Chicagoland Vampires 01 - Frisch gebissen
geringsten Zweifel wusstet, dass ihr am richtigen Ort seid?
Dass ihr euch auf dem richtigen Weg befindet? Hattet ihr vielleicht das Gefühl, eine Grenze überschritten, ein Hindernis überwunden zu haben, und standet ihr vielleicht, nachdem ihr euch vor einem unüberwindbaren Berg gewusst habt, auf einmal auf der anderen Seite? Wenn die Nachtluft warm und der Wind kühl war und ein Lied die stillen Straßen um euch herum erfüllte? Wenn ihr die ganze Welt um euch herum gespürt habt und ein Teil von ihr und des pulsierenden Lebens wart und alles gut war?
Zufriedenheit ist vermutlich die einfachste Beschreibung dafür.
Aber es scheint mehr als nur das zu sein, es scheint bedeutsamer zu sein – ein gemeinsames Ziel vielleicht, das Gefühl, dass man wirklich und wahrhaftig in diesem Augenblick am richtigen Ort, dass man zu Hause ist.
Diese Augenblicke scheinen niemals lang genug zu dauern.
Das Lied findet sein Ende, der frische Wind flaut ab, die Sorgen und Ängste kehren zurück, und du kannst nur Sorgen und Ängste kehren zurück, und du kannst nur versuchen voranzukommen, doch du siehst immer wieder zu dem Berg hinter dir zurück, wunderst dich, wie du ihn überwunden hast, ängstlich, dass du es vielleicht gar nicht geschafft hast – dass die riesige Masse hinter dir und ihr Schatten sich auflösen und sich vor dir erneut bilden könnten und du dich dem Kampf stellen müsstest, sie erneut zu überwinden.
Das Lied ist zu Ende. Du starrst auf das ruhige, dunkle Haus vor dir, du drehst den Türknauf und läufst zurück in dein vor dir, du drehst den Türknauf und läufst zurück in dein Leben.
KAPITEL ZEHN
Wächter der Nacht
»Zeit aufzustehen, Schlafmütze!«
Ich hörte die Stimme, brummte in mein Kissen und zog mir die Decke über den Kopf. »Geh weg!«
»Ach, komm schon, Merit. Heute ist dein großer Tag! Heute ist Vampir-Willkommensparty!«
Ich vergrub mich unter den Decken. »Ich will heute kein Vampir sein.«
Ich hörte ein Schnauben, und dann wurde mir die Bettdecke weggerissen und auf den Boden geworfen.
»Verdammt noch mal, Mallory!« Ich setzte mich hin und schob mir ein Nest dunkler Haare aus dem Gesicht. »Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt und durchaus in der Lage, allein aufzustehen. Gehst du bitte aus meinem Zimmer! Nerv Catcher!«
»Catcher hat im Moment andere Probleme, Merit.« Sie hörte kurz auf, die Shirts in meinem Kleiderschrank durchzugehen.
»Hast du schon von dem Mädel gehört? Das, das umgebracht wurde?«
Ich nickte, während ich mir den Schlaf aus den Augen rieb.
»Sie haben letzte Nacht über sie gesprochen.«
»Ein ziemlich beschissener Zeitpunkt, um Vampir zu werden.«
»Du sagst es. Dasselbe habe ich vor Kurzem auch gesagt.«
Mallory fing damit an, Kleidung von Bügeln zu zerren und auf den Fußboden zu werfen. Ich starrte sie wütend an, doch sie bemerkte es nicht einmal. »Was machst du da?«
»Ich suche dir Klamotten aus. Du hast heute Willkommensparty.«
Mallory behauptete zwar, den Vorteilen ihres fantastischen Aussehens und ihrer Fitness gegenüber immun zu sein, aber es gab Momente, in denen sie den ganzen Girlie-Kram genoss. Die Mädels aus ihrer Studentinnenvereinigung wären stolz auf sie gewesen.
Ich schwang meine Beine aus dem Bett. »Das ist keine - Willkommensparty. Es ist Schikane. Vampir-Schikane. Ich muss mich nicht hübsch machen, damit mich Ethan demütigen muss mich nicht hübsch machen, damit mich Ethan demütigen kann.«
»Stimmt. Er hat dich ja schon gedemütigt, als du noch Jeans und ein T-Shirt getragen hast.« Sie warf mir einen abfälligen Blick über die Schulter zu, der ausreichte, mein Flehen in Blick über die Schulter zu, der ausreichte, mein Flehen in Tränen zu verwandeln. »Aber du wirst heute dort sein mit, was sagtest du, elf anderen neuen Vampiren? Du musst ihnen zeigen, woraus du gemacht bist. Heute ist der Tag, an dem du neu anfängst. An dem du dich neu erfindest.«
Ich schauderte, als Mallory zwei hohe schwarze Stöckelschuhe und eine weiße Bluse hervorholte. Sie flogen neben die Hose, die sie bereits aufs Bett geworfen hatte.
»Das sind nicht gerade die Sachen, die ich normalerweise trage.«
Sie kicherte. »Daher trägst du sie ja auch heute Abend.«
Sie machte eine scheuchende Geste. »Badezimmer. Reinigt Euch, Mylady.«
Nachdem ich geduscht und mich abgetrocknet hatte, übernahm Mallory alles Weitere. Sie ließ nichts unbeachtet – ich wurde beinahe zu Tode parfümiert, gezupft und gepudert. Meine langen
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