Chaosprinz Band 1
den anderen«, schmatzt er mir ins Ohr. Wir kämpfen uns durch die torkelnden und tanzenden Leute und kommen nur im Schneckentempo vorwärts. Als wir schließlich bei den anderen ankommen, ist es Lena, die als Erste auf uns zustürmt.
»Tobi, was war denn los? Warum bist du weggelaufen?« Besorgt mustert sie mich. Ich zwinge mich zu einem schnellen Lächeln.
»Es ist nichts. Alles super!« Tom lässt endlich von mir ab und wirft sich nun Lena an den Hals, die unter seinem Gewicht bedrohlich schwankt.
»Kann ich mal mit dir reden?« Schnurstracks gehe ich auf Alex zu und sehe ihm fest in die Augen.
»Das hättest du schon die ganze Zeit über tun können, aber du bist ja lieber irgendwo anders rumgerannt. Hatten wir nicht ausgemacht, dass du auf mich warten solltest?«, zischt er in bissigem Ton. Mir bleibt der Mund offen stehen. Plötzlich finde ich Marias Beschreibung von Alex gar nicht mehr so unpassend.
»Ich habe gewartet, eine ganze Weile habe ich gewartet und du? Du hast gesagt, du bist gleich wieder da und als ich dann nach dir suche, finde ich dich mit ein paar Idioten und deiner beschissenen Freundin beim gemütlichen Quatschen und Saufen. Was denkst du dir eigentlich? Dass ich den ganzen verdammten Abend lang an ein und derselben Stelle stehen bleibe und hoffe, dass du mir mal fünf Minuten deiner verfickten Aufmerksamkeit schenkst? Vergiss es!«
Ich bin ziemlich laut geworden, trotzdem können die anderen unmöglich verstehen, über was wir uns gerade so aufgebracht streiten. Nun, dass wir streiten, das sehen sie natürlich. Sie beobachten uns teils unangenehm berührt, teils interessiert und teils verwirrt. Anja starrt uns mit ausdrucksloser Miene an.
»Ich war keine drei Minuten weg«, motzt Alex zurück. »Ich hab ein paar Bekannten Hallo gesagt. Ist das ein Drama? Ich frage mich viel mehr, was du erwartest?«
Gute Frage! Was erwarte ich eigentlich? Frustriert schüttle ich den Kopf.
»Ist doch scheißegal! Wir kommen ja sowieso nicht auf einen Nenner, von daher…« Ich seufze. »Was viel wichtiger ist: Maria ist hier!« Alex schnappt empört nach Luft. »Mach jetzt keine Szene«, unterbreche ich ihn, bevor er sich ereifern kann. »Sie ist hier, das kannst du jetzt nicht mehr ändern! Wir fahren nachher zusammen nach Hause und morgen Früh, wenn ihr ausgeschlafen habt, könnt ihr miteinander über dieses Thema reden. Ganz in Ruhe!« Ich lege beruhigend meine Hand auf seinen Oberarm. Seine Augen funkeln vor Zorn.
»Ich hab ihr gesagt, sie soll zu Hause bleiben«, zischt er wütend. »Wo ist sie jetzt?« Er blickt sich hektisch suchend um. Ich glaube, so etwas wie besorgte Verzweiflung in seinen Augen erkennen zu können. Mir wird schon wieder etwas wärmer ums Herz.
»Mach dir keine Sorgen.« Ich stehe dicht neben ihm und blicke zu ihm auf. »Ich habe mit ihr gesprochen. Es ist alles okay. Wir treffen uns nachher am Auto.« Er sieht mich an. In seinen grauen Augen tobt noch immer ein Sturm.
»Hm, okay«, nuschelt er leise. Ich lächle ihn an. Er erwidert diese Geste nicht. Mit versteinerter Miene starrt er stumm auf den Boden. Plötzlich geht ein Ruck durch seinen Körper, er strafft die Schultern und dreht sich kommentarlos um.
Verdutzt sehe ich ihm hinterher. Wo will er hin? Ich nicke Lena schnell zu. »Bin gleich wieder da«, nuschle ich.
Verdammte Scheiße! Dieser Typ ist ein Buch mit sieben Siegeln. Ach Quatsch, mit siebzehn Siegeln! Der ist so versiegelt, das ist ja schon… Shit, jetzt hab ich den Faden verloren. Und Alex auch! Suchend blicke ich mich um. Da vorne, seine blonden Haare verschwinden gerade hinter einer grauen Stahltür. Ich kämpfe mich durch die Menge. Mit aller Kraft stoße ich die Tür auf und stehe vor einer steinernen Treppe. Der Kellertreppe. Was will er denn da oben? Ich sprinte schnaufend die steilen Stufen hoch.
»Alex?«, rufe ich keuchend. »Scheiße, Alex, wo bist du?« Ich öffne erneut eine Tür und befinde mich nun im Wohnbereich der Familie Krause. Ein langer Flur. Roter Samtteppich auf dem Fußboden, große Ölporträts an den Wänden. Unsicher schleiche ich weiter.
»Alex?«, frage ich nun weniger laut.
»Was willst du?« Er steht hinter mir. Ich fahre herum und atme vor Erleichterung tief aus.
»Was ist denn? Warum bist du weggerannt?« Ich mustere sein Gesicht. Er starrt mich immer noch mit kalten Augen an.
»Ich wollte allein sein«, sagt er.
»Oh… okay!« Sekundenlang stehen wir uns gegenüber. Schweigend. Dann geht er an mir vorbei, den
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