Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
Ethan die Hand. »Ich freue mich, dass wir uns endlich kennengelernt haben. Wir sollten uns bei Gelegenheit Zeit für ein ausführlicheres Gespräch nehmen.«
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Herr Bürgermeister«, stimmte ihm Ethan zu und nickte.
Tate sah mich wieder an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, entschied sich aber anders. Er legte seine Hände auf meine Oberarme, beugte sich zu mir vor und küsste mich auf die Wange. Dann verlagerte er sein Gewicht etwas und brachte seine Lippen an mein Ohr. »Solltest du dich loseisen können, dann melde dich. Ruf in meinem Büro an – sie werden dich zu mir durchstellen, Tag und Nacht.«
Vom »Tag« zu sprechen war natürlich überflüssig, wenn man mein kleines Sonnenlichtproblem bedachte. Aber der Rest – die Tatsache, dass er sich mit mir treffen wollte, nicht mit Ethan, und dass er mir den Zugang zu ihm jederzeit ermöglichte – war überraschend. Nichtsdestotrotz nickte ich, als er sich wieder aufrichtete.
»Ich wünsche noch einen schönen Abend«, sagte er und deutete eine Verbeugung an. Einer seiner Leibwächter trat vor und bahnte ihm einen Weg durch die Menge. Tate folgte ihm, und sein zweiter Leibwächter schloss sich ihnen an.
»Er will, dass ich ihn anrufe«, plauderte ich sofort aus, als sich die Menge wieder um uns geschlossen hatte. »Er hat mir gesagt, dass ich ihn jederzeit anrufen kann. Dass seine Sekretärin mich jederzeit durchstellen wird.« Ich sah zu Ethan auf. »Was hat das zu bedeuten?«
Ethan runzelte die Stirn. »Ich habe keine Ahnung.« Er starrte mich weiterhin an, und eine hochgezogene Augenbraue ließ keinen Zweifel daran, dass ich sein Missfallen erregt hatte.
»Warum die Trauermiene?«
»Gibt es überhaupt jemanden, der nicht in dich verknallt ist?«
Ich schenkte ihm mein strahlendstes Lächeln. »Wenn nicht, dann nur, weil du mich noch nicht auf ihn angesetzt hast. Mata Hari zu Diensten. Möchtest du ihn auf die Liste setzen?«
»Dein Sarkasmus gefällt mir nicht.«
»Es gefällt mir nicht, wie ein Geschenk herumgereicht zu werden.«
Ein Muskel zuckte an seinem Kinn. »Was soll ich deiner Meinung nach darauf antworten?«
Ich hatte schon meinen Mund geöffnet, um eine Antwort zu geben, die genauso patzig wie meine Frage war, doch ein Silbertablett tauchte an meinem Ellbogen auf und ließ mich innehalten. Auf dem Tablett lag lediglich eine kleine weiße Karte. Auf ihr stand in sauberen Blockbuchstaben JOSHUA MERIT geschrieben.
Mein Herz setzte zu meinem Unbehagen kurz aus, denn diese sechs Quadratzoll schweren Papiere riefen dasselbe Gefühl ängstlicher Erwartung hervor wie schon in meiner Kindheit. Mein Vater hatte Frieden und Ruhe und Perfektion verlangt, und in dem Fall, dass ein Gespräch erforderlich war, weil ich in einer dieser Kategorien versagt hatte, hatte er mich auf diese Weise zu sich geladen.
Ich griff nach der Karte und nahm sie in die Hand. Dann sah ich Pennebaker an, der sie mir gebracht hatte.
»Ihr Vater erwartet Sie in seinem Büro«, sagte er mit einem kurzen Nicken und verschwand wieder in der Menge.
Einen Augenblick lang standen wir schweigend da, und ich konnte meinen Blick nicht von der Karte abwenden.
»Du bist soweit«, sagte Ethan, und ich verstand, dass diese Aussage mir als Bestätigung dienen sollte.
»So gut es geht«, sagte ich. Ich strich die Seide an meiner Taille glatt und brachte ihn zu meinem Vater.
Mein Vater erhob sich von einer verchromten schwarzen Mies-van-der-Rohe-Couch, als wir die Schiebetür aus recyceltem Holz öffneten. Wo Papa Breckenridges Büro warm und männlich gewesen war, war das meines Vaters einfach nur kalt. Es passte hervorragend zur restlichen ultramodernen Einrichtung des Hauses.
»Merit, Ethan«, sagte mein Vater und bedeutete uns hereinzukommen. Ich hörte, wie die Tür hinter uns zugeschoben wurde, und nahm an, dass Pennebaker das erledigte.
Merit, hörte ich in meinem Kopf, als ich sah, was Ethan bereits bemerkt hatte und wovor er mich warnen wollte – dass Nicholas und Papa Breckenridge im Büro meines Vaters standen.
Nick trug Jeans, ein T-Shirt und ein braunes Sportsakko aus Kord. Papa Breckenridge, ein gestandener, groß gewachsener Mann mit breitem Brustkorb, trug einen Smoking. Sie standen direkt nebeneinander und uns zugewandt und betrachteten uns misstrauisch, als wir hereinkamen.
Papa Breckenridge nickte mir zu. Dieses Nicken war wohl die einzige Begrüßung, die er für die (vampirische) Tochter seines besten Freundes
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