Chaosprinz Band 1
entschuldige ich mich. Wir haben achtzehn Uhr ausgemacht, nun ist es schon viertel nach sechs…
»Macht nichts«, sagt Lena und hängt sich bei mir ein. »Wie war die Arbeit?«
»Ruhig, war nicht viel los«, antworte ich kurz und knapp, dann nehme ich erst einmal einen tiefen Schluck von meinem Kaffee. Hm, lecker…
»Was wollen wir denn jetzt noch machen? Ich gehe heute Abend auf eine Party bei Manu und Marc, das bedeutet, ich muss spätestens um acht zu Hause sein, wenn ich mich noch frisch machen will…«
»Hoffst wohl, einen netten, schwulen Typen kennenzulernen…« Lena zwinkert mir frech zu. Ich versuche es mit einem halbherzigen Grinsen. »Ich dachte, wir könnten vielleicht ein bisschen Bummeln gehen.« Lena sieht erwartungsvoll in die Runde. Keiner von uns widerspricht und so machen wir uns auf den Weg.
Wir schlendern eine Weile ziellos durch die Straßen. Der Asphalt ist aber immer noch nass und wir müssen ständig überdimensionalen Pfützen ausweichen. Der Herbst kündigt sich langsam an. Quatschend und lachend bummeln wir an den verschiedenen Läden vorbei. Hier und da bleiben wir stehen, betrachten ausgestellte Ware, die uns hinter den Schaufensterscheiben präsentiert wird.
Lena und ich gehen voraus, Elena und Martin folgen. Ich muss wieder an Martins Vermutungen denken, an das, was er mit gestern vor dem Sportunterricht so freimütig erzählt hat. Ich habe kein gutes Gefühl…
Wir kommen an einem großen Spielzeugladen vorbei. Sofort bleibt Martin stehen und hält einen Vortrag über die Qualitäten der verschiedenen Modelleisenbahnen. Elena steht neben ihm, sieht ihn an und lächelt. Shit!
»Sie sind so süß zusammen, nicht«, raunt Lena mir leise ins Ohr. Elenas Augen glänzen, sie lauscht Martins Gelaber mit einer so feierlichen Ernsthaftigkeit, dass es mir schier das Herz zerreißt.
»Ich wünschte, sie würde ihn nicht so gern haben«, murmle ich leise.
Überrascht sieht Lena mich an. »Warum das denn?«
Ich zucke nur mit den Schultern.
»Aha, ich verstehe.« Lena beginnt zu grinsen. »Du bist eifersüchtig, du stehst nämlich auch auf Martin.« Ich muss lachen. Lena zwickt mich in die Seite. »Nun sag schon, was ist los?«
»Er glaubt, du willst was von ihm.« Ich blicke sie ernst an.
Lena bleibt der Mund offen stehen. » Was? «
»Ja, ich weiß, es ist völlig ballaballa, aber er denkt nun mal, du wärst in ihn verliebt. Du redest mit ihm, lachst mit ihm… hast ihn anscheinend gern…«
»Ja, aber doch nur weil –«, fährt Lena aufgeregt dazwischen. Martin und Elena sehen verwundert zu uns. Wir grinsen unschuldig und gehen schon mal voraus, die beiden folgen uns in einem gewissen Abstand.
»Lena, mir musst du doch nichts erklären. Ich weiß, dass du nicht verliebt bist… zumindest nicht in Martin…« Ich wackle mit den Augenbrauen und sie versteht den Hinweis.
»Wenn du jetzt schon wieder mit Jan anfängst, dann…«, brummt sie drohend. Ihre Augen blitzen.
»Ich hab doch gar nichts gesagt«, verteidige ich mich locker.
»Hm«, knurrt Lena. Dann wird der Ausdruck in ihren Augen wieder weicher. »Du musst mit ihm reden, Tobi.«
»Mit Jan?«
»Mit Martin, Volltrottel«, faucht sie.
»Hab ich doch schon. Der ist dermaßen von seinem Charme überzeugt…« Ich hebe verzweifelt die Arme. »Vielleicht ist es besser, wenn du es ihm ganz direkt sagst: Martin, du hast zwar einen umwerfenden Körper und ich will auch unbedingt mit dir ins Bett, aber leider sammelst du nur Eisenbahnmodelle, ich stehe eher auf diese kleinen Schiffchen in den Flaschen…«
Lena muss lachen. Sie boxt mir sehr unsanft in die Seite. »Er ist immer noch unser Freund, Tobi«, tadelt sie mich und versucht, ernst dreinzuschauen.
»Ja, ich weiß, sorry!«
»Und ich denke bei der ganzen Sache auch an Elena…« Wir drehen uns zu den beiden um. Er groß und schlaksig, sie klein und rundlich. Trotzdem irgendwie ein harmonisches, friedliches Bild. Warum kann Martin das nicht auch so sehen?
»Ich auch«, murmle ich leise. »Okay, ich werde noch mal mit ihm sprechen.«
»Vielleicht begreift er ja, dass niemals etwas zwischen uns laufen wird, wenn er den Typen kennenlernt, auf den ich wirklich stehe…« Lenas Wangen werden knallrot.
Ich schaue sie überrascht an. »Den Typen, auf den du wirklich stehst?«, wiederhole ich fragend. »Warum weiß ich von dem nichts?« Bin ein bisschen in meiner Ehre als bester Freund gekränkt…
»Da gibt es im Grunde auch nichts, was du wissen könntest.« Lena
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