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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Noirmoutier reiten zu dürfen, nun war es endlich so weit! Den ganzen Nachmittag hatte ich Angst gehabt, ich würde einen Sonnenstich oder Durchfall oder irgendetwas anderes bekommen, das mich am Reiten hindern könnte. Auf einmal dachte ich an Dorothee. Vergessen war mein Verdacht, sie habe sich heimlich über Gentos Verkauf gefreut. Und auch den Reitabzeichenlehrgang hatte ich ihr längst verziehen. Schade, dass sie nicht hier war! Mit ihr zusammen wäre es noch viel lustiger!
    Caramel war ein mittelgroßer heller Fuchswallach mit einer flachsblonden Mähne und den gutmütigsten Augen der Welt. Sofort war er mein Lieblingspferd. Ich putzte und sattelteihn in der Box. Um Viertel vor sechs versammelten sich alle Teilnehmer des Ausritts im Hof vor den Stallungen. Außer mir sollten noch zwei junge Frauen, ein Mann und seine rothaarige Freundin in Chinos und Mokassins mitreiten. Die beiden konnten nicht einmal ihre Pferde selbst satteln.
    Â»Charlotte.« Véronique kam zu mir herüber. »Würde es dir etwas ausmachen, Brunette zu reiten? Ich glaube, es ist besser, wenn die Dame Caramel reitet.«
    Sie nickte mit dem Kopf unauffällig in Richtung der rothaarigen Mokassinträgerin. Ich schluckte. Brunette sah ein ganzes Stück temperamentvoller aus als der brave Caramel.
    Â»Okay.« Ich zuckte mit den Schultern und reichte der Rothaarigen die Zügel meines Pferdes. Die braune Brunette legte die Ohren an und knirschte ärgerlich mit den Zähnen, als Cécile nun den Sattelgurt festzog.
    Â»Sie ist manchmal ein bisschen stur im Maul«, erklärte Cécile mir. »Und sie galoppiert sehr gerne. Immerhin ist sie ja ein Vollblut. Aber sonst ist sie okay.«
    Die Stute erinnerte mich auf eine unangenehme Weise an Hanko, das Schulpferd aus dem Reitstall, das ich am wenigsten mochte. Auf einmal hatte ich Angst, doch die anderen Reiter saßen schon im Sattel und warteten nur noch auf mich. Ich konnte Véronique unmöglich jetzt noch um ein anderes Pferd bitten. Alle würden mich für einen Feigling halten!
    Â»Allez hopp!«, rief Nicolas gut gelaunt, und ich schwang mich mit einem stillen Stoßgebet in den Sattel von Brünette. Die Stute machte einen Satz zur Seite, bevor ich den rechten Fuß in den Steigbügel stecken konnte, und ich verlorbeinahe das Gleichgewicht. Hoffentlich war das kein schlechtes Omen!
    Wir ritten hintereinanderher durch die Wohnsiedlung. Die Hufe der Pferde klapperten auf dem Asphalt, doch die Leute, die in ihren Gärten oder auf den Terrassen ihrer Häuschen saßen, nahmen keine Notiz von uns, sie waren es gewohnt, dass täglich mehrfach Pferde vorbeikamen.
    Beim Wasserturm überquerten wir die Landstraße und ritten an der chèvrerie vorbei. Dutzende von Ziegen knabberten hinter einem anderthalb Meter hohen rostigen Maschendraht an dem trockenen, salzigen Gras. Direkt hinter den lang gestreckten flachen Gebäuden, in denen aus der Milch der Ziegen der landestypische Ziegenkäse hergestellt wurde, begannen die Marais salants. Die Salzsümpfe bedeckten einen Großteil der Insel, denn die kargen Böden eigneten sich nicht für die Landwirtschaft. Im Frühjahr wurde durch die vielen Kanäle Meerwasser in die flachen Becken geleitet. Im Laufe des Sommers ließ die Sonne das Wasser verdunsten, zurück blieb das grobkörnige Salz, das kunstvoll zu großen Haufen aufgeschichtet und in Tüten abgefüllt wurde, um als begehrtes »Fleur de Sel« in die ganze Welt zu gelangen.
    Â»Wir traben an!«, rief Véronique plötzlich.
    Siedend heiß fiel mir ein, dass ich noch nicht nachgegurtet hatte! »Un instant!«, rief ich und bemühte mich verzweifelt, den Gurt enger zu ziehen. Brunette tänzelte. Immer wieder glitten mir die Gurtstrippen durch die schweißnassen Finger. Ich benahm mich wirklich wie ein blutiger Anfänger.
    Â»Soll ich dir helfen?« Nicolas lenkte sein Pferd neben meine Stute.
    Â»Danke, es geht schon«, erwiderte ich mit hochrotem Kopf und nahm die Zügel auf. Nun ging es los im Trab. Der Sattel war sehr ungewohnt. Die Sitzfläche fühlte sich bretthart an und wie ich befürchtet hatte, gab es keine Kniepauschen, die etwas mehr Halt gegeben hätten. Wir trabten die schmalen Wege zwischen den ausgetrockneten Salzbecken entlang. Die Pferde wirbelten mit ihren Hufen den Staub auf. Hier und da döste eine Kuh oder ein altes Pferd auf einer

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