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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Stehlampe, die bunten Häkelkissen auf den Stühlen, das durchgesessene Sofa und das schmiedeeiserne Wappen der Region über dem offenen Kamin. Die schlimmsten Hässlichkeiten verstaute Mama für die nächsten vier Wochen in einer Holztruhe im Flur, nachdem sie eine lange Einkaufsliste geschrieben hatte. Im Urlaub übernahm Papa das Einkaufen und brach mit Flori zu seinem bevorzugten Supermarkt auf. Phil, Cathrin und ich schleppten unsere Sachen hoch in den Turm.
    Â»Nur zu deiner Information«, warnte ich meinen Bruder, »Cathrin und ich schlafen diesmal im vorderen Zimmer. Ihr wart letztes Jahr hier drin.«
    Â»Wer zuerst kommt …« Phil schleuderte grinsend seine Tasche auf das Bett im begehrteren Zimmer und versuchte, uns die Tür zu verbauen.
    Â»Los, raus hier!« Ich zerrte an seinem Arm. Es gab ein kurzes Gerangel, aber schließlich musste sich unser großer Bruder der weiblichen Übermacht geschlagen geben.
    Â»Blöde Kühe«, murmelte er mürrisch und verzog sich.
    Eigentlich war es ziemlich egal, wer in welchem Zimmer schlief, denn wir verbrachten ohnehin die wenigste Zeit hier oben.
    Mama kam mit dem Bettzeug hoch, inspizierte kurz die Zimmer und das winzige Bad, dann bezogen wir unsere Betten. In jedem Zimmer stand ein breites französisches Bett. Cathrin und ich teilten uns das eine, Phil und Flori das andere Zimmer. Leider hatten die Seegrasmatratzen ihre besten Jahre lange hinter sich, sodass man unweigerlich in die Kuhle in der Mitte rutschte, aber das störte uns nicht.
    Cathrin öffnete das Fenster. Zusammen mühten wir uns mit den rostigen Haken ab, bis wir die Schlagläden aufklappen konnten. Die frische Luft vertrieb den muffigen Geruch und wir genossen den vertrauten Blick über die sonnenverbrannten Salzsümpfe und Kartoffeläcker.
    Â»Ich freue mich so auf den Strand und die Klippen!«, rief Cathrin und ließ sich rücklings auf das Bett fallen. »Vier Wochen – wie cool!«
    Ich hatte meine schlechte Laune in Bad Soden zurückgelassen.Noirmoutier war einfach schön. Ich freute mich auch.
    Papa und Flori kamen schwer bepackt vom Einkaufen zurück. Mama schlug vor, dass wir an den Strand gehen sollten, während sie das Abendessen vorbereitete. Begeistert rannten wir in unsere Zimmer und holten unsere Badesachen und Strandhandtücher. Papa kam natürlich auch mit. Es war sieben Uhr und der Strand leerte sich. Autos mit sonnenverbrannten Menschen, beladen mit Surfbrettern und Sonnenschirmen, kamen uns entgegen. Familien schleppten Kühltaschen, Schwimmtiere und Strandmatten. Wir schlugen den ersten Trampelpfad durch die Dünen ein. Irgendwann hatten wir diesen Weg den »Schneckenweg« getauft, weil es in einem Jahr dort besonders viele Schnecken gegeben hatte, die anderen Wege hatten auch familieninterne Spitznamen.
    Â»Ich seh das Meer!«, schrie Flori, der vorgerannt war.
    Â»Es riecht nach Meer und Sonne und trockenem Gras!« Cathrin schloss die Augen und breitete die Arme aus.
    Â»Und nach Hundescheiße«, ergänzte Phil trocken, als sie in einen riesigen Haufen trat.
    Wir lachten und Cathrin ärgerte sich.
    Â»Das ist nicht mehr der Schneckenweg, sondern der Scheißweg!«, krähte Flori, und da lachte Cathrin auch.
    Wenig später stürmten wir barfuß über den sonnenwarmen Sand die Dünen empor. Und dann lag er vor uns, herrlich und beinahe menschenleer – der wunderbare, unberührte Strand von Luzéronde, der sich in einem sanften,weiten Bogen bis zur Landspitze von L’Épine zog. Hier gab es keine Hotelburgen und Strandbars, keine Eisverkäufer und laute Jetskis, sondern nur Strand, Dünen und Meer. Im Innern der Bucht erhoben sich die Klippen aus dem Wasser, vor ihnen vertäut schaukelten ein paar Boote in der leichten Dünung. Ein Stück vor der Küste lag die kleine Leuchtturminsel Île du Pilier. Dahinter erstreckte sich der endlose Atlantik bis nach Amerika.
    Papa, Phil, Cathrin und Flori rannten los und sprangen ins Wasser, sie kreischten und lachten vor Begeisterung. Ich hatte mir fest vorgenommen, in diesem Jahr jeden Tag zu schwimmen, wenn ich schon nicht reiten würde. Aber ich kam nicht sehr weit. Das Wasser war so kalt, dass ich die Luft anhielt.
    Â»Komm rein, Lotte!«, rief Papa. »Wenn du erst mal drin bist, ist es herrlich!«
    Das behauptete er immer, aber ich wusste aus Erfahrung, dass es nicht viel

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