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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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Zweifel daran, dass die uneheliche Schwangerschaft von Olivers Mutter ein moralischer Fehltritt war. Allerdings zeigt er hier ein eigentümliches Schwanken, das später immer häufiger in seinen Werken zu beobachten ist. So sehr er die Fehltritte gefallener Mädchen moralisch verurteilt, so emphatisch wirbt er zugleich um Mitleid für die armen Geschöpfe. Später wird er persönlich Kontakt zu Prostituierten aufnehmen, um sie zu retten.
    Verführte Kindfrauen waren ein Lieblingsthema der viktorianischen Literatur. Der dreizehn Jahre ältere Autor Thomas Hood, den Dickens sehr schätzte und der mit seiner Verbindung von Humor und Sentimentalität als einer seiner Vorläufer gelten kann, publizierte 1844 unter dem Titel
Bridge of
S
ighs
(
Seufzerbrücke
) eines der populärsten Gedichte der Zeit, das vom Selbstmord eines gefallenen Mädchens handelt.Weibliche Wasserleichen, dazu noch in Verbindung mit Sex und Prostitution, fanden beim viktorianischen Publikum ein starkes, zweifellos erotisches Interesse. Dickens’ erster Beitrag zu diesem Thema ist die Figur der Prostituierten Nancy, die anfangs im Auftrag Fagins den Titelhelden zurück ins Verbrechermilieu holt, danach aber nach einer Begegnung mit Brownlow tatkräftig mithilft, Oliver zu retten und seine Identität aufzuklären. Als Rache für diesen Verrat wird sie von Sikes erschlagen.
    «Fagin in der Todeszelle». Gezeichnet von George Cruikshank.
    Zu dem großen Erfolg des Buches haben sicher auch die eindringlichen Illustrationen von George Cruikshank beigetragen, von denen die beiden hier wiedergegebenen dem Leser unauslöschlich im Gedächtnis bleiben. Der Satz
I want some more
, mit dem Oliver bei der Essensausgabe im Arbeitshaus «um mehr» bittet, ist noch heute ein den meisten Engländern vertrautes Zitat. Noch eindringlicher ist die Darstellung Fagins in der Todeszelle.

Auf der
Erfolgsspur
1839
    Das Jahr 1839 begann für Dickens mit der erleichternden Gewissheit, dass seine zweijährige Fron als Herausgeber von
B
e
ntley’s Miscellany
zu Ende ging. Bentley versuchte zwar, Dickens zu einer Vertragsverlängerung zu bewegen, doch er tat es so undiplomatisch, dass Dickens nicht einmal das lukrative Angebot annahm, für 40 Pfund im Monat seinen Namen als Aushängeschild herzugeben. Einen Verlust an öffentlicher Präsenz brauchte er nicht zu befürchten. Ihm lag bereits eine Einladung nach Manchester vor, wo man ihm zu Ehren am 14. Januar ein öffentliches Dinner veranstaltete, an dem er zusammen mit seinen Freunden Ainsworth und Forster teilnahm. Danach widmete er sich ganz der Arbeit an
Nicholas Nickleby
. Die Stofffülle dieses umfangreichen Romans machte ihm so sehr zu schaffen, dass er die monatlichen Lieferungen oft erst am vorletzten oder letzten Tag vor dem Erscheinen fertigstellen konnte. Anfang Januar hatte er noch einmal versucht, das
Barnaby Rudge
-Projekt in Angriff zu nehmen, das ihm schwer auf der Seele lag. Aber er schaffte nur wenige Seiten und verlangte danach von Bentley einen weiteren Aufschub.
    Am 7. Februar feierte er seinen 27. Geburtstag in Anwesenheit prominenter Gäste, darunter der Bildhauer Angus Fletcher, der im weiteren Verlauf des Jahres eine Büste von ihm anfertigen sollte. Als Dickens vom 4. bis 11. März zu einem Kurzurlaub in Exeter weilte, entdeckte er in dem Dorf Alphington in Devon ein Cottage, das er kurz entschlossen für 20 Pfund im Jahr bis Oktober 1842 mietete, um es seinen Eltern als Wohnsitz anzubieten. Die konnten das Angebot schlecht ablehnen, und so hatte Dickens endlich die Sorge vom Hals, dass sein Vater immer wieder in London Schulden machte, für die er als Sohn geradestehenmusste. Das Problem mit den Eltern war damit für eine Weile gelöst, auch wenn es Dickens nicht gerade billig zu stehen kam; denn die Herrichtung des Cottage und weitere Nebenkosten beliefen sich insgesamt auf 300–400 Pfund.
    Daniel Maclise (1838). Selbstporträt in Frasers
Gallery of Literary Characters.
    Für sich selbst und seine Familie mietete er Ende April für vier Monate die Villa Elm Lodge in Petersham in Hampshire, um dort in Ruhe an
Nicholas Nickleby
arbeiten zu könne. Hier besuchte ihn auf Empfehlung von Ainsworth der irische Maler Daniel Maclise, mit dem er rasch Freundschaft schloss. Maclise (1806–1870) war ein gutaussehender, warmherziger Mann, der von Dickens’ ganzer Familie geschätzt wurde. Im Lauf des Jahres schuf er als erstes bedeutendes Dickensporträt das Ölgemälde, das heute in der National

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