Chicagoland Vampires 01 - Frisch gebissen
verschlossenen Türen, sicher hinter Holz und Stein und schwerttragenden Wachen.
»Ich muss los«, sagte ich, und er begleitete mich zur Tür.
»Glaubst du, Celina wird sich wegen des Vorfalls im Club bei dir melden?«
»Sie wird sich melden.« Als wir seine Bürotür erreichten, öffnete er sie und machte eine einladende Geste. »Vielen Dank für diese Information zu deinen … Eskapaden.«
Seine Wortwahl gefiel mir nicht, aber ich merkte, dass er die düstere Stimmung ein wenig aufhellen wollte, also grinste ich einfach nur. »Kein Problem. Vielen Dank für die Geschichtsstunde.«
Ethan nickte und meinte: »Wenn du nur den …«, doch ich hielt bereits die Hand hoch.
»Ich weiß. Man hat mir dringend geraten, den Kanon zu lesen. Ich werde ihn mir sofort schnappen, sobald ich zu Hause bin.«
Ich hielt zwei Finger an meine Augenbraue. »Pfadfinderehrenwort.«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich bin mir sicher, wenn du dich etwas anstrengen würdest, könntest du deinen Intellekt für etwas anderes als Sarkasmus nutzen.«
»Aber wo bliebe dann der Spaß?«
Ethan lehnte sich an den Türrahmen. »Mir ist klar, dass Gehorsam für dich ein Novum ist, aber ich fände es spannend. Gehorsam für dich ein Novum ist, aber ich fände es spannend. Du hast noch zwei Tage bis zur Aufnahmezeremonie, bis zu deinen Eiden. Du solltest die Zeit damit verbringen, dir über deine Loyalität klar zu werden.«
Das ließ mich innehalten, und ich drehte mich um, damit ich ihn ansehen konnte. Sein Blick ruhte auf mir. »Wenn ich eine von zwölf bin, hast du ihnen dann dieselben Vorträge gehalten wie mir? Dieselben Drohungen ausgesprochen? Sie angezweifelt?« Dasselbe Angebot gemacht?
Ich fragte mich, ob er mich anlügen, eine Rede über meine Pflichten halten und darauf hinweisen würde, dass er der Meister des Hauses war. Doch stattdessen sagte er: »Nein. Bei den anderen ist der Einsatz nicht so hoch. Sie sind Fußvolk, Merit.«
Als er nicht weitersprach, hakte ich nach: »Und ich bin …?«
»Kein Fußvolk.« Mit dieser rätselhaften Antwort ging er in sein Büro zurück und schloss die Tür hinter sich.
Als ich in Wicker Park ankam, war es fast Mitternacht.
Niemand war im Haus, und ich fragte mich, ob Mallory und Catcher nach ihrem Streit beim Abendessen eine Art Waffenstil stand geschlossen hatten. Ich hatte einen Bärenhunger, also machte ich mir ein Schinkensandwich, streute ein paar Tortillachips darauf, quetschte das Ganze in eine Serviette und trug es ins Wohnzimmer. Ich schaltete den Fernseher ein, um ein Hintergrundgeräusch zu haben – bedauerlicherweise lebte ich in Zeiten der Dauerverkaufssendungen, B-Movies und endlosen Wiederholungen –, und legte mir den Kanon in den Schoß.
Ich aß beim Lesen und verbrachte etwa eine Stunde mit dem ersten Kapitel, bevor ich mich dem zweiten »Deinem Lehnsherrn zu Diensten sein« widmete. Glücklicherweise hatte der Inhalt weniger mit ehelichen Pflichten zu tun, als die Kapitelüberschrift befürchten ließ. Wo das erste Kapitel eine Art Einführung in den Vampirismus bot, beschrieb das zweite ausführlicher die Pflichten eines Novizen – Treue, Loyalität und etwas, was das Buch als »Entgegenkommende Dankbarkeit« bezeichnete. Es war tatsächlich so traditionell und rückwärtsgewandt, wie nur Jane Austen es hätte ausdrücken können. Von mir wurde erwartet, Ethan meinen »Höflichen Respekt« zu erweisen, ihm also Respekt und Hochachtung entgegenzubringen und ganz allgemein all seinen Bitten und Forderungen Folge zu leisten, die er mich gnädigerweise erfüllen lassen wollte.
Ich kicherte, als mir das Ausmaß meiner fehlenden Ergebenheit klar wurde und wie sehr ich ihn damit wohl schockiert haben musste. Ich fragte mich ernsthaft, wann der Kanon das letzte Mal umfassend überarbeitet worden war? Anfang des achtzehnten Jahrhunderts?
Ich hatte gerade meine Serviette zusammengeknüllt und auf den Wohnzimmertisch geworfen, als es an der Tür klopfte.
Vielleicht hatte Mallory ihre Schlüssel vergessen, oder Ethan hatte sich eine Forderung ausgedacht, für die ich mich »entgegenkommend dankbar« zeigen musste, da seine »Ehrbare Person« sie gestellt hatte. Die Wachen vor der Tür hatten mich zu sorglos gemacht, und daher beging ich den Fehler, die Tür zu öffnen, ohne einen Blick durch den Spion zu werfen. Er schob einen schwarzen Stiefel in meine Tür, bevor ich sie vor ihm zuschlagen konnte.
»Es tut mir leid«, sagte er durch die schmale
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