Charmant und unwiderstehlich
Ärztin.“
Margaret hatte Recht behalten. Melissas Ängste gehörten der Vergangenheit an.
Sie saß halb aufgerichtet im Bett und schaute sich ihr süßes Baby an. Annalises Duft stieg ihr in die Nase, und der sieben Pfund schwere Körper schmiegte sich an Melissas Brust. Sie war überglücklich.
Es war der Tag, an dem das Wunder geschehen war. Sie grinste von einem Ohr zum anderen. Die Gesichtsmuskulatur tat ihr direkt weh, so sehr musste sie grinsen. Aber es war nicht anders als mit den Wehen. Ein guter Schmerz.
Brad hatte Dr. Kantarian angerufen. Nur eine halbe Minute später hatte sie sich wieder zusammengekrampft. Endlich hatte sie begriffen, dass ihre Krämpfe tagsüber Wehen gewesen waren. Sie war zutiefst dankbar, dass Brad die ganze Zeit über bei ihr geblieben war. Er war die Ruhe selbst und hatte sie nach Kräften unterstützt. Auf dem Weg in die Klinik war er für einen Augenblick lang nervös geworden, als die Wehen urplötzlich nicht mehr im Abstand von zwei Minuten, sondern von dreißig Sekunden gekommen waren.
Jetzt saß Brad neben ihrem Bett. Sie schaute ihn an und lächelte. „Wie gut, dass Hunter uns mit der Sirene freie Fahrt verschafft hat“, meinte sie.
„Ja. Was für ein Glück, dass er uns rechtzeitig entdeckt hat. Wenn wir noch ein paar Mal an einer roten Ampel hätten warten müssen, wäre die Sache vielleicht nicht so glimpflich ausgegangen. Ich mag gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn ich Annalise hätte entbinden müssen. Fünf Minuten länger, und ich…“
„Du lieber Himmel, ich mag gar nicht daran denken, dass mir unten im Foyer die Fruchtblase geplatzt ist.“
Brad lachte auf. „Lissa, du wirst schon wieder purpurrot.“
„Lach nur. Ich frage mich, wie du das wohl ertragen hättest. In aller Öffentlichkeit.“
„Es stand nur eine alte Frau an der Information. Das zählt nicht als Öffentlichkeit“, widersprach Brad, beugte sich vor und strich dem Baby zärtlich über die weiche Wange. „Du hattest es eben eilig, dein Leben zu beginnen, kleine Annalise. Dabei haben deine Mutter und ich so viel geübt. Und trotzdem hätte Uncle Brad beinahe alles verpasst. Und du bist das schönste Baby, das ich jemals gesehen habe, Annalise. Ganz die Mutter.“
„Ja, sie sieht tatsächlich aus wie meine Mutter“, meinte Melissa verwundert.
Insgeheim hoffte sie, dass Brad nicht enttäuscht war, weil das Kind seinem Bruder nicht ähnlich sah.
„Wie gut, dass sie Gary nicht ähnlich sieht“, sagte Brad unvermittelt und lachte leise. „Wenn du wüsstest, was er für ein hässliches Baby war.“ Jemand riss die Tür auf. „Okay, Dad. Die zwei brauchen jetzt dringend Ruhe“, sagte die resolute Krankenschwester, eilte schnurstracks zum Fenster und schloss die Jalousien. Auf dem Rückweg warf sie die Handtücher und Nachthemden aus dem Klinikbestand in einen rollenden Wäschewagen.
Melissa machte den Mund auf und wollte die Unterstellung der Schwester korrigieren, aber Brad schüttelte den Kopf. „Nein“, flüsterte er und lehnte sich dicht an sie. „Lass uns einfach so tun, als ob. Nur für einen Moment.“ Er küsste Annalise vorsichtig auf die Stirn und gab Melissa dann einen leidenschaftlichen Abschiedskuss. „Bis später, Lissa.“ Fröhlich pfeifend verließ er das Zimmer.
Noch ein Wunder war geschehen. Brad Costain pfiff vor Freude!
Oder zwei. Jeder Kuss von Brad zählte als kleines Wunder.
Oder sogar drei? Dachte Brad etwa über eine gemeinsame Zukunft mit Melissa nach?
Wie aus weiter Ferne nahm Brad das Telefonklingeln wahr. Verschlafen rollte er sich an die Bettkante und schaute auf die Uhr. Viertel vor zwölf. Es war dunkel.
Also musste es mitten in der Nacht sein. Wer ruft so spät noch an? fragte er sich.
Plötzlich erinnerte er sich, dass Annalise geboren worden war. War dem Baby irgendetwas zugestoßen? Oder Melissa?
„Hallo?“ sprach er nervös in den Hörer.
„Du bist also noch am Leben.“ Die kalte Stimme seines Vaters drang an sein Ohr.
Brad setzte sich auf und zwang sich mühsam zur Ruhe. Melissa und Annalise fehlt nichts, beschwichtigte er sich. „Du weißt, dass ich für einige Monate Urlaub genommen habe. Man wird es dir berichtet haben.“
„Du bist von einem Augenblick auf den anderen verschwunden. Was ist mit deinen Mandanten?“
„Ich habe mit ihnen gesprochen. Und ich habe detaillierte Anweisungen hinterlassen“, erklärte Brad und gab sich alle erdenkliche Mühe, gelangweilt zu klingen. „Mag sein, dass du der
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