Chaosprinz Band 1
frage ich betont freundlich.
»Nein, wir haben nur eine umwerfende Auswahl an bizarren Musikinstrumenten«, zitiert er mich mit grimmigem Gesichtsausdruck. Wunderbar, er hat also wirklich alles gehört.
»Toll«, sage ich reichlich überfordert. »Na, dann, wir müssen leider gehen. Ich habe nachher noch einen Termin… ich muss mich vor einen Zug werfen…«
»Tu das!«, ist sein Kommentar.
Ich hebe die Hand zum Gruß und ziehe Martin mit mir, der immer noch reichlich verwirrt ist. Draußen atme ich erst einmal tief ein und dann wieder aus.
»Scheiße«, fluche ich verzweifelt.
»Was ist denn eigentlich passiert?«, fragt Martin und weiß anscheinend gar nichts mehr. Ich antworte ihm nicht. Ich muss Lena finden. Sofort. Wo können sie nur hingegangen sein? Hastig eilen wir die Straße entlang. Ich lasse meinen Blick in alle Richtungen gleichzeitig blitzen. Lena, wo bist du? Ich muss dich finden… es tut mir so leid… Hektisch laufen wir um eine Hausecke und ich stoße mit einem großen Mann zusammen.
»Bitte, entschuldigen Sie«, rufe ich, als er beinahe stolpert und nur mit Mühe verhindern kann, dass ihm die großen, in Leinentücher eingewickelten Bilder aus der Hand fallen, die er scheinbar gerade aus einem weißen Lieferwagen geholt hat.
»Kein Problem… Ihr habt es aber eilig.« Er sieht uns nach. »Wenn ihr die beiden Mädchen sucht…« Er deutet auf eine schmale Seitenstraße.
»Vielen Dank«, rufe ich und ziehe Martin hinter mir her. Wir sehen sie schon von Weitem. Langsam gehen sie nebeneinander. Lena lässt den Kopf hängen, Elena redet sanft auf sie ein. Mein schlechtes Gewissen bringt mich fast um. Ich habe Angst, sie einzuholen…
»Lena, Elena, wartet!«, brüllt Martin auf einmal so laut, dass ich fürchterlich zusammenzucke. Die Mädchen bleiben stehen, drehen sich um und warten tatsächlich auf uns. Mein Herz klopft vor Scham und Nervosität. Lena hat den Blick gesenkt. Sie ist immer noch sehr blass. Ich stelle mich dicht vor sie, weiß nicht, ob ich es wagen soll, sie zu berühren.
»Lena, es tut mir so leid«, flüstere ich. Sie nickt. Ihr Gesichtsausdruck ist resigniert. »Nein, wirklich! Ich weiß, das war mehr als nur dämlich von mir, aber ich dachte, er wäre im Lager. Ich hätte darauf gewettet.«
»Du hättest verloren…«, meint Lena tonlos. Nun nehme ich sie doch in die Arme.
»Ich bin so dämlich«, plappere ich ziemlich sinnlos.
»Hm…« Soll wohl eine Zustimmung sein.
»Lenchen, ich mache es wieder gut, das verspreche ich dir.« Zärtlich streiche ich ihr durch das rotbraune Haar. »Ich werde mit ihm sprechen. Ich erkläre ihm alles.«
Sie schüttelt entschieden den Kopf. »Nee, lass mal. Ist wahrscheinlich sowieso besser so… Er ist eben doch nicht meine Liga.« Sie löst sich von mir und geht langsam weiter, den Kopf immer noch gesenkt.
»Blödsinn! Lena, du bist ein wahnsinnig tolles Mädchen und ich werde nicht zulassen, dass meine Dummheit dir alles versaut…« Ich folge ihr aufgebracht. Elena und Martin halten sich mit ihren Äußerungen zurück.
»Tobi, ich will gerade nicht mehr über diesen todpeinlichen Moment reden.« Lena sieht mich ernst an.
Martin und Lena fahren mit Elena und mir nach Hause. Wir nehmen den Bus, es hat mittlerweile wieder angefangen, zu regnen. Schweigend sitzen wir in einem Vierersitz einander gegenüber. Jeder hängt seinen eigenen trüben Gedanken nach.
Als wir aus dem Bus aussteigen, schüttet es wie aus Eimern. Wir rennen fast die Straßen entlang. Doch es bringt nichts. Klatschnass stehen wir vor unserer Haustür. Ich klingle, habe keinen Bock, in meiner Tasche nach dem Schlüssel zu suchen. Martha öffnet uns die Tür.
»Himmel Herrgott, wie seht ihr denn aus? Kommt schnell rein, nicht dass ihr euch noch erkältet.« Wir beeilen uns, ins Trockene zu kommen. Unsere nassen Jacken hängen wir mit Marthas Hilfe an der Garderobe auf. Es riecht ganz wunderbar nach Abendessen. Irgendein Braten. Hm, ja und Rotkohl… vielleicht auch Klöße…
»Deine Eltern haben Besuch, ein paar Freunde sind da. Sie essen gerade zusammen… nur du fehlst…« Den anklagenden Ton kann man nun wirklich nicht überhören.
»Hm«, mache ich und ziehe mir die Schuhe aus.
»Tobi?« Pas Stimme. Er steht plötzlich im Türrahmen und mustert mich von oben bis unten. »Wo kommst du jetzt her?«, fragt er schroff.
»Vom Arbeiten«, antworte ich kurz.
»So lange?«
»Ich war noch mit Lena, Martin und Elena in der Stadt…« Die eben Erwähnten
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