Cheffe versenken (German Edition)
Autoschlüssel aus der Tasche, schloss den Jaguar auf und ließ mich erschöpft auf den Sitz fallen.
Müde kurbelte ich die Fensterscheibe herunter und ließ den Wagen an. Endlich frei, nichts wie weg, dachte ich, als ich den Rückwärtsgang einlegte und Gas gab.
Ich hörte nur ein dumpfes Pochen und dann ein Klatschen auf dem Kofferraum und bremste. Im Rückspiegel konnte ich nichts sehen, doch ich wusste, ich war gegen irgendetwas gefahren, und sprang aus dem Auto. Augenblicklich wurde mir schwarz vor Augen, dann hörte ich noch ein wallendes Rauschen im Kopf. Stille.
»Hallo, Fräulein Gellert!«
Patsch, patsch.
Zuerst sah ich blauen Himmel und Ahornblätter, die im Wind schaukelten. Dann schob sich Bernold Bellersens rotes, querformatiges Gesicht ins Bild.
Patsch, patsch, patsch. Noch mal watschte er mich links und rechts.
»Was ist denn hier los?«, brüllte er. »Kaum sind Sie hier, schon fahren Sie unsere beste Frau über den Haufen.«
Ich wollte mich aufrappeln, doch Bellersen drückte mich wieder zu Boden.
»Schön liegen bleiben. Ich muss mich auch um die andere Verletzte kümmern.«
»Aua, was ist denn das für ein Scheiß?«, hörte ich eine vertraute Stimme hinter dem Auto blöken.
»Das tut so weh. Ich kann nicht auftreten.«
Vorsichtshalber blieb ich liegen und schielte unter dem Bauch des Jaguars hindurch. Diese Absätze und die dazugehörige Stimme kannte ich.
»Komm, ich helf dir, Yvonne«, rief Bellersen bemüht und eilte um den Wagen herum. »Ich musste erst mal Fräulein Gellert wiederbeleben.«
»Wen? Trixi Gellert? Die hat mich umgemangelt? Mit diesem Schlitten?«
Yvonne Strowe hielt kurz inne und humpelte dann hinter dem Auto hervor. Ich rührte mich nicht und schloss vorsorglich die Augen.
Patsch, patsch.
»Wieso fährt diese magere Aushilfstippse einen Jaguar?«, blaffte sie Bellersen an. »Soll ich dir mal was verraten, Bernold? Erst ist sie heute zu spät zum Dienst erschienen, angeblich, weil sie einen Fahrradunfall hatte, aber wie du siehst, fährt sie gar nicht Fahrrad. Stattdessen kutschiert sie eine stattliche Limousine. Und später sollte sie mir einen Pressetext abnehmen, hielt es dann aber nicht für nötig, sich die Arbeit abzuholen.«
Doppelter Bockmist, das hatte ich ganz vergessen. Die lahmende Miss Piggy schäumte vor Wut, und der sonst so dominante Bellersen schien verwirrt.
»Beruhig dich, Yvonne, du bist ja völlig durcheinander.«
»Ich bin nicht durcheinander, höchstens mein Bein. Der Knochen ist durch, wetten? Die kann sich auf was gefasst machen. Das schwör ich dir!«
Besser konnte der Tag nicht werden. Mieser Job, irre Stalker und eine unerfreuliche Kollision. Ich wünschte Yvonne Strowe die Schweinepest an den Hals – oder besser noch die Maul- und Klauenseuche.
Bellersen stützte Yvonne und schaute kopfschüttelnd auf mich herab. Na, vielen Dank für die Hilfe. Wer war denn hier ohnmächtig geworden?
Ich bleibe gern noch ein Stündchen hier unten liegen, überlegte ich und drehte meinen Kopf demonstrativ zur Seite. Jetzt erkannte ich das nächste Paar Schuhe, das die Treppe herunterkam. Es lief direkt auf uns zu.
»Alan«, kreischte Yvonne. »Ich wurde angefahren, von diesem Riesentrampel Trixi. Tu doch was!«
Vielleicht sollte ich mich unter den Wagen rollen, bevor sie sich auf mich stürzte.
Alan rannte um das Auto herum und schaute erschrocken zu mir herunter, dann auf den Jaguar, dann wieder zu mir.
»Herr Tivendale, bitte kümmern Sie sich um Fräulein Gellert. Ich übernehme Frau Strowe. Komm, Yvonne, bevor du zum Arzt gehst, sollte Powalowski sich das Bein ansehen. Mit dem kleinen Schwächeanfall von unserer jungen Kollegin wird Tivendale wohl noch fertig.«
Laut zeternd hoppelte Yvonne, auf Bellersens Arm gestützt, die Stufen zum Verlag hinauf.
»Nicht schlecht, dich zweimal an einem Tag zu verarzten. Brauchst du häufiger Erste Hilfe?«, fragte Alan, beugte sich zu mir hinunter und strich mir über die Stirn.
Ich hatte sicherlich kein Fieber, aber mein Kopf, mein Bauch und einige andere Körperstellen fühlten sich trotzdem heiß an.
»Nein, danke. Ich habe einfach nur Hunger.«
Langsam stand ich auf und zupfte Kleidung und Frisur zurecht.
»Ich fahr dann mal nach Hause.«
»Kommt nicht in Frage!«
Alan sah mich durchdringend an. Bitte nicht, gleich würde ich wieder dahinsinken.
»Du hast die Wahl: Entweder begibst du dich in die Powalowski’sche Wiederbelebungszentrale, oder ich bringe dich heim«, sagte er mit
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