Idee. Schnell stehe ich auf und gehe zu dem vollgepackten CD-Regal. Wie ich Tom kenne, hat der doch ganz sicher für absolut jede Gelegenheit die passende Musik. Und tatsächlich. Ich muss nicht lange suchen und schon halte ich eine dicke CD-Box in den Händen, auf der die berühmtesten Komponisten der klassischen Musik zu finden sind. Ich lege eine der CDs in den Player und lasse die ersten Streicherklänge anlaufen. Dann drehe ich mich zu Alex um.
»Was soll das werden?« Er beobachtet mich teils amüsiert, teils misstrauisch.
»Wir tanzen!« Ich lächle ihn an.
»Du bist krank, Bambi. Sehr, sehr krank.« Er schüttelt den Kopf.
»Hm, dir fehlt es einfach ein bisschen an Vorstellungskraft.« Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf und schreite einmal durch den gesamten Raum. Mit dem Fuß schiebe ich ein paar Klamotten und Zeitschriften zur Seite, sodass in der Mitte des Zimmers eine freie Fläche entsteht.
»Du wolltest doch eine Party, auf der man richtig tanzen kann, also: Hier hast du deine Party!«
Alex beobachtet mich. Unsicherheit und Misstrauen zeigen sich überdeutlich auf seinem Gesicht. Ich gehe auf ihn zu. Er sitzt noch immer auf dem Bett. Die einzige Lichtquelle auf dem Nachttisch bescheint sein blondes Haar. Er schaut zu mir hoch. Sein Blick ist unsicher.
»Möchtest du mit mir tanzen?«, frage ich und strecke ihm meine Hand entgegen.
»Haha, sehr witzig, Bambi.« Er will eine Augenbraue spöttisch nach oben ziehen, doch gelingt es ihm nicht wirklich. Ich lache nicht.
»Bitte, tanz mit mir!«
Er schaut mich an, dann meine Hand.
»Du darfst auch führen.« Ich lächle.
»Okay.« Zögerlich legt er seine Hand in meine und steht auf. Zusammen gehen wir zur Mitte des Raumes. Mein Herz klopft sehr stark, als ich mich zu ihm drehe. Wir stehen eng beieinander. Er streckt seinen Arm aus, ich lege meine rechte Hand in seine, die linke tastet nach seiner Schulter. Mit seinem anderen Arm umschlingt er meinen Körper und zieht
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