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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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mir alles egal. Da stand Gento in seiner Box und dort stand der Pferdehänger. Ich dachte: jetzt oder nie. Aber ich habe mich nur blamiert mit meinem Sparbuch. Mehr nicht.«
    Düster starrte ich vor mich hin. Meine einzige Genugtuung war, dass ich diesem blöden Lauterbach noch seine zwanzig Euro vor die Füße geworfen hatte.
    Â»Das war aber ziemlich mutig von dir«, stellte Papa fest. »Hast du wirklich so sehr an Gento gehangen?«
    Â»Er war alles für mich«, antwortete ich, diesmal ganz ehrlich und ohne jede Übertreibung. »Ich habe ihn geliebt.«
    Â»Du musst das so sehen«, sagte Papa nach einer Weile,»du und Gento, ihr hattet eine wunderschöne Zeit. Wie viele Menschen haben schon das Glück, ein solches Pferd zu erleben? Nun haben sich eure Wege getrennt. Wenn der Schmerz vorbei ist, bist du ein kleines Stückchen erwachsener geworden. Ein bisschen ist von dir gestorben, aber da wartet ganz sicher schon etwas Neues. Jeder Abschied ist schwer, doch es geht immer weiter …«
    Ich stieß einen tiefen Seufzer aus.
    Â»Ich glaube, mir geht es schon wieder etwas besser«, sagte ich. »Gento ist ja auch nicht tot. Sein neuer Besitzer hat mich eingeladen, ihn jederzeit besuchen zu kommen. Er hat mir sogar seine Adresse und Telefonnummer gegeben.«
    Â»Na, siehst du.« Papa lächelte und strich mir über die zerzausten Haare. »Am Freitag fahren wir nach Frankreich. Wenn du wiederkommst, sieht alles etwas anders aus. Und dann besuchen wir Gento mal. Einverstanden?«
    Â»Ja.« Ich versuchte ein Lächeln. »Danke, Papa. Aber in den Reitstall gehe ich trotzdem nie mehr.«
    Â»Na, da schauen wir mal.« Papa stand auf. »Und jetzt iss dein Brot, damit du mir hier nicht verhungerst.«

Am Freitagmorgen um sechs Uhr brachen wir nach Frankreich auf. Cathrin, Florian und ich fuhren mit Papa im Mercedes vorneweg, Mama folgte uns mit Phil, unserem Hund Alissa und der Rückbank voller Gepäck im Passat. Solange ich mich erinnern konnte, machten wir im Sommer vier Wochen Urlaub auf der Insel Noirmoutier an der Westküste Frankreichs. Papa nahm seinen Urlaub am liebsten an einem Stück, denn er war der Überzeugung, dass er mindestens vier Wochen brauchte, um sich richtig zu erholen. Diese Erholung musste dann auch für das ganze folgende Jahr anhalten, da wir weder an Weihnachten noch an Ostern wegfuhren.
    Ich hatte einen Haufen Bücher eingepackt, die Reitsachen jedoch zu Hause gelassen. Von Pferden wollte ich in diesem Sommer nichts mehr sehen. Nachdem Gento abgeholt worden war, hatte ich den Reitstall nicht mehr betreten. Gento war weg – was sollte ich also dort?
    Papa und Mama wollten es sich und uns Kindern nicht zumuten, eintausenddreihundert Kilometer an einem Stück zu fahren, deshalb übernachteten wir am Abend wie in jedem Jahr bei Freunden in der Nähe von Orléans, um am nächsten Tag die restliche Strecke in Angriff zu nehmen.
    Natürlich konnten es Papa und Mama auch in den Ferien nicht lassen, uns mit Kultur vollzustopfen. Diesmal stand das Schloss Chambord auf dem Programm, das größte und prächtigste aller Loire-Schlösser mit seinen vielen weißen Türmen inmitten von sattgrünen Rasenflächen. Im Strom der Touristen liefen wir durch das gewaltige Schloss, während Papa und Mama, beide wandelnde Reiseführer, uns alles Wissenswerte erzählten. Besonders faszinierte uns die ungewöhnliche Schraubentreppe im Herzen des Schlosses. Sie bestand eigentlich aus zwei übereinandergebauten Treppen, die man rauf- oder runtergehen konnte, ohne sich dabei jemals zu begegnen.
    Das fand sogar mein Bruder Phil so cool, dass er für einen Moment seinen iPod ausschaltete.
    Â»Hier würde ich gerne wohnen!«, rief ich begeistert, als wir im Zimmer der Königin im ersten Stock standen. Aus dem Fenster hatte man einen wunderbaren Blick über die weiten Rasenflächen zum Fluss und dem dahinterliegenden Wald mit seinen breiten Alleen.
    Â»Es muss einfach herrlich sein, frühmorgens durch den Nebel zu galoppieren«, schwärmte ich und sah mich in meiner Fantasie auf einem schneeweißen Schimmelhengst auf das Schloss zusprengen.
    Â»Ich denke, du willst in deinem ganzen Leben nie wieder reiten«, erinnerte mich Cathrin mit typischer Kleine-Schwestern-Logik.
    Â»Das geht dich nichts an«, erwiderte ich. Obwohl ich mir geschworen hatte, nie mehr ein Pferd auch

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