Chaosprinz Band 1
schwanken und lallen, kann Maria nicht mehr auf eigenen Beinen stehen.
Als ich kurz nach Alex die Treppe herunterkam, saßen Lena, Martin, Anja, Melli und Jan mit den Mädchen vor Toms Haus in der erfrischend kühlen Nachtluft. Maria wollte sich gerne hinlegen, doch das haben die anderen nicht zugelassen. Beruhigend sprachen sie mit ihr und haben immer wieder versucht, ihr etwas Wasser einzuflößen. Alex war beinahe genauso bleich wie seine Schwester. Er stand da und blickte auf sie hinab. Immer wieder rollten ihre Augen zur Seite und ihr Kopf wackelte seltsam hin und her.
Mit Jans Hilfe schleppte ich sie dann zum Auto. Die anderen kümmerten sich um Jana und Alina. Keiner von ihnen fragte uns, wo wir die letzten Stunden gewesen waren. Es erschien ihnen wohl ziemlich unpassend. Anja sah Alex lange an, fragte ihn, ob sie mitfahren sollte, und bot ihm an, sich um Maria zu kümmern – doch Alex lehnte ab. Und so stieg ich zu Maria auf den Rücksitz, versuchte, sie wachzuhalten, und ignorierte das Zittern von Alex' Händen, als er den ersten Gang einlegte.
Vorsichtig stößt Alex die Haustür des kleinen Einfamilienhauses auf und deutet Jana stumm an, sie sollten nun leise die Treppe hoch und in ihr Zimmer gehen. Sie nickt mit glasigem Blick, hält sich aber sicherheitshalber am Türgriff fest. Alina schlingt ihre kurzen Arme um Alex' Hals, zieht ihn zu sich herunter und gibt ihm einen sehr feuchten Kuss auf die Wange. Ich kann nicht anderes und muss kurz grinsen.
Alex tätschelt ihren Rücken, sie klammert sich immer noch an ihn. Er schaut zum Wagen, sein Blick fleht mich um Hilfe an. Ich verkneife mir erneut ein Grinsen und zucke mit den Schultern. Was soll ich denn da machen, du Held?
Maria regt sich in meinem Arm. Sie stöhnt. Oh Gott, bitte warte noch ein bisschen, wir sind gleich daheim, dann ist alles wieder gut! Ich weiß nicht, ob ich gerade sie oder mich selbst beruhigen will. Ihr Atem schlägt mir entgegen. Ich öffne schnell ein Fenster. Wir brauchen beide frische Luft.
Endlich kann sich Alex aus Alinas Umarmung befreien. Sie steht nun im Türrahmen und winkt ihm debil grinsend hinterher. Jana zieht sie ins Innere des Hauses und schließt die Tür. Seufzend lässt sich Alex auf den Fahrersitz fallen. Er streicht sich die langen, blonden Strähnen aus dem Gesicht.
»Alles okay bei euch?«
»Hm… ja!« Ich weiß es, um ehrlich zu sein, nicht genau. Ich will immer noch ins Krankenhaus fahren. Mir ist klar, man würde uns eine Menge Fragen stellen und wir könnten die ganze Aktion unmöglich vor Bettina und Pa verheimlichen, aber ich hab einfach zu viel Angst…
Sehr langsam fährt Alex an. Es ist nicht mehr weit. Die Straßen führen uns durch verlassene Villenviertel. Um vier Uhr nachts liegen alle rechtschaffenen Menschen schon längst brav in ihrem Bett. Ich kann nur hoffen, dass unsere Eltern auch dazugehören. Bettina und Pa wollten mit Bekannten Essen gehen. Normalerweise kommen sie immer so um Mitternacht nach Hause. Was, wenn sie heute mal eine Ausnahme gemacht haben und zeitgleich mit uns in die Einfahrt fahren?
Ich streiche Maria die langen Haare aus dem Gesicht. Ihr warmer Atem, der so sehr stark nach Alkohol riecht, schlägt mir an den Hals. Unangenehm berührt atme ich nur noch durch den Mund. Ich schaue nach vorne. Alex' graue Augen starren in den Rückspiegel, er sieht mich an, die dunklen Augenbrauen zusammengezogen.
»Mach dir keine Sorgen«, murmelt er leise. Komisch, genau dasselbe wollte ich ihm auch gerade sagen… Ich zwinge mich zu einem schwachen Lächeln. Wir fahren schweigend weiter.
Maria hat ihren Eltern erzählt, sie würde diese Nacht bei Jana verbringen. Eigentlich darf sie nur bis Mitternacht ausgehen. Doch Maria hat sich am heutigen Abend wohl nicht so sehr für die Dinge interessiert, die sie eigentlich darf und die sich nicht darf. Ich mustere ihr aschfahles Gesicht, die grauen Lippen. Dummes, kleines Schwesterchen!
Wir sind da. Doch Alex parkt den Wagen nicht wie üblich vor der Garage, sondern lässt ihn draußen vor dem Haus am Straßenrand stehen.
»Wir machen besser so wenig Lärm wie nur möglich«, flüstert er als Erklärung. Ich nicke, was er weder hören noch sehen kann, er ist nämlich schon ausgestiegen und öffnet die hintere Autotür, um Maria beim Aussteigen zu helfen. Er hält sie an sich gedrückt, während ich ihr folge, aus dem Auto steige und vorsichtig die Tür schließe.
Alex und ich legen uns jeweils einen ihrer Arme um den Hals und
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