Charlston Girl
Sie nicht eine Suppe bestellt? Verzeihung?«
Plötzlich bemerke ich den Kellner, der mit Suppe und Brot an meinem Tisch steht. Ich habe keine Ahnung, wie lange er da schon wartet.
»Ach, ja«, sage ich und wende mich ihm zu. »Ja, danke.«
Der Kellner stellt meinen Teller ab, und ich nehme mir einen Löffel, kriege aber nichts runter. Ich bin fassungslos nach allem, was Josh da gesagt hat. Wie konnte er so empfinden und nie ein Wort darüber verlieren? Wenn ihn mein Singen unter der Dusche so genervt hat, wieso hat er denn nichts gesagt? Und was das Fotobuch angeht, hatte ich gedacht, er hätte es für sich selbst gekauft! Nicht für mich! Woher sollte ich denn wissen, dass es ihm so viel bedeutet?
»Okay!« Sadie hüpft heran und setzt sich mir gegenüber. »Das war doch ganz interessant. Jetzt weißt du, was alles schiefgelaufen ist. Was die Singerei angeht, muss ich ihm recht geben«, fügt sie hinzu. »Du bist in der Tat eher unmusikalisch.«
Hat sie denn überhaupt kein Mitgefühl?
»Na, danke.« Ich spreche mit leiser Stimme und starre düster in meine Suppe. »Weißt du, was das Schlimmste ist? Nichts davon hat er mir ins Gesicht gesagt. Rein gar nichts! Ich hätte was ändern können! Ich hätte doch was ändern können!« Ich fange an, ein Stück Brot zu zerkrümeln. »Hätte er mir doch nur eine Chance gelassen...«
»Wollen wir gehen?« Sadie klingt gelangweilt.
»Nein! Wir sind noch nicht fertig!« Ich hole tief Luft. »Geh und frag ihn, was er an mir mochte!«
»Was er an dir mochte?« Sadie wirft mir einen argwöhnischen Blick zu. »Bist du sicher, dass da was war?«
»Ja!«, fauche ich beleidigt. »Natürlich war da was! Mach schon!«
Sadie klappt den Mund auf, als wollte sie etwas sagen, dann zuckt sie mit den Schultern und macht sich wieder auf den Weg durchs Restaurant. Ich drücke meinen Ohrhörer fest und werfe einen Blick zu Josh hinüber. Er trinkt von seinem Wein und spießt mit einem Zahnstocher Oliven auf, während Marie redet.
»...drei Jahre sind eine lange Zeit.« Ich höre ihren Singsang durch das Rauschen und Knistern. »Und - ja - es ist mir schwergefallen, es zu beenden, aber er war nicht der Richtige, und ich habe es nie bereut und nie zurückgeblickt. Ich glaube, ich will damit sagen... Beziehungen enden, aber man muss weiterleben.« Sie nimmt einen Schluck Wein. »Weißt du, was ich meine?«
Josh nickt wie ein Automat, aber ich sehe, dass er kein Wort mitbekommen hat. Er hat so einen abwesenden Ausdruck im Gesicht und versucht, sich von Sadie abzuwenden, die kreischt: »Was mochtest du an Lara? Sag es!«
»Ich mochte ihre Energie«, haspelt er verzweifelt. »Und sie hatte dieses gewisse Etwas. Hatte immer irgendeine hübsche Kette um den Hals oder einen Bleistift in den Haaren oder so... Und sie hat nichts für selbstverständlich genommen. Weißt du, manche Frauen, für die tut man was, und schon meinen sie, sie hätten Anspruch darauf, aber das hat sie nie getan. Sie ist echt liebenswert. Erfrischend.«
»Sprechen wir zufällig wieder über deine Exfreundin?« In Maries Stimme liegt eine stählerne Schärfe, die selbst mich zusammenzucken lässt. Auch Josh scheint aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein.
»Scheiße! Marie. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich weiß nicht mal, wieso ich dauernd an sie denke.« Er wischt sich die Stirn und sieht dermaßen verzweifelt aus, dass ich fast Mitleid mit ihm bekomme.
»Wenn du mich fragst, bist du immer noch besessen von ihr«, sagt Marie knapp.
»Was?« Josh stößt ein erschrockenes Lachen aus. »Ich bin doch nicht besessen! Ich habe gar kein Interesse mehr an ihr!«
»Und wieso erzählst du mir dann, wie toll sie war?« Sprachlos beobachte ich, wie Marie ihre Serviette wegwirft, ihren Stuhl vom Tisch schiebt und aufsteht. »Ruf mich an, wenn du über sie hinweg bist.«
»Ich bin über sie hinweg!«, ruft Josh wütend. »Himmelarsch! Das ist doch lächerlich. Bis heute habe ich überhaupt nicht mehr an sie gedacht.« Er schiebt seinen Stuhl zurück, versucht, sie aufzuhalten. »Hör zu, Marie. Lara und ich hatten eine Beziehung. Die war okay, aber auch nicht toll. Und dann war sie vorbei. Ende der Geschichte.«
Marie schüttelt nur den Kopf.
»Deshalb fängst du ja auch alle fünf Minuten davon an.«
»Tu ich nicht!«, schreit Josh fast, und ein paar Leute an den umstehenden Tischen blicken auf. »Normalerweise nicht! Ich habe seit Wochen nicht von ihr gesprochen und auch nicht an sie gedacht! Ich
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