Charlies Planet
noch keine hundert Meter von der Stelle entfernt, an welcher Mattie und Charlie lagen, als seine Beine zu zittern begannen, und seine Knie knickten ein wie morsches Feuerholz.
Zusammengesunken, die Hände auf das Erdreich gestützt betrachtete er seine Beine.
»Nun ja«, sagte er, »ihr hättet mich früher im Stich lassen können, und ihr habt es nicht. Das rechne ich euch hoch an.«
7.
Es bestand keine Hoffnung, den Transport noch am selben Tag fortsetzen zu können. Cary mußte mehrere Stunden opfern, um das Floß von der ursprünglichen Ankerstelle stromaufwärts zu einem für die Bergung der Statue geeigneten Platz zu schaffen und es dort sicher zu befestigen. In der letzten Phase, für ungefähr eine Stunde, half ihm Mattie, doch Charlie lag, als die Arbeit getan war, noch immer auf dem Fleck, an dem er zu Boden gesunken war, und rührte sich nicht.
Einige Stunden Tageslicht blieben übrig. Cary erneuerte Charlies Verband und schickte sich an, die Statue an Land zu ziehen. Als sie sich endlich seitwärts neigte und klatschend unter der Wasseroberfläche verschwand, sprang Charlie plötzlich auf die Füße. Er lief zum Ufer, tauchte ins Wasser und schwamm zu der Stelle, wo das Seil auf den Grund führte. Aber er hatte kaum ein Drittel der Entfernung überwunden, als seine Schwimmbewegungen sich verlangsamten, und schließlich machte er kehrt und paddelte zurück zum Ufer. Dort streckte er sich in voller Länge aus und beobachtete Cary bei der Arbeit, während seine Kehle unter lautlosen Pfiffen zuckte.
Die Statue war ein noch wesentlich schwieriger zu handhabendes Objekt als das Floß. Viermal wurde sie unter Wasser von Felsbrocken aufgehalten, und viermal mußte Cary hinauswaten und sie befreien. Kurz vor Einbruch der Abenddämmerung hatten sie die Statue endlich ans Ufer gezerrt und erneut auf das Floß verladen.
Es war dunkel, bevor sie ihre abendliche Mahlzeit beendeten. Die Nahrung und die Möglichkeit, sich endlich zu entspannen, wirkten auf Cary wie ein starkes Beruhigungsmittel. Er lehnte schlaff mit dem Rücken an dem Gepäckstapel, mit bleischweren Lidern, und war fast außerstande, wach genug zu bleiben, um den zweiten Becher Kaffee zu leeren.
Mit der Dämmerung waren Wolken aufgezogen. Keine Sterne und kein Mond spiegelten sich im Fluß, der durch sein steiniges Bett donnerte, inzwischen unsichtbar, ausgenommen ein schmaler Fleck, auf den noch der Schein ihres Lagerfeuers fiel. Das flackernde Licht und die Schatten, die über die Statue glitten, schienen ihr Leben zu verleihen. Cary starrte sein Abbild an.
»Du weißt, Cary«, sagte Mattie sachlich, »daß ich heute um ein Haar wegen dieser Statue ertrunken wäre.«
Cary nickte mühsam und zwang sich zu antworten.
»Zweitausend Einheiten sind eine Menge Geld, Mattie.«
Ihre Miene verfinsterte sich.
»Ja«, bestätigte sie. »Aber es ging um mehr als nur das Geld – jedenfalls seit wir dem Scout begegnet sind! Dieser kriminelle Kerl! Ich würde die Statue nach Arcadia City bringen, nur um sie im öffentlichen Park aufzustellen, selbst wenn dein Kunsthändler nicht einen lumpigen arcadianischen Dollar geboten hätte.«
Cary öffnete die Augen etwas weiter und musterte sie.
»Das würdest du, Mattie?« fragte er.
»Du hast es gehört!« erwiderte sie. Einen Moment lang betrachtete sie die Statue, ohne etwas zu sagen. »Charlie war sehr besorgt, nicht wahr?«
Sie richtete ihren Blick auf Cary.
»In Wirklichkeit war es die Statue, die ihn veranlaßte, ins Wasser zu gehen und uns zu helfen, oder? Erinnere dich, wie er in den Fluß sprang, als wir sie ans Land zogen, obwohl er noch viel zu schwach war. Davor hatte er dich bei meiner Rettung unterstützt. Nur war ihm dabei nicht so viel an mir gelegen, wie? Er wollte dazu beitragen, daß die Statue geborgen würde.«
Cary nickte schwerfällig.
»Ich glaube, er hätte ohnehin geholfen, Mattie«, sagte er. »Vielleicht nicht mit solchem Einsatz.« Er fixierte sie. »Man kann ihm schlecht vorwerfen, daß ihm die Statue lieb und teuer ist. Sie hat ihn viele Mühen gekostet, erst ihre Anfertigung, und nun dieser Transport. Er möchte lediglich, daß sie an einen Ort gelangt, wo Leute existieren, die kommen und sie anschauen.«
»Das werden sie auch«, versicherte Mattie. Wieder betrachtete sie die Statue, über die das Flackern der Flammen tanzte. »Weißt du, als ich sie oben im Sumpf das erste Mal sah, habe ich ihren Wert nicht richtig erkannt. Sie kam mir vor wie ein Felsklotz, ein
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