Charlotte
Kindern aufgeteilt wird und Charlotte ein Viertel erhalten würde.«
»Ach so, das«, sagte ich.
»Ja. Das wäre erheblich mehr und damit erheblich teurer für die Erben als nur der Kindsteil, der üblicherweise zwölfeinhalb Prozent beträgt.«
»Ich dachte, bei einem außerehelichen Kind wäre das anders.«
Er schaute mich an und zuckte mit den Schultern. »Wie dem auch sei, es geht um erhebliche Beträge.«
»Hat Leonoor Brasma das Sorgerecht für Charlotte?«, fragte ich.
»Charlottes Mutter hatte automatisch das Sorgerecht, und sie hat schon vor Jahren notariell festgelegt, dass im Falle ihres Todes Leonoor Brasma das Sorgerecht erhält. Laut der modernen Gesetzgebung mit Partnerverträgen et cetera gilt Mevrouw Brasma als sorgeberechtigter Elternteil.«
Ich runzelte die Stirn. »Meinen Sie damit, dass sie Charlotte beerbt?«
Er nickte. »Automatisch, da sie als Elternteil anerkannt ist, aber hier geht es um die Forderung von Charlotte Bonnette. Ich habe beim Anwalt der Erben Einsicht in die Erbschaftsverhältnisse beantragt, um meine Forderung beziffern zu können. Vielleicht könnten Sie dort zur Eile drängen. Ich denke, die anderen Erben würden ebenfalls davon profitieren, angesichts der Tatsache, dass die Abwicklung blockiert bleibt, bis über den Anspruch Charlottes entschieden worden ist.«
Ich versprach, dass ich mein Bestes tun würde, und verabschiedete mich. An der Tür hielt er mich auf und schraubte seine Stimme einige Dezibel herunter. »Ich hörte, man würde eventuell einen Vergleich anstreben.«
Eine Million Euro. Ich sagte: »Dafür bin ich nicht der richtige Ansprechpartner, ich erledige nur die Zuträgerarbeit.«
»Das ist mir schon klar, aber Sie sind doch sicher mit mir einer Meinung, dass ein Vergleich sehr viel Zeit, Umstände und Kosten sparen würde«, sagte er. »Sie können Ihren Auftraggebern ruhig ausrichten, dass ich gern bereit bin, ihnen entgegenzukommen und meine Mandantin dahingehend positiv zu beraten, zumindest, wenn es sich um einen akzeptablen Vorschlag handelt.«
Ich rief vom Auto aus an und hörte von der Sekretärin, dass Harry die Firma gerade verlassen hatte. Als ich zu dem Bürogebäude abbog, sah ich den schwarzen Mercedes aus der Tiefgarage kommen und in meine Richtung fahren. Ich blieb zwischen den offen stehenden Toren stehen, versperrte die Durchfahrt, sprang aus dem Auto und hielt mit beiden Armen fuchtelnd den Mercedes auf. Harry sah aus, als hätte er mich liebend gern unter seinen Rädern zerquetscht. Er bremste im letzten Moment.
Sein Fenster war schon unten, doch ich öffnete die hintere Tür. Van Loon schaute mich stirnrunzelnd an. »Max, was soll das?«
»Ich brauche mal kurz deinen Chauffeur.«
»Ich brauche ihn auch«, erwiderte van Loon. »Um halb vier muss ich in Utrecht sein.«
Harry starrte mit zusammengebissenen Zähnen durch die Windschutzscheibe. »Dann nimmt er eben ein paar rote Ampeln mit«, sagte ich. »Fünf Minuten.«
Van Loon beschwerte sich, doch ich drückte seine Tür zu und ging zurück zu meinem Wagen. Der Chauffeur und sein Chef wechselten ein paar Sätze und dann stieg Harry aus dem Auto.
Ich warf einen Blick auf seine geballten Fäuste. »Es tut mir Leid, Harry, aber es muss wirklich unbedingt sein.«
»Ich nähme gern ein paar Wochen Knast in Kauf, wenn ich dich dafür zusammenschlagen dürfte«, grollte er. »Mir den Job vermasseln, ist es das, was du willst?«
»Das hängt von dir ab.« Ich bedeutete ihm, mir zu folgen, und wir gingen ein Stück den Zaun entlang.
Entweder verlernte ich meinen Beruf oder ich litt allmählich an Alzheimer, und ich war wütender auf mich selbst als auf ihn. »Ich habe nur zwei Fragen. Kennst du eine gewisse Leonoor Brasma?«
Wir blieben zehn Meter von den Autos entfernt stehen und er trat auf den Grasstreifen neben der Gewerbestraße. »Leonoor Brasma, wer ist das?«
Ich stand ihm gegenüber und schaute ihm in die Augen. »Ich habe keine Zeit für faule Ausreden, und du auch nicht.«
»Ich habe noch nie von dieser Frau gehört. War das alles?«
Die meisten Menschen fragen nach dem Warum. Harry nicht. Harry spürte, dass er kompromittiert wurde, und wollte nur weg. »Und Stef Molenaar, kannte er Leonoor?«
Harry warf einen Seitenblick zum Mercedes hinüber und flüsterte: »Wenn ich das Weib nicht kenne, woher soll ich dann wissen, ob Stef sie gekannt hat?«
»Sie ist Lesbierin. Sie hat in Utrecht gewohnt. Vielleicht verkehrte sie auch in diesem Club.« Ich erinnerte
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