Charlotte
ermittelt.«
Heleen sagte kalt: »Tun Sie, was Sie für richtig halten«, drehte sich um und verließ den Raum.
Van Loon wechselte einen Blick mit Wasman und setzte sich wieder hin.
Alles war deprimierend, selbst das Wetter. Nebel hing zwischen den hohen Bäumen und den Buchenhecken rund um den Friedhof.
Van Loon war schon öfter hier gewesen, und es schien, als gäbe es an diesem Ort nur eine Jahreszeit, den feuchten, dunklen Herbst. Die ganze Firma war gekommen, dazu Hotelmanager von außerhalb, Bankiers, Bekannte, die sich auf den Wegen und zwischen grauen Grabmälern verteilten. Glitzernde Nebeltröpfchen kondensierten auf den Schultern ihrer dunklen Anzüge. Van Loon sah, wie ein Mann unauffällig Fotos machte. Wasman hatte er bereits vorher am Eingang bemerkt. Man hatte sich Mühe gegeben, die Sache aus den Medien herauszuhalten, doch als sie den Friedhof betraten, stand neben dem Hauptweg eine Nachrichtenreporterin und sprach in eine große Fernsehkamera.
Der Sarg ruhte auf Balken über dem Grab, umgeben von Kränzen und Gestecken. Heleen stand dicht vor diesem Blumenwall, die Arme um die Schultern ihrer Töchter gelegt. Harry, Gwenaëlle, Theun und ihre Tochter Annie standen hinter ihr. Auch Heleens Eltern waren da. Niemand sagte ein Wort. Nur die Querflöte von Stan Kellis war zu hören, der zwischen zwei Koniferen stehend eine Melodie von Debussy spielte, Musik, die Otto Runing geliebt hatte. Die Flöte klang dünn im Nebel, eine silberne Stimme, während der Sarg hinabgesenkt wurde.
Van Loon fühlte sich schrecklich einsam. Blumen und Erdklumpen regneten auf den Sarg. Er verbiss sich den Schmerz und schloss sich dem Trauerzug an. Als er am Grab vorbei war, sah er, wie Harry plötzlich erstarrte. Van Loon folgte seinem Blick und entdeckte mit einem kleinen Schock den kurz geschorenen Kopf Stef Molenaars hinter einer Gruppe von Hotelmanagern. Harry löste sich sofort von den anderen und marschierte auf Molenaar zu.
Molenaar sah ihn kommen, wandte sich ab und begann, in aller Ruhe auf den Ausgang zuzugehen. Van Loon wählte eine Abkürzung quer zwischen den Gräbern und Koniferen hindurch. Er hörte, wie Harry mit lauter Stimme sagte: »Bleib gefälligst stehen!«
Molenaar hielt inne und drehte sich um. Sie waren fünfzig Meter vom Eingang entfernt. Van Loon näherte sich von der Seite her. Molenaar hatte ihn noch nicht bemerkt.
»Was willst du hier?«, fragte Harry mit rauer Stimme. »Du hast hier nichts zu suchen, höchstens in einer Kiste!«
»Das hier ist ein öffentlicher Friedhof«, erwiderte Molenaar. »Und in einer Kiste landen wir alle irgendwann mal.«
Van Loon sah, wie Harry die Fäuste ballte, und sagte: »Wir sollten uns da lieber raushalten, Harry.«
Molenaar schaute Harry irgendwie traurig an und fragte: »Und wer sind Sie?«
»Das wissen Sie doch ganz genau.« Van Loon musste Zeit gewinnen, den Mann aufhalten, Wasman benachrichtigen. Vielleicht sollte er Harry gewähren lassen. »Sie haben mich doch letzte Woche erst gesehen, auf dem Golfplatz.«
Molenaars Augen verengten sich. »Wer, ich?«
»Bist du jetzt zufrieden?«, fragte Harry.
Die Trauergäste näherten sich. Das Fernsehteam machte noch Filmaufnahmen am Grab. Van Loon warf einen Blick zum Ausgang hinüber und sah zu seiner Erleichterung, dass Wasman und der Polizeifotograf, beide in Zivil, dort standen und zu ihnen herüberschauten. Er winkte ihnen mit einer knappen Geste zu.
»Tut mir Leid für dich, Harry.« Molenaar stand mit dem Rücken zum Ausgang und deutete mit einem Kopfnicken zum Grab hinüber. »Aber du hast Recht, ich trauere gewiss nicht um ihn.«
Harry ging wütend einen Schritt nach vorn.
»Harry, warten Sie!«, sagte van Loon. »Die Polizei ist hier.«
Molenaar drehte sich mit einem Ruck um. Wasman und der Fotograf hatten sich bis auf drei Meter genähert.
»Was ist los?«, fragte Wasman.
»Das ist Stef Molenaar«, sagte van Loon.
Wasman machte ein überraschtes Gesicht. »Ah, Meneer Molenaar. Sie sind schwer zu erreichen.«
»Ich war im Ausland. Warum?«
»Würden Sie bitte mitkommen und uns einige Fragen beantworten?«
»Warum sollte ich?« Er wies mit dem Kinn auf das Grab. »Sie glauben doch wohl nicht, dass ich so dumm wäre, hier aufzutauchen, wenn ich etwas mit der Sache zu tun hätte?«
»Dies hier ist nicht der richtige Ort, um Aufsehen zu erregen, es sei denn, Sie möchten gern ins Fernsehen.« Wasman hatte eine Hand unter sein Jackett geschoben.
»Kommen Sie einfach mit, dann
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