Chaosprinz Band 1
Kloschüssel und übergibt sich zweimal hintereinander. Ich halte ihre Haare zurück, streiche ihr mit runden, gleichmäßigen Bewegungen über den Rücken und rede leise auf sie ein, als sie schließlich jammernd zu heulen beginnt.
Als sie sich kurzzeitig beruhigt hat, ziehe ich mir die vollgekotzten Klamotten aus und werfe sie in die Dusche. Ich erschaudere und muss erneut gegen die wahnsinnige Übelkeit ankämpfen. Mein Magen rebelliert ganz schön. Ich würde mich jetzt sehr gerne waschen. Stattdessen hole ich einen feuchten Waschlappen und wische Maria damit über das Gesicht. Leichenblass starrt sie ins Nichts. Ich binde ihre langen Haare mit einem Haargummi zusammen und helfe ihr auf, damit sie sich den Mund am Waschbecken auswaschen kann. Sie zittert nun noch heftiger, wahrscheinlich kommt das vom Kotzen.
»Was machst du nur für 'ne Scheiße?«, frage ich sie leise.
Sie würgt wieder, ich lenke sie schnell zurück zur Toilettenschüssel. Das klatschende Geräusch lässt mich erschaudern. Ich kann so was nicht. Wirklich nicht. Wenn sich jemand übergibt, dann war's das für mich…
Seufzend fahre ich mir mit der Hand durchs Haar und verfluche Alex, der sich so einfach verzogen zu haben scheint. Toller Held! Ich helfe Maria, sich neben der Toilette an die kühlen Fliesen zu lehnen. Dann versuche ich, das Erbrochene in ihrem Zimmer mit Papiertüchern einer Küchenrolle aufzuwischen, und ich befreie Maria von ihrem ebenfalls beschmutzten Top.
Alex betritt den Raum wieder, als ich gerade dabei bin, die großen Glastüren zu öffnen, die auf einen Balkon führen. Wir brauchen frische Luft. Er wirft mir einen überraschten Blick zu. Ich trage nur noch Socken und meine Boxershorts.
»Was soll das, Bambi?«, fragt er misstrauisch.
»Na, was wohl, ich will dich verführen«, antworte ich trocken.
»Jetzt?« Er ist wirklich verwirrt. Ich schüttle nur sehr genervt den Kopf und nehme ihm die Wasserflasche und das Glas aus den Händen.
»Komm, Maria, du musst was trinken.« Sie greift nach dem Glas, es fällt ihr beinahe aus der Hand. Sie schüttet sie Hälfte daneben, als das Wasser ihre spröden Lippen berührt. Ich trockne ihr Gesicht mit einem Handtuch ab. Sie heult jetzt leise.
»Hat sie gekotzt?«, fragt Alex vom Türrahmen her. Er macht keine Anstalten, hereinzukommen. Mit den Händen in den Hosentaschen steht er draußen vor dem Bad und stellt dumme Fragen.
Ich bin wütend. Mir ist wirklich schlecht, Maria kotzt sich die Seele aus dem Leib und wir kommen ganz bestimmt in Teufels Küche, wenn das rauskommt, und was macht er? Verdrückt sich und stellt unpassende Fragen! Er geht mir sowas von auf die Nerven! Ich drehe mich um und will ihm irgendeine schnippische Antwort an den Kopf schleudern, doch dann sehe ich sein Gesicht. Er ist genauso bleich wie seine Schwester, die Augen groß und ängstlich. Er macht sich Sorgen. Ich stehe auf und gehe auf ihn zu.
»Ganz ruhig, Alex. Es ist gut, wenn sie alles auskotzt…«
»Ja, das weiß ich…« Er sieht die Gestalt seiner Schwester an, die zusammengesunken über der Toilettenschüssel lehnt.
Normalerweise ist sie ein so eitles, arrogantes und stolzes Mädchen. Immer schön, immer gepflegt und immer perfekt. Sie hat Geld und Stil, beides zeigt sie gerne. Mit ihren sechzehn Jahren spaziert sie umher wie eine kleine Glamourdiva, doch jetzt… Jetzt sieht sie sehr schmal aus, sehr jung und klein. Das Make-up habe ich ihr größtenteils aus dem Gesicht gewischt und man kann erkennen, es ist noch ein halbes Kindergesicht.
Ich halte Alex' Hand, streichle seinen Handrücken, während er seine Schwester beobachtet. Er stört sich nicht daran.
Maria behauptet stets ihre Unabhängigkeit und verlangt immer, als Erwachsene behandelt und angesehen zu werden. Und wehe, man tut ihr diesen Gefallen nicht, dann motzt, zickt und beschwert sie sich ohne Ende. Das schmale Mädchen auf dem kühlen Fließenboden wirkt aber nicht sehr selbstsicher und stark. Sie sieht mich flehend an und wimmert wieder. Ich gehe zu ihr, knie mich neben sie und sie sinkt gegen meine Brust.
»Ist ja gut«, brumme ich beruhigend und streichle ihr über den Rücken. Alex starrt uns immer noch an.
»Hol ihr ein T-Shirt, das sie sich überziehen kann«, sage ich zu ihm. Er geht und kommt wenige Sekunden später mit einem schwarzen, weiten Shirt zurück.
In der nächsten Stunde übergibt sich Maria noch weitere viermal. Ich bin immer bei ihr, versuche, ihr gut zuzureden, und sage ihr, was sie tun
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