Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
aber das stimmt doch alles gar nicht!«, stotterte ich, bestürzt über diese ungerechten Vorwürfe.
»Klar! Du glaubst, du wärst was Besseres! Schon immer!«, warf sie mir gehässig vor. »Dein verhungerter Franzosenklepper mit seinem riesigen, hässlichen Schädel kann Corsario nicht das Wasser reichen! Corsario ist das beste Springpferd hier im Stall! Weißt du, wie viele M-Springen er schon gewonnen hat?«
Allmählich erholte ich mich von meinem Schock über ihre Bösartigkeit und wurde auch wütend.
»Ich schätze, jede Menge«, erwiderte ich nun mindestens genauso gehässig. »Er weiß ja schon gar nicht mehr, welches Bein ihm am meistens wehtut.«
Inga lief rot an. Ich hatte recht. Seitdem Alex in der für Herrn Kessler so verhängnisvollen Reitstunde bemerkt hatte, dass Corsario lahmte, war der Schimmel immer wieder für ein paar Tage lahm gegangen. Er hatte vom Tierarzt sogar Spritzen bekommen, und Doro hatte mir anvertraut, dass er oft stolpern würde.
»Was weißt du schon!«, schnaubte Inga. »Mit deinem dürren Vieh gewinnst du keinen Blumentopf!«
»Abwarten, meine Liebe«, entgegnete ich. »Won Da Pie ist erst sechs Jahre alt. Er hat noch alles vor sich. Corsario ist fünfzehn.«
»Du bist eine eingebildete, arrogante Ziege!«, schrie Inga und der Zorn verzerrte ihr Gesicht.
Dieser Vorwurf war so ungerecht, dass ich empört nach Luft schnappte. »Und du bist hinterhältig und neidisch!«, konterte ich.
»Auf was sollte ich wohl neidisch sein?« Inga lachte herablassend. »Vielleicht auf deine Pickel?«
»Nee, aber vielleicht darauf, dass ich nicht heimlich Schals häkeln muss, damit mich jemand leiden kann«, erwiderte ich. Oliver und Karsten brüllten vor Lachen. Das war zu viel für Inga. Mit einem Wutschrei stürzte sie sich auf mich, aber Oliver erwischte sie am Arm und hielt sie fest. Sie schleuderte herum, es krachte, und die Naht ihrer Reithose war geplatzt.
»He, Miss Pummel«, sagte er, »keine Schlägerei mit Miss Pickel in der Öffentlichkeit!«
Darüber lachten Karsten und er noch mehr, sie konnten sich kaum noch halten. Inga riss sich los. Sie bebte vor Wut.
»Weißt du, wie teuer diese Reithose war, du Idiot?«, fuhr sie Oliver an. »Die kannst du mir bezahlen!«
»Beruhig dich, Miss Pummel«, entgegnete Oliver unbeeindruckt. »Du bist doch gut in Handarbeit. Das kannst du sicher nähen.«
»Ihr werdet alle noch euer blaues Wunder erleben!«, kreischte Inga und verschwand wutentbrannt im Stall. Sekunden später hörten wir Alex schreien.
»Oh, ich glaube, Miss Pummel hat gerade Alex platt gewalzt«, sagte Karsten. Da mussten Doro und ich ebenfalls grinsen, obwohl wir beide von Ingas Wutausbruch ziemlich schockiert waren.
Alex kam aus der Stalltür und blieb neben uns stehen. »Was ist hier los?«, fragte er argwöhnisch.
»Miss Pummel und Miss Pickel sind aneinandergeraten.« Oliver japste vor Lachen und lehnte sich gegen die Wand der Reithalle.
»Um ein Haar hätte es eine wüste Schlägerei gegeben«, ergänzte Karsten.
Alex blickte verständnislos von einem zum anderen. »Redet ihr von der kleinen Dicken mit dem lahmen Schimmel, die gerade die Putzkästen auf der Stallgasse zerstampft hat?«, fragte er, und da war es auch bei Doro und mir vorbei mit der Beherrschung. Wir schüttelten uns vor Lachen, bis uns die Tränen kamen.
Alex stemmte die Hände in die Seiten, warf uns noch einen letzten misstrauischen Blick zu und ging kopfschüttelnd zurück in den Stall.
»Es tut mir leid, was ich über Corsario gesagt habe«, entschuldigte ich mich bei Doro, als wir uns einigermaßen beruhigt hatten. »Ich hatte ganz vergessen, dass er ja auch dein Pferd ist.«
»Schon gut«, erwiderte meine Freundin. »Es ist leider etwas Wahres dran. Mein Vater meint, der Vorbesitzer hat uns betrogen.«
»Kommt, Mädels«, sagte Karsten nun. »Wir laden euch auf eine Cola ins Kasino ein.«
»Kannst du dir das überhaupt leisten?«, fragte ich ihn.
»Es tut weh«, gab Karsten zu und stieß einen Seufzer aus, »aber ich werde es verschmerzen können. Viel tragischer ist es für mich, dass du schönere Pickel hast als ich.«
Doro und ich saßen auf der Tribüne und sahen bei einer Reitstunde zu, an der Inga mit Corsario teilnahm. Die Stunde hatte gerade erst angefangen, aber Inga hatte schon jetzt die größte Mühe, den Schimmel im Schritt vorwärtszureiten.
»Er ist seit ein paar Tagen irgendwie komisch«, sagte Doro zu mir. »Gestern ist er mindestens zehn Mal
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