Charlotte
Silberbrosche. »Dieser van Zon hat sich bei meinem Rechtsanwalt gemeldet«, begann sie. »Offenbar haben Sie eigenmächtig bei diesen Leuten den Eindruck erweckt, wir seien bereit, sie mit einem Vergleich über eine Million Euro abzufinden.«
Ich lächelte und erwiderte: »Manchmal brauche ich eine Wurst, um den Hund zum Schwanzwedeln zu bringen.«
»Ich finde das eher indiskret als witzig.«
»Es war der schnellste Weg, Leonoor Brasma zum Reden zu bringen«, erklärte ich. »Sie ist Charlottes zweite Mutter und steckt hinter dieser Forderung.«
»Das ist mir schon klar. Die Frage ist, ob Sie beweisen können, dass diese Geburtsurkunde gefälscht ist, und ob es berechtigte Gründe für die Forderung gibt.«
Das war gar nicht die Frage gewesen, aber sie hatte Angst vor der Antwort auf die eigentliche. »Ihr Mann hat Sie nicht angelogen, Mevrouw«, sagte ich. »Die Dokumente sind gefälscht und Ihr Mann hat nichts von der Existenz Charlotte Bonnettes gewusst, bevor sie vor ihrer Tür stand.«
Sie sank vor Erleichterung fast in sich zusammen und ihre Augen wurden feucht. »Oh, mein Gott«, flüsterte sie. »Wie froh ich darüber bin. Ich habe gezweifelt. Unter anderem, weil …« Sie schüttelte den Kopf. »Als ich das Mädchen sah, dachte ich, dass sie durchaus Ottos Tochter sein könnte.«
»Das ist sie auch«, sagte ich.
Sie schien nicht zu verstehen, was ich sagte. Sie blickte einen Moment lang verwirrt um sich, als sei sie kurzsichtig und man hätte ihr plötzlich die Brille abgenommen. Sie schüttelte den Kopf und sagte vorwurfsvoll: »Ich dachte, Sie wollten mich jeden Tag anrufen.«
Ich wollte ihr schon antworten, aber dann erkannte ich, dass sie sich nur in einen anderen willkürlichen Vorwurf flüchtete, weil sie nicht wahrhaben wollte, was sie gehört hatte. Ich sagte nichts und wartete ab.
Endlich sagte sie: »Das kann nicht sein.«
Ich schluckte eine Bemerkung über die Wunder der Technik hinunter. Scherze waren jetzt unangebracht. »Elisabeth wollte ein Kind von Ihrem Mann«, sagte ich. »Sie und Leonoor waren mit einer Laborantin befreundet, die in einer Klinik für Reproduktionsmedizin arbeitete. Sie finden die Einzelheiten in meinem Bericht, aber es läuft darauf hinaus, dass sie sein Sperma eingefroren und Elisabeth damit inseminiert haben. Das ist erst Monate nach ihrem Weggang aus der Firma gelungen und es ist wahr, dass Ihr Mann sie danach nicht wiedergesehen hat. Er wusste von nichts.«
Das musste sie erst verarbeiten. »Sind Sie sicher?«, fragte sie.
»Sie können einen Vaterschaftstest beantragen und diese Dokumente im Handumdrehen für null und nichtig erklären lassen. Aber Charlotte ist und bleibt die Tochter Ihres Mannes.« Ich schwieg einen Augenblick und sagte dann: »Elisabeth hatte übrigens nie vor, Ihren Mann damit zu belästigen.«
Sie knetete ihre Hände. Sie war noch nicht bereit, über Charlotte nachzudenken.
Ich schaute hinaus in den verregneten Garten. »Da ist noch etwas anderes«, sagte ich.
»Ich glaube, mir reicht es vorläufig.« Sie war eine Fachfrau, und Momente der Schwäche waren dazu da, überwunden zu werden. »Ich muss über diese Geschichte nachdenken und mich mit meinem Anwalt beraten.«
»Warum?«
Auf ihrer Stirn bildete sich eine Falte, als habe sie mich nicht richtig verstanden. »Warum?«
»Was wollen Sie mit einem Anwalt? Charlotte ist absolut unschuldig. Sie hat immer geglaubt, sie sei die Tochter eines anonymen Spenders. Sie findet ihren Vater und verliert ihn bald darauf wieder. Die Forderung war nicht ihre Idee. Sie ist nur Ottos Tochter.«
Es ärgerte sie, dass ich seinen Vornamen gebrauchte. »Jennifer und Lily sind auch Ottos Töchter, für sie ist der Verlust wesentlich schmerzlicher.«
»Sie wissen das besser als ich, Sie sind die Psychologin«, erwiderte ich. »Ich weiß nur, dass Sie Charlottes Stiefmutter sind und das Mädchen gewiss keine böse Stiefmutter mit Rechtsanwälten gebrauchen kann.«
»Stimmt.« Sie gab das überraschend spontan zu und biss sich auf die Lippen. Nochmals fragte sie: »Was dann?«
Es war eigentlich keine Frage an mich. »Dazu sage ich nichts«, antwortete ich. »Ich glaube, so etwas sollte innerhalb der Familie geregelt werden. Ich brauche nur Ihre Hilfe, um die Person vor Gericht zu bringen, die Ihren Mann ermordet hat.«
»Aber der Mann ist doch tot?«
Ich erklärte es ihr.
Als die Telefonate erledigt waren, beschloss CyberNel, dass sie und Hanna mit nach Deutschland wollten.
»Meiner
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