Chicagoland Vampires 01 - Frisch gebissen
was die mittelalterliche Fantasie aus uns machte. Auf der linken Seite lag eine vollbusige Maid unter einem Baum. Über sie beugte sich die Karikatur eines männlichen Vampirs, dessen zentimeterlange Fangzähne entblößt und bereit zum Zubeißen waren. Der Vampir war von der Hüfte an aufwärts nackt, und er trug keine Schuhe. An seinen Fingern hatte das wilde Tier Krallen, seine Haare waren lang, dunkel und eklig. Am beeindruckendsten aber waren vermutlich seine Pferdefüße.
Unter dem Holzschnitt standen, kunstvoll geschrieben, die Worte: Fürchtet euch des Vampyr, dessen Gier die Tugendhaften verführet.
Doch der fleißige Bauer, der den ursprünglichen Schnitt hergestellt hatte, hatte nicht nur das Problem dargestellt – den Jungfrauen schändenden Vampir –, sondern auch eine Lösung. Auf der gegenüberliegenden Seite stand der Vampir allein da, seine Hände hinter einen Baum gebunden. Er war außerdem an den Fußgelenken und am Hals an den Baum gefesselt worden. Den Hals hatte man durchtrennt, und der Kopf neigte sich gefährlich zu einer Seite. Seine Organe ergossen sich aus einer klaffenden Wunde in seiner Magengegend. Sein Herz lag auf dem Boden neben ihm, von einem Holzpflock durchbohrt.
Das Schlimmste waren vermutlich seine Augen. Sie standen Das Schlimmste waren vermutlich seine Augen. Sie standen offen, und aus ihnen liefen Tränen. Seinen Blick hatte er auf etwas gerichtet, das sich außerhalb der Seite befand. Sein etwas gerichtet, das sich außerhalb der Seite befand. Sein Gesichtsausdruck spiegelte Entsetzen, Schmerz und Verlust wider. Dies war keine Karikatur. Es war ein Porträt, die Darstellung eines Vampirs im Todeskampf. Der Künstler, wenn man den Erschaffer einer so grausamen Darstellung so bezeichnen konnte, hatte wenig Mitleid für das Opfer gehabt.
Die Inschrift des Holzschnitts lautete: Erfreue dich des niedergestreckten Schreckens.
»Oh mein Gott!«, murmelte ich und zitterte plötzlich so sehr, dass das Buch in meinen Händen zu wackeln begann.
Ethan nahm es wieder an sich, schlug es zu und stellte es vorsichtig an seinen Platz zurück. Ich sah zu ihm auf. Sein ernster Gesichtsausdruck war wenig überraschend. »Wir sind nicht im Krieg«, sagte er.
»Nicht heute. Aber das kann sich jeden Moment ändern, also tun wir, was getan werden muss, um den Frieden zu wahren. Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, seine Freunde mit Vorsicht zu wählen und sie von unseren Feinden zu unterscheiden, und sicherzustellen, dass unsere Feinde wissen, wer unsere Freunde sind.«
Ich sann darüber nach, dass dies ziemlich genau Catchers Aussage entsprach, was die Vampir-Formwandler - Beziehungen anging. Es ergab durchaus Sinn, dass die Formwandler, für die ihre Anonymität wichtiger gewesen war, als bei dem Massaker an den Vampiren protestierend einzugreifen, bei den Häusern nicht gerade beliebt waren.
Es erklärte auch den Hang der Vampire, sich zusammenzuschließen, sich in Häusern zusammenzufinden, eindeutige Allianzen zu schmieden und Außenseiter mit Skepsis zu betrachten.
»Hast du solche …« – ich suchte nach dem passenden Wort – »Bestrafungen gesehen?«
»Nicht in dieser Form. Aber ich habe bei den Zweiten Säuberungen Freunde verloren und bin ihnen selbst nur knapp entkommen.«
Ich runzelte die Stirn und kaute an meiner Unterlippe. »Aber wenn das stimmt, war es dann eine gute Idee, eine Pressekonferenz abzuhalten? Unsere Existenz bekannt zu geben? Was hätten wir mit weiterer Anonymität riskiert?«
Ethan antwortete nicht, auch sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Er sah mich einfach an, als ob er mich dazu bringen wollte, eine Schlussfolgerung zu ziehen, die er selbst nicht wollte, eine Schlussfolgerung zu ziehen, die er selbst nicht aussprechen wollte.
Eines war klar: Uns zu outen hatte uns gegenüber den Menschen an die vorderste Front gebracht, gefährdete unser Überleben, selbst, wie mein Großvater es ausgedrückt hatte, in der Post-Harry-Potter-Ära. Bis jetzt hatten wir Glück gehabt – trotz Kongressanhörungen und kleineren Unruhen. Al gemein war die Neugier größer als das Interesse an der Ermordung von Vampiren. So Gott will, würde diese Glückssträhne andauern, aber die Tatsache, dass ein Killer-Vampir in Chicago frei herumlief und unser Haus in Verdacht stand, in das Verbrechen verwickelt zu sein, war kein gutes Zeichen. Das Blatt konnte sich sehr leicht wenden.
Auf einmal verlangte es mich danach, wieder zu Hause zu sein, sicher hinter
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