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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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die drei Frauen und zwei Mädchen, die am Austritt teilgenommen hatten, etwas genauer musterte, schöpfte ich wieder Mut. Keine von ihnen trug Reithosen oder Stiefel, sie waren in Jeans und Turnschuhen geritten und machten nicht den Eindruck, erfahrene Reiterinnen zu sein. Die Pferde mussten also ziemlich brav sein.
    Véroniques Mann Nicolas hatte den Ausritt geleitet. Er war groß und braun gebrannt und zündete sich eine Gauloisean, nachdem er die Zügel seines Pferdes dem älteren Mann in die Hand gedrückt und Papa und mich freundlich begrüßt hatte.
    Â»Wie lange reitest du schon, Charlotte?«, erkundigte sich Nicolas, genau wie zuvor seine Frau.
    Â»Drei Jahre«, wiederholte ich.
    Â»Bist du auch schon im Gelände geritten oder nur in der Reithalle, wie das in Deutschland leider oft üblich ist?« Nicolas betrachtete mich und der Blick aus seinen blauen Augen machte mich verlegen.
    Â»Nein, wir reiten auch auf dem Platz oder in den Wald«, piepste ich schüchtern und merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg.
    Â»Charlotte hat im letzten Jahr den Reiterpass bestanden und jetzt kann sie es kaum abwarten, am Strand entlangzugaloppieren«, erklärte Papa und ich fürchtete schon, er würde noch sagen, ich sei eine großartige Reiterin oder so etwas. Aber das tat er nicht und bald sprachen er und Nicolas Juneau über irgendein anderes Thema.
    Zeit genug, mich etwas umzusehen. Die Reiterinnen hatten ihre Pferde Véronique und dem älteren Mann einfach so überlassen und die beiden mussten alle fünf Pferde alleine absatteln. Ich nahm Véronique bereitwillig die Zügel eines Braunen und eines hellen Fuchses ab und durfte den Fuchs dann in seine Box bringen. Er hieß Kébia. Die Namen aller Pferde waren mit Kreide an die Boxentüren geschrieben. Welch klangvolle exotische Namen sie alle hatten, verglichen mit den fantasielosen Namen der Schulpferde zu Hause! Da gab es einen großen Schimmel namens Ibis desLandes, eine Fuchsstute hieß Hirondelle, ein knochiger Brauner Gosse d’Irlande. Caramel, Linotte, Jonquille, Le Zaza, Kébia, Erable, Brunette du Bois und Hélice. Der Schecke, der mir schon am ersten Tag am Strand aufgefallen war, hieß Lucky Luke. Vergessen war meine Sorge wegen der komischen Sättel.
    Â»Also, dann bis heute Abend um halb sechs«, sagte Nicolas und grinste mir zu. Und plötzlich konnte ich es kaum noch erwarten, dass der Tag herumging.

Um halb fünf radelte ich mit dem klapprigen Fahrrad, das in der Garage unseres Ferienhauses stand, die Landstraße entlang zum Club Hippique. Die Reitkappe baumelte an der Lenkstange und mir wurde ganz schön warm in Reithose und Stiefeln. Ich war gespannt, welches Pferd ich bei meinem allerersten Ausritt am Meer zugeteilt bekommen würde.
    Eine Viertelstunde später stellte ich das Fahrrad vor dem Büro des Clubs ab. Véronique und ihr Mann Nicolas waren da. Sie tranken trotz der Hitze Kaffee und überlegten gerade, wer welches Pferd beim abendlichen Ausritt reiten sollte.
    Â»Du kannst Caramel nehmen, Charlotte«, sagte Véronique, »er ist ganz brav.«
    Â»Wenn du möchtest, kannst du ihn schon mal putzen«, fügte Nicolas freundlich hinzu. »Cécile wird dir zeigen, wo Putz- und Sattelzeug sind.«
    Â»Wer ist Cécile?«, fragte ich.
    Â»Du kannst sie nicht übersehen.« Nicolas grinste. »Sie hat eine halbe Eisenwarenhandlung im Gesicht.«
    Ich kapierte nicht so ganz, was er gemeint hatte, aber wenig später verstand ich.
    Cécile war eine junge Frau etwa Anfang zwanzig mit kurzen dunklen Haaren und knallengen Jeans. Sie wäre richtig hübsch gewesen, wären da nicht unzählige Piercings an Augenbrauen, Nase und Unterlippe gewesen. Ich schauderte schon bei dem Gedanken daran, wie weh es getan haben musste, die ganzen Dinger zu stechen. So etwas wäre mir im Traum nicht eingefallen!
    Â»Salut«, begrüßte sie mich Kaugummi kauend. »Wen sollst du reiten?«
    Â»Caramel«, antwortete ich.
    Â»Okay.« Sie ging mit mir zur Sattelkammer, zeigte mir Sattel und Trense von Caramel und deutete auf eine Kiste, in der das Putzzeug in heillosem Durcheinander lag.
    Ich suchte mir einen Striegel, eine Wurzelbürste und eine halbwegs saubere Kardätsche heraus und war froh, nicht untätig warten zu müssen, denn ich war furchtbar aufgeregt. Jahrelang hatte ich darum gebettelt, auf

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