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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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schwindlig vom raschen Drehen, Schütteln und Nicken, doch wenigstens konnte sie wieder sehen und frei atmen.  Bis auf den Ausschnitt hinter ihrem Rücken überblickte sie den gesamten Raum. Sie saß festgeschnürt auf einem großen, altmodischen Polstersessel, an einer fleckigen Wand stand eine grob gezimmerte Holzpritsche, darauf lag eine mottenzerfressene Decke. Ein Ungetüm von Eisenofen ergänzte die bescheidene Möblierung. Ein alter, abgewohnter Raum in einem alten, kühlen Haus.

76___
    Es dauerte fast zwei Stunden, bis sie wieder Schritte hörte. Vor ihrer Türe hielten sie an. Sie schwang auf, ein fremder Mann trat ein. Er mochte in ihrem Alter sein, mit halblangem, schwarzem Haar und einem knapp gestutzten Kinnbart. Ein schmales, scharf geschnittenes, südländisch bronzefarbenes Gesicht, vielleicht ein Araber. In seinen dunklen Augen blitzte Ärger, als er sah, dass sie ihren Kopf befreit hatte. Doch das dauerte nur einen kurzen Moment. Er näherte sich langsam und musterte sie vom Kopf bis zu den Füßen. Chiara wurde sich unter diesem Blick ihres bis zu den Strumpfrändern hochgerutschten Kleids unangenehm bewusst. Der Mann beugte sich vor und schob den Saum weiter hinauf. Er strich mit seiner rauen Hand scheinbar gleichgültig über die Innenseite ihrer Schenkel, dann fasste er sie direkt in den Schritt. Sie fühlte, wie sich seine Finger neben dem dünnen Stoff des Höschens einen Weg bahnten. Dabei war seiner Miene keine Regung abzulesen. Er sah ihr aus nächster Nähe starr und überheblich ins Gesicht, während er mit einem harten Ruck die Seide zerriss und erneut zugriff. Chiara überwand ihre Schocklähmung. Mit fester, klarer Stimme sagte sie drei der schlimmsten Schimpfwörter, die man einem Muslim über seine Familie, seine Mutter und seine Herkunft sagen kann. Danach spuckte sie ihm ins Gesicht, direkt in seinen Mund, den er gerade öffnete. Er machte einen Satz nach hinten, stolperte und taumelte rücklings gegen die Tür. Dort lehnte er einige Sekunden, nun selbst spuckend und hustend. Er stieß eine Reihe von Flüchen aus, die sie nicht verstand. In seinem zuvor so starren Gesicht flackerten Hass, Jähzorn und Rachsucht. Ein Messer tauchte in seiner Hand auf, langsam kam er wieder auf sie zu, den Kopf jetzt in dunkles Rot getaucht. Chiara schrie. Die Tür wurde erneut aufgestoßen und ein älterer Mann stürmte ins Zimmer. Auch er hatte südländische Züge, trug aber keinen Bart. Sein graues Haar war noch voll. Er erkannte die Situation und rief ein scharfes, kurzes Wort in einer fremden Sprache. Der Jüngere zögerte, dann richtete er sich aus seiner gespannten Haltung auf. Im Befehlston folgten weitere, ihr unverständliche Anweisungen. Das Messer verschwand. In Chiaras Richtung murmelte der Bärtige „Kleine Dreckshure!“, ehe er das Zimmer verließ.
    Der ältere Mann trat näher und bedeckte Chiaras Blöße mit dem Kleid. Plötzlich hielt auch er ein Messer in der Hand und wieder erstarrte sie innerlich. Doch er durchtrennte damit nur das Klebeband an ihren Füßen. Rasch schloss sie die Beine.
    „Was wollen Sie von uns?“ fragte sie. „Wo sind meine Freunde?“ Statt einer Antwort hob er nur die Schultern und stellte sich ans Fenster.
    „Warum sprechen Sie nicht mit mir?“
    Keine Reaktion.
    „Warum haben Sie mir geholfen?“
    Nun drehte er sich um und sah ihr ins Gesicht.
    „Ich habe eine Tochter.“
    Vielleicht sogar eine in Chiaras Alter, denn er war bestimmt über fünfzig. Er wies keine Ähnlichkeit mit den Männern auf, die sie seit Tagen verfolgten. Weder mit dem schwarzbärtigen Irren und seinen kriminellen Begleitern in Wien noch mit den Mitgliedern der Motorrad-Gang noch mit seinem jungen Komplizen, der ihr vorhin vermutlich die Kehle durchschneiden wollte, nur weil sie nicht damit einverstanden war, missbraucht und vergewaltigt zu werden. Er wirkte eher wie ein ganz gewöhnlicher Angestellter oder Freiberufler. Niemand, dem man es zutrauen würde, Menschen in eine Falle zu locken und zu verschleppen und Gott weiß was mit ihnen anzustellen.
    „Warum tun Sie das?“ fragte Chiara geradeheraus.
    Er musterte sie nervös und schien im Vorhinein zu wissen, dass sie seine Antwort nicht verstehen würde. Noch während er sprach, wandte er sich ab.
    „Es ist Gottes Wille.“
    „Das glauben Sie wirklich?“ fragte sie aufgebracht.
    Er sagte nichts mehr. Nach einigen Minuten kehrte der Jüngere zurück. Er stellte zwei Plastikeimer nieder und ging wieder. Gleich darauf

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