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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gewollt, ein Zustand, den die ansässigen Gruppierungen durchgesetzt hatten. Eine heimische Ökologie gab es nicht. Das Innere des Habitats war luftleer bis auf winzige Gasspuren, und jeder Quadratzoll der Wände war mit hermetisch versiegelten, fensterlosen Kästen besetzt, die durch ein Gedärm von Transitröhren miteinander verbunden waren. Die schwach leuchtenden Röhren bildeten die einzige Lichtquelle, und das besagte nicht viel – wären meine Augen nicht biologisch aufgerüstet worden, ich hätte wahrscheinlich die Hand nicht vor den Augen gesehen.
    Dennoch lag eine kaum zu bändigende Energie in der Luft; ein ständiges, unterschwelliges Grollen, das einem in alle Knochen kroch. Die Galerie, auf der wir uns befanden, war luftdicht mit Glas verkleidet, dennoch hatte ich das Gefühl, in der Ecke eines riesigen, düsteren Turbinenraums zu stehen, in dem alle Generatoren auf Hochtouren liefen.
    Reivich hatte den Sicherheitsdienst von Refugium unter der Bedingung ermächtigt, mich einreisen zu lassen, dass unsere ganze Gruppe zu ihm gebracht würde. Ich hatte meine Bedenken – fühlte mich zu wenig Herr der Lage –, aber wir hatten nun wirklich keine andere Wahl, als uns Reivichs Wünschen zu fügen. Die Jagd endete hier – in seinem Revier. Und wie durch Zauberei war plötzlich nicht mehr Reivich das Wild.
    Vielleicht war es Tanner.
    Vielleicht aber auch ich.
    Refugium war so klein, dass man im Innern ohne große Mühe zu Fuß von einem Ende zum anderen gehen konnte; ein Umstand, der durch die relativ schwache, durch langsame Rotation erzeugte künstliche Schwerkraft noch begünstigt wurde. Man führte uns in einen der Verbindungstunnel: eine drei Meter breite Röhre aus dickem Rauchglas, unterteilt mit gläsernen Irisblenden, die sich öffneten und schlossen, um uns passieren zu lassen und uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir wie ein Bissen durch eine Speiseröhre geschoben wurden. Der Gang wand sich um die Hauptachse der Spindel herum. Die Schwerkraft verstärkte sich, je weiter wir uns von der Endkappe entfernten, kam aber nie auch nur in die Nähe von einem Ge. Zu beiden Seiten ragten Refugiums schwarze Kästen auf wie Felswände bei Nacht, nichts wies darauf hin, dass das Habitat bewohnt war. Tatsächlich bestand seine Klientel aus Menschen, die selbst unter ihresgleichen darauf pochten, dass ihre Privatsphäre gewahrt blieb.
    »Hat Reivich schon ein Mapping von sich anfertigen lassen?«, fragte ich. Die Frage lag nahe, nur war sie mir bisher noch nicht in den Sinn gekommen. »Dazu ist er doch schließlich hier.«
    »Noch nicht«, antwortete Quirrenbach. »Zuvor müssen alle möglichen physiologischen Tests durchgeführt werden, um das Verfahren zu optimieren – chemischer Aufbau der Zellmembran, Eigenschaften der Neurotransmitter, Struktur der Glialzellen, Blutvolumen im Gehirn und so weiter. Es gibt nämlich nur einen Versuch.«
    »Reivich lässt sich auf einen destruktiven Voll-Scan ein?«
    »Mehr oder weniger. Bei dem Verfahren bekommt man angeblich immer noch die beste Auflösung.«
    »Wenn der Scan abgeschlossen ist, kann ihn jemand wie Tanner gar nicht mehr irritieren.«
    »Es sei denn, Tanner folgt ihm.«
    Ich lachte – doch dann begriff ich, dass Quirrenbach nicht scherzte.
    »Was glaubst du, wo Tanner jetzt ist?«, fragte Zebra. Sie ging links von mir, ihre Absätze klapperten auf dem Boden, ihr künstlich verlängerter Körper spiegelte sich in den blanken Glaswänden wie eine blitzende Schere.
    »Reivich hat ihn sicher irgendwo unter Aufsicht«, sagte ich. »Hoffentlich zusammen mit Amelia.«
    »Kann man ihr wirklich trauen?«
    »Sie ist vielleicht der einzige Mensch, der bisher noch keinen von uns verraten hat«, sagte ich. »Jedenfalls nicht mit Absicht. Aber eines steht für mich fest. Tanner schleppt sie nur so lange mit sich herum, wie sie ihm nützlich ist. Sobald sie ihren Wert verliert – und das könnte schon bald der Fall sein –, schwebt sie in größter Gefahr.«
    »Sind Sie etwa hergekommen, um sie zu retten?«, fragte Chanterelle.
    Ich wollte die Frage schon bejahen; wollte die letzten Reste meiner Selbstachtung zusammenkratzen und so tun, als wäre ich ein Mensch, der nicht nur zu Gemeinheiten fähig war. Womöglich wäre es nicht einmal ganz falsch gewesen – vielleicht war ich tatsächlich zum nicht geringen Teil ihretwegen hier, obwohl ich genau wusste, dass ich damit Tanner in die Hände spielte. Aber sie war nicht der wichtigste Grund, und ich hatte einfach

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