Charons Klaue
diesmal ziemlich erschüttert hatte; das las sie in seinen Augen.
Jenen hasserfüllten Augen.
So benommen und wütend er auch war, der Tiefling wusste sich dennoch zu verteidigen und wehrte mit seinem Schwert jeden Stoß von Kozahs Nadel ab.
»Dein Drow-Freund ist tot!«, lachte er irgendwann, doch hinter dem aufgesetzten Grinsen erkannte Dahlia die schmerzverzerrte Grimasse.
Sie nahm seine Worte kaum zur Kenntnis. Was kümmerte es sie?
Jetzt und hier zählte nur ihre Mutter. Endlich konnte sie Rache üben.
Ihr Bauch glühte, und eigentlich hätten ihre Arme vor Erschöpfung taub sein müssen, so unerbittlich hatte sie angegriffen.
Aber sie kämpfte weiter und ignorierte Schmerzen und Müdigkeit.
Der Panther war vor Schmerz wie von Sinnen, und einer der schwarzen Pfeile war mit kleinen Kreaturen geladen gewesen. Guenhwyvar schlug erbost nach den Spinnen, die sich unter ihre Haut bohrten und wieder daraus hervorkrochen.
Wie wahnsinnig rollte sie sich herum und kratzte sich mit dem Hinterbein so heftig an der Schulter, dass sie ihre eigene Haut aufriss.
»Guen!«, hörte sie von weit weg eine flehentliche Stimme. »Guen, ich brauche dich!«
Dieser Ruf ließ Guenhwyvar zu sich kommen. Die vertraute, geliebte Stimme drang so weit durch ihre Schmerzen und ihre Verwirrung, dass sie das nächste magische Geschoss kommen sah.
Guenhwyvar sprang in hohem Bogen darüber hinweg und stürzte sich von oben auf den Urheber ihrer Qualen, den verkrüppelten Nekromanten.
Sie war der Inbegriff eines Panthers, ein Jäger, ursprünglich und unverfälscht, und sie kannte den Ausdruck, den ihre Beute aufsetzte, wenn ihr Ende nahte.
Dieser Tiefling sah nicht so aus.
Als Guenhwyvar auf ihn herabfuhr, sank er zu Boden, als wäre seine Gestalt flach wie ein Todesalb geworden, und er schlüpfte zwischen die Ritzen der Pflastersteine.
Guenhwyvar landete unsanft und scharrte mit ihren Pranken über die Steine. Wütend fuhr sie herum und sah, wie der Zauberer etliche Schritte weiter wieder erschien. Ihre Beine rasten über die Steine, während sie ihm erneut nachsetzte.
Ein weiterer schmerzhafter Pfeil flog auf sie zu und entriss dem Panther ein Brüllen, und wieder verschwand der drahtige Zauberer in den Ritzen, gerade bevor die tödlichen Krallen ihn packen konnten.
Guenhwyvars Klauen kratzten über das Pflaster, und sie warf sich herum. Wo war ihre Beute? Diesmal brauchte sie zu lange, bis sie ihn entdeckt hatte, und wurde von einem stärkeren magischen Angriff erwischt.
Halb verrückt vor Schmerz, von dem Brennen und dem Krabbeln unter der Haut sprang der Panther los und zwang den Zauberer wieder in den Boden.
Guenhwyvar vernahm einen verzweifelten Schrei und wusste, dass er von Drizzt stammte.
Aber sie konnte sich nicht von diesem gefährlichen Zauberer abwenden. Das würde ihren geliebten Herrn dem Untergang weihen.
Inzwischen hing ihr Fell in Fetzen, aber sie sprang wieder los, landete, orientierte sich keuchend neu, blieb aber sprungbereit.
Das war die Gelegenheit, doch Drizzt nutzte sie nicht.
Er war sich nicht sicher, welcher Instinkt oder Impuls seine Hand zurückhielt. Dahlia brauchte ihn, und alles, was zwischen ihm und ihr stand, war sein alter Feind, Artemis Entreri, der ihn eben auf dieser Brücke wieder einmal verraten hatte.
Seine Worte hatten den Meuchelmörder aufgehalten. Einen Augenblick hatte er gegen Klaues Einflüsterungen angekämpft, und in dieser Pause war er angreifbar gewesen.
Aber Drizzt tötete ihn nicht.
Stattdessen sprang er auf die andere Seite, rollte sich ab und hob seinen verlorenen Säbel wieder auf.
Als er hochkam, war er bereit, auch wenn sein linker Arm noch immer blutend und brennend an seiner Seite hing.
Trotzdem konnte der Drow Entreris Folgeangriff mit Schwert und Dolch abwehren. Der Augenblick der Hoffnung war verstrichen, und Entreri hatte sein Ringen mit Charons Klaue verloren.
Jetzt kämpfte Artemis Entreri mit Inbrunst, und Drizzt musste seinen Schmerz grollend ignorieren und die Schläge erwidern. Noch einmal hörte er das Lied, das sie beide nie wieder erwartet hatten: das unablässige Klirren von Metall auf Metall, mit dem zwei tollkühne Krieger wie schon so oft zu einem langwierigen, sich windenden Tanz übergingen.
Mit aller Kraft drehte sie beide Arme, und da beide Hände weit unten an Kozahs Nadel ruhten, begann das obere Ende sich immer schneller zu drehen. Sie wollte Alegni dazu verlocken, mit ihr Schritt zu halten, und stach immer wieder zu, wobei der
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