Chaplins Katze, Clintons Kater
Mechanik folgend – ums Leben.
Schrödingers Gedankenkatze wurde ins Leben gerufen, um den Unterschied zwischen unserer Alltagswelt und der Welt der Quantenphysik zu illustrieren. Denn in dieser Quantenwelt gelten die Gesetze der Newtonschen Physik nicht mehr.
Stattdessen wird
Cuties subatomare Welt von
Wahrscheinlichkeiten bestimmt. Eine radioaktive Substanz könnte zerfallen – oder aber auch nicht. Schrödinger war genau wie Einstein entsetzt über die philosophischen Konsequenzen der Quantenmechanik und deren augenscheinliche
»Absurdität«. Er dachte sich ein »burleskes« Experiment aus: Cutie, die theoretische Katze, sollte in einem verschlossenen Stahlbehälter mit einem »diabolischen Mechanismus« sitzen (satanische Katze? Opfer des Satans? Oder vielleicht auch nicht.).
1935 war Schrödinger Professor in Oxford. Er hatte an der Universität Berlin eine angesehene Professur gehabt, hatte aber, obwohl er kein Jude war, Deutschland verlassen, als die Nazis an die Macht gekommen waren. In Oxford verfasste er den Artikel, in dem er sein theoretisches Experiment beschrieb.
In dem »diabolischen Mechanismus« sollte sich Gift befinden, das natürlich »dem direkten Zugriff der Katzenklauen entzogen sein« sollte.
In einem Geigerröhrchen soll sich eine winzige Menge einer radioaktiven Substanz befinden, so wenig, dass im Verlauf einer Stunde vielleicht ein Zerfallsereignis stattfindet, aber mit gleicher Wahrscheinlichkeit keines. Wenn das Ereignis eintritt, reagiert der Geigerzähler und über ein Relais wird ein Hammer aktiviert, der das kleine Fläschchen mit Blausäure zertrümmert. Wenn man das Gesamtsystem eine Stunde sich selbst überlassen hat, dann kann man sagen, dass die Katze noch lebt, falls in diesem Zeitraum kein Atom zerfallen ist…
Die Psi-Funktion des Gesamtsystems würde diese Situation so zum Ausdruck bringen, dass die lebendige und die tote Katze zu gleichen Teilen vermischt oder verschmiert (Verzeihung!) sind.
Nun, das reicht wohl für die Nichtphysiker unter den Katzenfreunden. Es gibt jede Menge mathematische Formeln und gelehrte Kommentare zum »Katzenparadoxon«, die die kompromisslos idealistische Sichtweise verteidigen, dass die Katze weder lebendig noch tot ist, ehe nicht ein menschlicher Beobachter in die Kiste geschaut und die Tatsache ins menschliche Bewusstsein aufgenommen hat. Mit anderen Worten: »Solange wir nicht in die Kiste geschaut haben, um zu sehen, was vor sich gegangen ist, ist die Katze weder tot noch lebendig.«
1997 ließ Gribbin auf seinen ersten Erfolgstitel in Sachen Q.
T. noch eine Fortsetzung folgen: ›Schrödingers Kätzchen und die Suche nach der Wirklichkeit‹. Hier bringt er uns auf den neuesten Stand der Entdeckungen in einer Welt, in der wir nicht »wirklich« leben. Aber zumindest verrät uns der Titel (oder nicht?), dass unsere paradoxe Katze weiblichen Geschlechtes war.
Dieses Buch erschien nach einer gefeierten Biografie Schrödingers (von Walter Moore, bei Cambridge University Press erschienen), die 1989 als herausragendstes Buch im Bereich Chemie, Physik, Mathematik und Astronomie ausgezeichnet und von allen, die Rang und Namen haben, gepriesen wurde. Für Nichtwissenschaftier sind natürlich die lesbarsten Teile die biografischen Abschnitte. Schrödinger war keineswegs der »typische« weltfremde, zerstreute Professor. Er sah gut aus, war sportlich und ein Romantiker, er liebte die unberührte Bergwelt Tirols und suchte stets nach »einer philosophischen Einheit zwischen Denken und Natur«, beschäftigte sich mit der Mystik der Hindus und der Einheit aller Dinge. Er war 41 Jahre lang mit derselben Frau glücklich verheiratet und hatte seinen Goethe, Shakespeare oder Plutarch (zweisprachige Ausgabe) fast immer bei sich.
Während des Ersten Weltkrieges verteidigte er als junger Offizier das Habsburger Reich, wurde belobigt für
»Furchtlosigkeit und Ruhe angesichts andauernden feindlichen Artilleriefeuers und ging seinen Männern mit Mut und Ritterlichkeit jederzeit als leuchtendes Beispiel voran«.
Viele junge österreichische Wissenschaftler starben im Ersten Weltkrieg für das Vaterland. Ein Freund und Skikamerad Schrödingers – der ein begeisterter und wagemutiger Skifahrer war – bemerkte später einmal, dass damals »die moralischen Werte der Pflichterfüllung und der Aufopferung wichtiger waren als die intellektuellen Werte des kritischen Denkens. In jenen Tagen vor Hiroshima gab es nur wenige Intellektuelle und
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