Chaosprinz Band 1
bekommen. Ich wünschte, ich könnte mich ganz in den weichen Daunen vergraben. Ich spüre eine Bewegung, die Matratze bewegt sich. Er ist also noch da…
»Verschwinde«, rufe ich durch mein kleines Luftloch nach draußen.
»Nein, das ist mein Zimmer.« Seine Stimme erklingt in meiner Höhle nur ganz dumpf. Diese Dreistigkeit regt mich gerade sehr auf. Meine Nase läuft immer noch vom vielen Weinen. Ich schniefe laut. Ein Papiertaschentuch schiebt sich durch mein kleines Luftloch. Ich sage nicht Danke. Nee, das ist ja wohl das Mindeste, was er für mich tun kann…
Prustend putze ich mir die Nase. Ich möchte gar nicht wissen, wie mein Gesicht gerade aussieht. Die Augen fühlen sich geschwollen an und brennen wie Feuer, die Haut meiner Wangen spannt und ist trocken und meine Lippen sind rau und zerbissen, weil ich ständig auf ihnen herumkaue… Na super, mein Herz ist gebrochen und ich sehe auch noch scheiße aus.
Plötzlich erscheint etwas an dem Spalt zwischen Decke und Matratze. Alex' Finger. Sie schieben mir ein kleines Bonbon entgegen. Aus Schokolade…
Gierig reiße ich ihm das Teil aus der Hand. Ich packe es aus und schiebe mir die Schokolade in den Mund. Sofort breitet sich der Zucker in meinem Körper aus, wärmt und beruhigt mich.
»Noch eins«, verlange ich. »Ich will Schokolade!«
»Wir machen einen Deal: Du bekommst die Bonbons und ich einen Teil der Decke…« Ich lausche seiner dumpfen Stimme.
»Nein.« Ich schüttle den Kopf, was er natürlich nicht sehen kann und wickle die Decke nur noch fester um meinen Körper.
»Aber mir ist kalt«, argumentiert er.
»Mir egal!« Ich bleibe bei meiner Meinung. Er darf nicht unter meine Decke…
»Wie du willst…« Ich kann ihn hören, er isst ein Schokobonbon nach dem anderen und ich bekomme keine…
Ich presse zornig die Lippen aufeinander. Wieder sind da seine Finger. Sie halten eines der Bonbons fest, schieben es immer wieder in den Spalt zwischen Decke und Matratze und ziehen es wieder zurück. Hin und her. Er will mich ärgern. Ich beobachte das Bonbon, wie es auftaucht und sofort wieder verschwindet.
»Möchtest du Schokolade?«, säuselt Alex verführerisch.
»Hm…« Ich bin irgendwie gar nicht mehr so wahnsinnig wütend… nur noch ein bisschen…
Aber verwirrt bin ich … und traurig … da brauche ich Schokolade… und Alex…
Ich seufze und lasse die Decke etwas lockerer. Er zieht an ihr, zerrt ein bisschen und rückt näher. Ich reiße ihm die Packung mit den Süßigkeiten, die er mir entgegenhält, aus der Hand und drehe dann den Kopf in die andere Richtung. Sehen will ich ihn trotzdem nicht.
Ich liege auf dem Bauch, Alex neben mir auf dem Rücken. Unsere Arme und Schultern berühren sich. Sein Körper ist kühl… er wärmt sich an mir. Es ist komisch. Ich beruhige mich langsam. Tut immer noch weh, aber seine Nähe beruhigt mich…
»Bereust du es wirklich, dass du mit mir dein erstes Mal erlebt hast?«, flüstert er plötzlich. Seine Stimme klingt weich, unsicher.
»Nein«, hauche ich.
»Gut… ich auch nicht.« Er ist wirklich erleichtert.
»Dann… dann war ich nicht… schlecht?« Ich bin froh, dass er mein Gesicht gerade nicht sehen kann. Ich habe knallrote Wangen.
»Nein, natürlich nicht.«
Ich entspanne mich etwas.
»Warum machst du immer alles so kompliziert?«, frage ich flüsternd.
»Warum machst du es dir immer so leicht?«, kontert er stöhnend. Er rutscht auf dem Bett herum, legt sich auf die Seite und beobachtet meinen Hinterkopf. Ich kann seinen Blick im Nacken spüren. »Bambi…« Er atmet tief aus.
»Du hast Angst, gib's doch zu.«
»Ja…« Seine Stimme klingt heiser. »Ich habe Angst.« Seine Hand berührt meine Schulter. »Ich kann dich nicht glücklich machen. Ich würde es versauen… Liebe… Beziehungen… So was schaffe ich einfach nicht.«
»Du klingst wie ein alter Mann!« Ich bin verwirrt. »Natürlich kannst du…«
»Ich glaube nicht daran«, unterbricht er mich entschlossen.
»Warum?«
»Hat viele Gründe.«
»Erklär es mir.«
»Ein andermal vielleicht.« Ich denke an die Geschichte. An das, was er über Gefühle, über Liebe geschrieben hat… so hoffnungslos… Schnell schiebe ich mir noch ein Schokobonbon in den Mund.
»Und was ist mit Anja? Liebst du sie?«
»Nein.« Wow, was für eine eiskalte Antwort. »Glaub mir, wenn ich könnte, dann würde ich sie lieben. Wir passen perfekt zusammen. Wir sind gemeinsam aufgewachsen. Wir waren immer schon Freunde. Sie versteht, was
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