Chaosprinz Band 1
fröhlich, meinen achtzehnten Geburtstag, woher soll ich denn wissen, was ich mit meinem Leben anfangen will? Ich habe keine Ahnung, in welche Richtung mich mein Weg führen wird. Er liegt in totaler Finsternis vor mir und alles, um das ich bitten kann, ist eine Taschenlampe.
2. Kapitel
In dem ich ein bisschen von mir erzähle
Während ich also, einen spitzen, bunten Papphut auf dem Kopf, meinen Geburtstagskuchen in mich hineinschaufle und Ma und Oma sich gegenseitig Vorhaltungen machen, fällt mein Blick auf die Karte, die mein Vater an Meinen Sohn Torsten adressiert hat.
Nur am Rande bekomme ich mit, wie sich mittlerweile alle an der Diskussion über meine Zukunft beteiligen. Um ehrlich zu sein, sind mir ihre Streitereien ziemlich egal. Langsam stehe ich auf und verlasse die Küche. Ich muss mal kurz frische Luft schnappen. Irgendwie fühle ich mich nicht so gut.
Ich öffne die Haustür und gehe über die Terrasse in den Garten. Die Blumen und Sträucher wachsen hier wild durcheinander.
»Warum sollte man den Lauf der Natur einengen oder gar ändern wollen… das ist doch grausam«, meint zumindest Kalle. »Und außerdem ist es schlecht fürs Karma!«
Doch ich habe manchmal das Gefühl, dass ich trotz des Unkrauts in unserem Garten mit meinem Karma auf Kriegsfuß stehe.
Ich setze mich auf die modrige Bank unter dem riesigen Kirschbaum, der im Frühjahr immer so schön blüht, und starre etwas trostlos vor mich hin. Irgendwie gelingt es mir nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich kann einen seltsam festen Druck auf meiner Brust fühlen und obwohl ich ein paar Mal tief ein- und ausatme, wird es nicht wirklich besser.
Warum bin ich bloß so traurig? Vielleicht ist es die Tatsache, dass meine Ma ein herzensguter Mensch ist, sie aber immer erst einmal an alle anderen und dann an mich und meine Bedürfnisse denkt. Die schrecklich anonyme Glückwunschkarte von meinem Vater kann ja wohl kaum der Grund für meine Niedergeschlagenheit sein… oder doch?
»Hey, Tobias.«
Ich zwinge mich, den Blick von dem Gänseblümchen abzuwenden, mit dem meine Finger die ganze Zeit gespielt haben, nur um augenblicklich kirschrot anzulaufen.
»Hi, Kim.« Meine Stimme klingt hoch und schrecklich comicartig, fast schon quietschig.
Kim grinst und geht auf den Zaun zu, der das Grundstück seiner Eltern von unserem trennt. Lässig lehnt er sich mit den Unterarmen auf den hüfthohen Zaun und spielt mit dem Autoschlüssel in seiner Hand. Er schiebt die große schwarze Sonnenbrille nach oben, sodass sie nun betont lässig in seinem kurzen, strubbeligen, dunkelblonden Haar sitzt. Er grinst immer noch und ich merke, wie mir sehr warm wird.
Oh Gott, er sieht so toll aus!
»Na, feiert ihr schön Geburtstag?« Er lächelt mich an und ich fühle, dass mein Herz einen kleinen Hüpfer macht und nur sehr schwer wieder in seinen normalen Rhythmus zurückfindet.
Woher weiß Kim Einsele, mein Schwarm seit der 6. Klasse, dass ich Geburtstag habe? Hat er sich das gemerkt? Womöglich aufgeschrieben? Ein dicker Eintrag in seinem Kalender – Tobis Geburtstag!
Allein diese Vorstellung lässt die Glücksgefühle in meinem Magen glühen. Ich muss wohl ziemlich dämlich aussehen, wie ich so vor mich hin träumend und mit einem abwesenden Lächeln im Gesicht auf unserer alten Holzbank sitze.
Kim mustert mich eine Weile, bevor er mit der rechten Hand winkend meine Aufmerksamkeit wieder auf sich lenkt. »Huhu, hey Tobi. Alles klar? Na, wie ist denn nun eure kleine Party? Gibt's auch passende Luftschlangen…?«
Passende Luftschlangen... wie meint er das? Erst jetzt bemerke ich seinen Blick, der auf meinen Kopf gerichtet ist, oder besser gesagt auf das, was darauf sitzt.
»Oh Scheiße!« Schnell reiße ich mir den dämlichen Papphut vom Schädel. Jetzt wird mir auch klar, warum er mich die ganze Zeit so feixend angegrinst hat und woher er weiß, dass wir Geburtstag feiern.
Mein Körper kühlt merklich ab, ich kann förmlich spüren, wie die Glückshormone in mir ihre Produktion einstellen. Ein bisschen enttäuscht blicke ich erst zu dem blöden Hut in meiner Hand und dann zu Kim.
»Äh, ja also, ich hab heute Geburtstag und wir feiern gerade ein bisschen…!«
Er lächelt mich an. »Na dann: Herzlichen Glückwunsch!«
Ich muss aufstehen, um seine ausgestreckte Hand zu erreichen. Ich bin nervös. Hoffentlich habe ich keine Schweißhände. Seine Hand ist warm und groß. Meine sieht in seinem festen Händedruck total klein und verloren aus. Aber
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