Charade - Bittersueßes Spiel
Vielleicht trifft es das nicht ganz. Vielleicht erhofft sie sich einfach nur ein bisschen mehr für mich.
Das Lächeln kommt aus dem Nichts. Tiefe Falten ziehen sich über ihre Stirn, und sie sieht plötzlich älter und … kränker aus. »Ich will nicht, dass du allein bist.«
Mir sinkt das Herz. Ich will dieses Gespräch nicht mit ihr führen. Schon der Gedanke bereitet mir Übelkeit und weckt den Drang, auf etwas einzuschlagen. Egal was, ich würde alles lieber tun, als mit ihr über dieses Thema zu sprechen. »Mir geht’s gut, so, wie es ist.«
»Colton, ich weiß …«
»Nein.« Ich stehe auf. »Wir lassen das jetzt, okay? Ich wollte nur nach dir sehen. Bist du sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist?«
»Ja, Doktor. Ich bin okay. Ich bin untersucht worden.«
Ich schüttle den Kopf, obwohl ich weiß, sie macht bloß einen Scherz.
Sie scherzt
. Ich verstehe nicht, wie sie das in ihrer Situation tun kann. Zu wissen, was mit ihr passieren wird und dennoch nicht in Panik auszubrechen … Ich fühle mich wie ein Feigling, denn sie kann mit alldem so viel besser umgehen, als ich.
»Hast du Hunger? Ich könnte uns einen Snack machen.« Sie isst nicht viel, aber sie hat diese Shakes, die sie mag. Manchmal isst sie leichte Sachen, Suppen und so ein Zeug.
»Das wäre schön.«
Ich gehe in die Küche und mache uns beiden ein Sandwich, das sie nicht essen wird. Da ist ein großer Topf Suppe im Kühlschrank, und ich wärme uns etwas davon auf. Ich esse meine Suppe, während sie ihre in kleinen Schlucken trinkt. Zwischendurch fragt sie nach meinen Kursen, wie sie es immer tut. Ich bekomme eine SMS nach der anderen, aber ich ignoriere sie alle. In ihrer Gegenwart, will ich mich mit diesem Mist nicht beschäftigen.
»Ich will ein Tattoo«, sagt Mom aus dem Nichts, und ich verschlucke mich beinahe an einer Nudel. Sie hat mir wegen meinen Tattoos immer eingeheizt. Sie hasst sie. Mom hält sie für eine Sinnlosigkeit, von daher schockt mich ihre Offenbarung umso mehr.
»Ich dachte, du magst keine Tattoos.«
»Dinge ändern sich.«
Scheiße. Ja, das tun sie. Ich frage mich, ob das wohl zu diesen Dingen gehört, die sie vor ihrem Tod noch von ihrer Liste streichen will. Etwas, das sie tun will, bevor sie für immer geht.
»Okay.« Ich mache eine unbestimmte Geste. »Irgendwann machen wir das zusammen.«
»Bald«, sagt Mom. Dieses einfache Wort schneidet wie ein Messer durch mich hindurch. Plötzlich will ich sie nicht mehr zu einem Tattoostudio bringen. Wenn sie die Dinge auf ihrer Liste nicht abhaken kann, dann kann sie auch nicht gehen. Anders wäre es nicht richtig.
»Die Leute sagen, es sollte etwas Bedeutsames sein. Etwas …, das ich mit mir nehmen will.«
»Was?« Meine Stimme bricht.
Mom lächelt. »Das sage ich dir noch nicht. Ich muss noch ein paar Details ausarbeiten.«
Während des restlichen Essens gebe ich mir Mühe, ihr glückliches Spiel weiterzuspielen. Apropos Charade, nicht wahr? Zuerst reiße ich Chey den Hintern für ihre Spielchen auf, doch in Wahrheit bin ich kein Stück besser. Mein ganzes verdammtes Leben ist ein Spiel.
Nach unserem Lunch räume ich auf.
Moms Krankenschwester betritt den Raum und lächelt mir zu, als mein Handy abermals zu läuten beginnt.
Diesmal hebe ich ab, und nutze den Anruf als Entschuldigung, um abzuhauen. Ich bin kein bisschen besser als mein Dad, doch viel länger ertrage ich es hier nicht. »Ich muss los und mich um ein paar Dinge kümmern. Soll ich dir ins Bett helfen, bevor ich gehe?«
Mom gähnt. Sie braucht Ruhe. Sie nickt einmal kurz, und ich rolle sie in ihr Zimmer. Ich schwöre, sie hat noch mehr Gewicht verloren. Es ist, als würde ich ein Kind hochheben, als ich sie ins Bett lege.
Noch einmal küsse ich sie auf den Kopf. »Ab jetzt keine Versuche mehr im Alleingang, aus dem Bett zu kommen. Es gibt einen Grund, warum du Hilfe hast.«
»Ja, Doktor«, sagt sie lächelnd.
Ich gehe auf die Tür zu, wo ich noch einmal innehalte. Keine Ahnung, was mich dazu verleitet, aber ich drehe mich noch einmal zu ihr um. »Ich werde sie mal vorbeibringen, okay? Wann kann ich dir nicht sagen, aber ich werde sehen, was sich machen lässt.«
Es ist ein verdammt großer Schritt und ein dummer noch dazu. Aber ich werde es tun. Für Mom, auch wenn das ganze Ding mit Cheyenne eine Lüge ist.
Selbst vom anderen Ende des Raums kann ich ihre Tränen erkennen.
»Ich kann es nicht erwarten, sie kennenzulernen, Colton.«
Jetzt fühle ich mich noch dreckiger, als am
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