Chaosprinz Band 1
Nase.
Nun muss ich doch lachen. »Du bist unmöglich, Lena. Ich habe jetzt keine Zeit mehr und das weißt du genau. Kim wird jeden Augenblick hier sein…« Das weiß sie natürlich ganz genau.
»Ach, stimmt. Hätte ich beinahe vergessen«, meint sie nicht sehr überzeugend und grinst mich an.
»Ich will nicht, dass…«
»Hallo, ihr beiden.« Elena kommt in die Küche geschlendert und lässt sich auf einen Stuhl neben Lena nieder.
»Hey, Elena. Sag mal, weißt du, wer gleich vorbeikommen wird?« Lena strahlt und rutscht etwas aufgeregt auf ihrem Stuhl hin und her.
»Hm, nö…« Elena grinst breit. Witzig, sehr witzig…
Ich seufze und fahre mir entnervt durch die Haare.
»Kim kommt her. Kim kommt her. Kim kommt her«, singt Lena und ist ganz außer sich. Elena lacht und knabbert, die dunklen Augen auf mich gerichtet, an einem Keks herum.
»Musst du dich nicht um die Zwillinge kümmern?«, jammere ich.
»Nein, Martha spielt mit ihnen Schwarzer Peter «, antwortet Elena vollkommen ruhig.
»Ihr wisst ganz genau, ich möchte nicht, dass ihr über ihn herfallt, sobald er das Haus betritt.«
»Das würden wir doch nie tun, Tobi. Wir wollen nur wissen, ob er wirklich so gut aussieht, wie Maria behauptet hat«, verteidigt sich Lena.
Ich gebe auf. Was kann ich denn auch schon gegen zwei Frauen ausrichten? Wenn sie in Rudeln auftreten, sind sie unbesiegbar. Ich bin nur froh, dass wenigstens Pa und Bettina nicht zu Hause sind. Es ist Freitagabend und die beiden sind auf eine Dinnerparty eingeladen. Bleiben also nur noch meine beiden neugierigen Freundinnen, Maria… und Alex…
Eine Woche seit unserer Aussprache… Kein neuer Streit… Alles war sehr friedlich… Wir verhalten uns vorbildlich. Ich habe so gut wie fast keine Heulkrämpfe mehr… in der Öffentlichkeit. Doch nachts ist sie plötzlich wieder da – die Sehnsucht – und ich fange an, zu weinen. Aber das geht vorbei, hat Marc zumindest gesagt. Und Marc hat ja schließlich immer recht, oder?
Ich habe Kim seit Montagabend nicht mehr gesehen. Und ich muss zugeben, es hat sich etwas verändert. Bei unserem letzten Treffen bin ich wütend, traurig und verwirrt gewesen… wegen Alex. Ich kann es nicht leugnen, ich habe Kim als eine attraktive Ablenkung genutzt.
Bei unserer heutigen Verabredung geht es um uns. Nur um uns. Ich will es versuchen. Ich will ihn sehen und dabei an ihn denken, mit ihm zusammen sein und es genießen. Seinetwegen, um seinetwillen. Kim.
»Wir werden dich in Ruhe lassen, wenn du uns endlich die Chance gibst, Kim persönlich kennenzulernen. Wer weiß, vielleicht beeindruckt er uns so sehr, dass wir dich von nun an total in deiner Entscheidung unterstützen werden.« Triumphierend sieht mich Lena an. »Vielleicht ist er ja viel toller als Alex…«
Nein…
»Okay, ihr könnt hier bleiben. Ich stelle ihn euch vor und dann verschwindet ihr, alles klar?« Ich strecke Lena meine rechte Hand entgegen. Sie schlägt ein und grinst.
»Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn…« Maria stürmt in die Küche. Ihre Wangen glühen rot, das blonde, lange Haar weht hinter ihr her. Sie eilt zielstrebig auf einen der Küchenschränke zu – »… ich hasse ihn…« – und nimmt Marthas Nudelholz heraus.
Dann macht sie kehrt und rennt wieder in Richtung Wohnzimmer, von wo sie auch gekommen ist.
»Äh, Maria...?« Sie beachtet mich nicht und ist schon verschwunden. Elena und ich sehen uns kurz an, dann eilen wir ihr nach.
»Maria? Was ist los?«, rufe ich, bekomme jedoch wieder keine Antwort.
Im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Die verzerrte und wackelige Grafik eines Computerspiels flimmert über den Bildschirm. Auf dem Boden vor dem Gerät, inmitten von Kissen und Chipstüten, liegen Alex und Tom. Beide halten jeweils einen Controller in den Händen, auf denen sie unablässig herumdrücken. Die Blicke nehmen sie keine Sekunde vom Bildschirm, auch dann nicht, als Maria das Nudelholz wie ein Schwert und zum Angriff bereit auf ihren Bruder richtet.
»Ich warne dich zum letzten Mal, du Kotzbrocken, verschwindet jetzt sofort oder ich mache ernst und ziehe den Stecker aus deiner beschissenen Playstation.« Zornig brüllt Maria Alex an, doch der zuckt nicht mal mit der Wimper.
»Das wirst du nicht tun«, nuschelt er abgelenkt und stößt dann Tom seinen Ellenbogen in die Seite. »Pass auf, Mann. Hinter dieser Tür müsste eine ganze Horde Zombies sein. Ich gebe dir Rückendeckung.«
»Alles klar!« Tom steckt die Zunge zwischen die Lippen
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