Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
diese Beziehungen aufzubauen. Doch abgesehen von den Raves und dem Artikel wollte Ethan Zugang zu Tate. Einen Zugang, den Tate, zumindest bis heute, nicht bereit war zu ermöglichen.
»Du solltest unseren jungen Bürgermeister begrüßen«, sagte Ethan.
»Ich habe ihn schon kennengelernt«, sagte ich. Ich war Tate bereits zweimal begegnet. Das hatte mir völlig gereicht.
»Ja«, sagte Ethan. »Das weiß ich.«
Mit gerunzelter Stirn warf ich ihm einen Blick von der Seite zu. »Du weißt das?«
Ethan nippte an seinem Champagner. »Du weißt, dass Luc seine Wachen überprüft, Merit, und er hat sich auch über dich informiert. Ich selbst habe deinen Hintergrund auch noch mal überprüft, und ich kann genauso gut wie jeder andere die Tribune lesen.«
Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es wissen müssen, dass sie den Artikel finden würden, und ich hätte wissen müssen, dass Luc ihn an Ethan weitergibt.
Während meines ersten Jahres an der New York University war ich für ein verlängertes Wochenende nach Hause gefahren. Meine Eltern hatten Eintrittskarten für das Joffrey Ballet, und wir waren Tate vor dem Theater über den Weg gelaufen, wo ein Reporter der Tribune ein Foto von mir und Tate gemacht hat, als wir uns gerade die Hand gaben. Normalerweise wäre so etwas keinen Schnappschuss wert gewesen, abgesehen von der Tatsache, dass es eine fast identische Kopie eines Fotos war, das die Tribune sechs Jahre zuvor gemacht hatte. Damals war ich vierzehn Jahre alt gewesen und hatte eine kleine Nebenrolle in einer großen Ballettaufführung gehabt. Tate war zu diesem Zeitpunkt ein junger Stadtrat gewesen, der seit zwei Jahren Jura studierte. Er hatte mir nach der Aufführung Blumen überreicht, vermutlich, um sich bei meinem Vater lieb Kind zu machen. Ich hatte noch mein Kostüm getragen – Leotard, Tutu, Spitzenschuhe und Strumpfhose –, und der Fotograf erwischte ihn in dem Augenblick, als er mir den Strauß weißer Rosen in seiner Papierhülle überreichte. Dem Reporter der Tribune, der uns bei der Joffrey-Aufführung erwischte, gefiel offenbar die symbolhafte Bedeutung der Bilder, denn sie landeten nebeneinander auf den Lokalseiten.
Ich vermute, ich konnte Ethan keinen Vorwurf machen, dass er vorausgedacht hatte, dass er jede noch so geringe Möglichkeit nutzen wollte, aber es versetzte mir einen Stich, wieder nur den Mittelsmann zu spielen.
»Menschen sind nicht die einzigen Wesen, die sich politisch betätigen«, grummelte ich.
Mit erhobenen Augenbrauen sah Ethan zu mir herüber. »Ist das eine Bewertung meiner Taktik, Hüterin?«
Ich schüttelte den Kopf und richtete meinen Blick wieder auf die Menge. Überraschenderweise bemerkte ich, dass ich von blauen Augen gemustert wurde. Ich lächelte verschlagen. »Warum nicht, Sullivan. Wenn du schon die perfekte Waffe besitzt, dann solltest du sie auch einsetzen.«
»Wie bitte?«
»Lass uns doch mal herausfinden, wie gut ich schauspielern kann, meinst du nicht auch?«
Bevor er mich fragen konnte, was ich vorhatte, setzte ich mein strahlendstes Mitglied-der-Familie-Merit-Lächeln auf, straffte die Schultern und schlenderte zu der Menschenmenge, die um den Bürgermeister stand, hinüber.
Tate nickte geistesabwesend seinen Zuhörern zu und kam dann in meine Richtung, während er jede meiner Bewegungen aufmerksam verfolgte. Zwei Männer in Anzügen begleiteten ihn. Sein Gefolge erfreute mich zwar nicht, aber seine Entschlusskraft wusste ich durchaus zu schätzen.
Tate blieb erst stehen, als er mich erreicht hatte. Seine blauen Augen funkelten, und auf seinen Wangen zeichneten sich zwei Grübchen ab. Politischer Emporkömmling hin oder her, er war unbestreitbar attraktiv.
Wir trafen uns in der Mitte des Raums, und da er kurz an mir vorbeischaute, ging ich davon aus, dass Ethan mir gefolgt war.
»Ballerina«, flüsterte er und ergriff meine Hände, als ich sie ihm entgegenstreckte.
»Herr Bürgermeister.«
Tate drückte zärtlich meine Hände. Als er sich vorbeugte und seine Lippen auf meine Wange presste, strich eine Strähne seiner weichen schwarzen Haare – die er für den Geschmack der konservativen Wähler Chicagos einen Hauch zu lang trug – über meine Wange. Tate roch nach Zitrone und Sonnenschein und Zucker, eine merkwürdig himmlische Mischung für einen städtischen Bediensteten, aber trotzdem ganz bezaubernd.
»Es ist schon viel zu lange her«, flüsterte er, und mir lief ein Schauer über den Rücken. Als er sich wieder aufrichtete, warf
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