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Chaosprinz Band 1

Chaosprinz Band 1

Titel: Chaosprinz Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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kühlem Ton: »Ja, hallo, Joachim, hier ist Anna!« Er ist also persönlich ans Telefon gegangen »… Anna – deine Ex-Frau… ja, genau die… Mir geht es gut, danke, und Tobi auch. Er hat sich sehr über deine Karte gefreut…« Sarkasmus trieft aus ihrer Stimme wie dickflüssiger, klebriger Honig. »… und selbst? Wie geht es deiner Frau und den Kindern?«
    Mann, dieses Gespräch verursacht mir wirklich Bauchschmerzen. Nervös gehe ich an Ma vorbei und Richtung Flur. Ich will nicht dabei sein, wenn sie ihn fragt. Mein Magen zieht sich schon so komisch zusammen.
    ***
    Wieder liege ich auf meinem Bett und versuche, den rasenden Gedanken zu folgen. Ich konnte seine Stimme hören. Ein dumpfes Brummen durch den Telefonhörer. Fieberhaft wühle ich in meinen Erinnerungen und versuche, mir den Klang der Stimme ins Gedächtnis zu rufen. Es gelingt mir nicht. Ich glaube, sie war tief und voll, ruhig… ach, keine Ahnung.
    Ich besitze fast keine Fotos von ihm. Bei ihrer Trennung hat Ma eine ganze Kiste mit Bildern verbrannt, aber auf den wenigen, die ich kenne, ist ein attraktiver junger Mann zu sehen, mit dunklen, vollen Haaren, markanten Wangenknochen und einem männlichen Kinn. Ich sehe ihm nicht wirklich ähnlich – mal abgesehen von den Haaren, die habe ich eindeutig von ihm geerbt.
    Joachim Ziegler, mein Vater – was weiß ich überhaupt über diesen Mann, mit dem ich jahrelang kaum Kontakt gehabt habe und zu dem ich nun unbedingt ziehen will? Er ist ein Bayer, der aus geschäftlichen Gründen nach Hamburg kam und dort meine Ma kennenlernte. Eine schnelle und heftige Liebe mit mir als Endprodukt.
    Er blieb in Hamburg, war hier aber nie wirklich glücklich. Ob das an der schwierigen Beziehung zu Ma lag, weiß ich nicht. Vielleicht vermisste er auch einfach nur die Berge und die Weißwürste. Nach der Trennung ging er jedenfalls sofort zurück nach München.
    Den Namen seiner zweiten Frau kenne ich gar nicht… irgendwas mit B… Brigitte oder Birgit oder so. Sie brachte zwei Kinder mit in die Ehe. Die beiden sind wohl in meinem Alter. Und gemeinsam mit meinem Vater bekam sie vor einigen Jahren Zwillinge.
    »Hormonbehandlung«, lästerte Ma, als wir von der Geburt erfuhren. »Na, wenn man es so nötig hat…«
    Mein Vater ist geschäftlich sehr erfolgreich. Er war schon immer ein Karrieremensch. Krampfhaft suche ich nach weiteren Erinnerungen, versuche, mein Bild von ihm zu vervollständigen – doch es bleibt dabei: Seine Gestalt ist ein großer, schwarzer Schatten…
    Vielleicht haben Mas Erzählungen in all den Jahren eine Art Mauer zwischen uns errichtet.
    Aber viel wahrscheinlicher ist es, dass der kleine dreijährige Junge in mir noch immer nicht verkraftet hat, verlassen worden zu sein.
    ***
    »München ist doch cool.« Tina fummelt an dem Etikett ihrer Bierflasche herum. Das macht sie immer. Wenn wir nach einer Party aufräumen, kann man ganz genau erkennen, welche Flaschen Tinas gewesen sind – die ohne Etikett.
    »Ich meine, das Oktoberfest, Bier ohne Ende, Weißwürste, Lederhosen, Jodeln… äh… und noch viel mehr… cool!« Sie reißt den Rest des Etiketts ab und wirft es halbherzig in Richtung Mülleimer. Natürlich trifft sie nicht, hätte mich auch sehr gewundert.
    »Ich gehe eigentlich nicht nach München, weil ich so gerne Bier trinke oder unbedingt mal aufs Oktoberfest will. Mir geht es um meinen Vater… um meine Familie…«
    Ich sitze mit Tina und Mario in meinem Zimmer. Sie sind zum Feiern gekommen. Es ist mir entsetzlich schwer gefallen, meinen beiden besten Freunden von dem drohenden Umzug zu berichten. Ich bin ja selbst noch total durcheinander.
    Mas Telefonat mit Joachim ist mehr oder weniger erfolgreich gewesen. Mein Vater hat erklärt, er wäre sich seiner Verpflichtung durchaus bewusst und würde selbstverständlich die nötige Verantwortung übernehmen. Mir ist klar, dass es naiv gewesen ist, Freudentränen und enthusiastische Begeisterungsstürme zu erwarten, und trotzdem… Pflicht und Zwang… Ich muss gestehen, seine kühle Wortwahl hat mich etwas gekränkt.
    Tina sieht das etwas anders: »Er muss sich doch auch erst mal an den Gedanken gewöhnen, in Zukunft noch einen Sohn bei sich zu haben. Gib ihm ein bisschen Zeit. Ihr habt ihn ganz schön überrumpelt. Wenn du in München bist und dich ein bisschen eingelebt hast, sieht die Sache gleich ganz anders aus!« Typisch Tina. Immer ruhig, bedacht und vernünftig. Sie hat auf alles die passende Antwort. Ich weiß echt nicht, was

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