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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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brachte er noch zwei Eimer, die er auf die Pritsche stellte.
    „Dein Klo“, sagte er mit gehässigem Unterton. „Und Wasser.“
    Aus einer Tasche zog er einen Plastiksack und warf ihn ebenfalls auf die Pritsche. Er nahm die anderen Eimer zur Hand und begann ihren Inhalt in einem breiten Halbkreis vor der Tür zu entleeren. Chiara erkannte ein Gemisch aus Glasscherben und scharfkantigen Metallsplittern, die schließlich wie ein Minengürtel zwischen der Türe und dem Rest des Zimmers lagen. Der Ältere bückte sich, streifte ihr die Schuhe von den Füßen und warf sie in einen der leeren Eimer. Er löste den Gurt um ihren Oberkörper und rollte ihn sorgfältig auf. Schließlich befreite er sie auch von ihren Handschellen. Ohne ein weiteres Wort oder einen Blick verließen beide das Zimmer. Ihre Schritte auf den Scherben knirschten grässlich. Ein Schlüssel drehte sich zweimal im Schloss. Chiara war wieder allein. Barfuß, um eine widerliche Erfahrung reicher, aber unverletzt. Sie stand auf und begann den Raum gründlich zu erkunden. Den Scherbenstreifen nahm sie nicht sonderlich ernst. Der zielte eher auf ihre Psyche. Sollte ihr Angst machen. Mit der Decke oder der Pritsche konnte sie sich jederzeit einen Durchgang oder eine Brücke schaffen. Andererseits hatten ihre Bewacher nicht bedacht, dass sie ihr mit diesen Scherben eine Art Alarmanlage zur Verfügung stellten. Kein heimlicher Besucher würde sie im Schlaf überrumpeln. Vielleicht steckte dahinter sogar eine Absicht des älteren Mannes, der sie durch sein Eingreifen vor Schlimmerem bewahrt hatte.

77___
    Der Raum maß etwa sechs mal sechs Meter. Abgesehen von dem gepolsterten Sessel und der rohen Pritsche stand nur der monströse Eisenofen an der Wand. Daneben lagen in einem zerfallenen Karton Holzreste, die vom letzten Bewohner des Zimmers nicht mehr verheizt worden waren. Zwei kleine Fenster boten Ausblick auf eine grüne Mauer aus Zypressen, dahinter erstreckten sich Äcker und Wiesen, trostlos und leer. Vor den Fenstern waren schief und ungelenk querlaufende Bandeisen in die Stöcke geschraubt. Offenbar ganz frisch. Sie hatten sich sogar die Mühe gemacht, die Schlitze an den Schraubenköpfen zu zerstören. Das Holz der Fensterstöcke war kein Bisschen morsch. Dieser Fluchtweg fiel aus. Einer der beiden Eimer enthielt tatsächlich Wasser, im Plastiksack fanden sich Schokoriegel, zwei eingeschweißte Sandwiches, ein Dreierpäckchen mit Fruchtsaft. Immerhin sollten sie nicht sofort sterben, sonst hätten sich die Kidnapper diese Mühe erspart. Vielleicht war es aber auch nur die Geste eines Vaters, den Chiara an seine Tochter erinnerte.
    Sie wusste tief in ihrem Innersten, dass der jähzornige Typ zurück kommen würde. Und der Ältere würde sie nicht immer schützen können oder wollen. Für diesen Moment brauchte sie eine Waffe. Sie entleerte den Karton. Er enthielt Reste zersplitterter Bretter und klein gehackte Möbelteile. Keines davon schwer genug, um damit einen wütenden Mann zu stoppen. Nun nahm sie sich den Ofen vor. Ohne Werkzeug ließen sich die schweren gusseisernen Teile nicht lösen. Die Aschenlade fehlte. Sie kniete nieder und versuchte vergeblich, den Rost zu lockern. Dabei stieß sie auf etwas Spitzes, einen Nagel. Chiara kitzelte ihn aus dem Gitter. Ein langer, kräftiger, rußgeschwärzter Eisennagel, gerade und unbeschädigt. Er mochte einmal zwei Holzteile verbunden haben, die im Ofen verbrannt worden waren. Sie musterte ihre Sammlung an Bruchstücken. Ein rund gedrechselter, durchbohrter Griff fand sich darunter – der Halteknopf einer Tür oder Schublade. Sie konnte den Nagel mühelos durchstecken. Zu mühelos, er hatte zu viel Spielraum. Chiara entdeckte in dem verstreuten Abfall einige Drahtreste. So gut es ging, bog sie sie gerade und verwendete sie zum Ausfüttern des Lochs. Um zu verhindern, dass der Nagel gleich nach hinten gedrückt wurde, wenn er auf Widerstand stieß, setzte sie einige Blechschnipsel als Keile ein, die sie zwischen den Eisenstift und das harte Holz presste. Die scharfen Kanten der Ofentür nutzte sie als Werkzeug. Nach einer Stunde hatte sie schmutzige Hände und etliche kleine Kratzer, aber auch einen passablen Dorn mit fest sitzendem Griff – und dazu eine Vorstellung, wie sie ihn einsetzen würde, falls der jüngere Typ sich holen wollte, was ihm vorhin verwehrt worden war. Sie steckte sich das Haar hoch, um den Dorn in den aufgetürmten Locken zu verbergen. Dann inspizierte sie noch einmal ihre

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