Charade - Bittersueßes Spiel
Tod sollten wir nicht auch noch hier sitzen müssen und uns fragen, ob Colt okay sein wird.
Ich blicke wieder zu Lily. Sie schickt mir ein trauriges Lächeln, steht auf und stellt sich hinter mich. Ihre Hände legt sie auf meine Schultern.
Ich bin ihr so dankbar, dass sie da ist. Ich war nicht immer fair zu ihr. Vielleicht war ich das nie. Ich habe keine Nähe zugelassen, nachdem Mom gegangen ist. Habe nicht viel mit ihr gesprochen, nachdem wir herausgefunden haben, dass Mom nicht mehr lebt. Dennoch ist sie hier. Hier an meiner Seite. Und an Colts, obwohl ich sie niemals an mich herangelassen habe.
Ich will diese Beziehung mit Tante Lily verdienen.
»Ich habe Alpträume«, ist das Erste, das mir über die Lippen kommt.
Lily schnappt hinter mir leise nach Luft, wartet aber, dass ich weiterrede.
Sobald die Worte ausgesprochen sind, fühle ich mich erleichtert, sie endlich mit ihr zu teilen.
»Nach der Sache mit Mom … haben diese Träume angefangen. Sie kommen nur, wenn ich allein schlafe. Colt hilft mir. Vermutlich reicht es, zu wissen, dass jemand da ist. Ich hatte sie früher schon, kurz nachdem Mom … gestorben ist? Ich weiß nicht mal, welches Wort ich verwenden soll. Aber damals. Damals hatte ich sie auch.« Eine große Last wird mir von der Brust genommen. Als würde ich den Abstand zwischen uns verringern, um den ich immer gekämpft habe.
»Oh, Süße! Warum hast du nie etwas gesagt?«
Ich zucke die Achseln. »Weil ich Angst hatte. Ich wollte nicht schwach sein, und ich wollte mich auf niemanden verlassen müssen. Ich hatte Angst davor, auf dich zu zählen, weil ich dachte, dann würdest du weggehen, wie sie es getan hat. Weil es an mir liegen musste, nicht wahr? Es gab keinen anderen Grund, warum eine Mutter ihre Tochter verlassen würde.«
In meinen Augen sammeln sich Tränen, aber ich schaffe es, sie nicht loszulassen.
»Es liegt nicht an dir. Du warst nie schuld daran, Cheyenne. Ich hoffe, du weißt das jetzt.«
Ich nicke, weil mir das inzwischen klar geworden ist. »Irgendwann ist es mir leicht gefallen, das alles zu überspielen. Selbst, als du mich anfangs mit der Ärztin hast reden lassen, habe ich ihr nichts davon erzählt. Ich habe versucht, die Panikattacken zu bekämpfen, wollte die Medikamente nicht nehmen. Ich schätze, ich hatte sogar Angst davor, dass diese dämliche Pille mich verlassen würde.«
Ihr Griff auf meiner Schulter verstärkt sich. »Manchmal habe ich mich so gefühlt, als wäre es meine Schuld, was aus deiner Mutter geworden ist. Vielleicht hätte ich eine bessere Schwester sein müssen. Ich wollte so sehr, alles für dich in Ordnung bringen und dachte, das hätte ich getan. Ich war wohl nicht aufmerksam genug.«
»Nein«, flüstere ich, kann sie aber immer noch nicht ansehen. »Es war nicht deine Schuld. Niemand war schuld daran.« Ich zögere und hole ein paar Mal tief Luft. »Colt könnte sterben … Oder bleibende Schäden davontragen. Er hat gerade seine Mom verloren und könnte noch viel mehr verlieren. Innerhalb weniger Sekunden. Wegen eines dummen Streits. Wir haben so viel Zeit damit vergeudet, Spielchen zu spielen … Er hat mir so viel gegeben, und ich habe ihm das nie gesagt.«
Lilys Hände zittern. Ich weiß, sie weint, dennoch rede ich weiter.
»Ich möchte dir alles erzählen … Mehr darüber, wie ich aufgewachsen bin und wie ich mich fühle – wenn du es hören möchtest.«
Diese Worte auszusprechen, ist nicht so schwierig, wie ich angenommen habe. Sie sind tatsächlich befreiend.
»Oh, Cheyenne. Nichts wäre mir lieber.«
»Ich will mit noch jemandem darüber reden. Mit einem Arzt oder so. Kannst du … Kannst du mir helfen, das zu arrangieren?«
»Absolut.«
Endlich drehe ich mich um und sehe sie an, lasse dabei aber Colts Hand nicht los.
»Deine Mom hat nie um Hilfe gebeten. Zumindest nicht um die Hilfe, die sie gebraucht hätte. Du bist eine sehr starke, mutige Frau, Cheyenne. Ich bin sehr stolz auf dich.«
In diesem Augenblick bin auch ich ziemlich stolz auf mich.
»Danke.« Ich wende mich wieder Colt zu. Lege meinen Kopf auf das Bett. »Du wärst ebenfalls stolz auf mich. Das weiß ich. Ich kann es nicht erwarten, dass du aufwachst und ich es dir erzählen kann.«
»Wie haben du und Colt euch kennengelernt?«, frage ich Adrian. Es sind anderthalb Tage vergangen, in denen ich das Krankenhaus nicht verlassen habe.
Adrian war die meiste Zeit hier.
Tante Lily und Maggie sind beide gekommen und wieder gegangen. Niemand versucht, mich
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