Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
schien mir grundlegend falsch.
Oder auf verstörende Weise richtig.
»Ich habe von Ihrem Kauf des Indemnity-National-Gebäudes gelesen«, sagte Ethan. »Meinen Glückwunsch. Das ist ein beachtlicher Erfolg.«
Mein Vater nahm das Kompliment mit einem typisch männlichen Nicken entgegen und warf mir dann einen Blick zu. »Sie haben selbst Merit-Eigentum erworben.«
Fast wäre ich den einen Schritt nach vorne gegangen, um ihm sein selbstgefälliges Grinsen auszutreiben, aber nur, bis ich merkte, dass ich noch mein hübsches Abendkleid anhatte.
»Nun ja«, sagte Ethan, und sein Tonfall war leicht trocken. »Vampirismus hat seine Vorteile.«
Mein Vater machte ein zustimmendes Geräusch und sah mich dann über seinen Brillenrand hinweg an. »Deine Mutter hat mich wissen lassen, dass du, um deine Worte zu verwenden, einige Beziehungen wieder aufleben lassen möchtest. Die richtigen Leute treffen möchtest.« Er schlug denselben Ton an, in dem er immer mit mir gesprochen hatte, wenn ich es als Kind irgendwann dann doch geschafft hatte, mich in sein Büro zu schleppen, um mich für einen angeblichen Verstoß gegen die Regeln zu entschuldigen.
»Ich habe dein Angebot, Robert zu unterstützen, überdacht.«
Er schien für einen Augenblick zu erstarren, als ob ihn meine Worte zutiefst schockierten. Wenn man an unser letztes Treffen dachte, als er mich genau darum gebeten hatte – und ich ihn praktisch aus Mallorys Haus geworfen hatte –, dann war es vermutlich wirklich ein Schock für ihn.
»Was genau hast du diesbezüglich im Auge?«, fragte er schließlich.
Vorhang auf für den ersten Akt, dachte ich und bereitete mich innerlich auf meinen Text vor, den Ethan und ich zuvor abgesprochen hatten – detaillierte Informationen, die Robert nützlich sein könnten, wenn er versuchte, Beziehungen zur übernatürlichen Bevölkerung aufzubauen. Ein paar Worte über diese Bevölkerung (die der menschlichen Bevölkerung, bis auf die Vampire, bisher unbekannt war), die finanziellen Stärken der Häuser und unsere Verbindungen zur Stadtverwaltung. Die Tatsache, dass mein Großvater der Ombudsmann für die Stadt war, ließen wir wohlweislich aus. Diese Informationen würden ausreichen, zumindest hoffte Ethan das, um meinen Vater glauben zu lassen, dass wir ihm ein kleines Stück eines viel größeren Kuchens anboten.
Doch bevor ich etwas sagen konnte, hatte Ethan ihm schon das große Geheimnis enthüllt.
»Das Presidium hat Celina freigelassen.«
Ich drehte den Kopf in seine Richtung und starrte ihn an. Das war nicht unser Plan gewesen.
Ich zweifelte daran, dass ich die geistige Verbindung zwischen uns – die telepathische Verbindung, die er hergestellt hatte, als ich in das Haus aufgenommen worden war – einfach so aktivieren konnte, aber mein Sarkasmus nagte an mir, also musste ich es versuchen. Das nennst du »kleinen Leckerbissen«?
Falls er mich hörte, ignorierte er mich.
Und Ethans kleine Enthüllung war nur die erste Überraschung.
»Wann?«, fragte mein Vater mit ausdruckslosem Tonfall, als ob wir über das Wetter sprechen würden. Offenbar war die Entlassung einer Möchtegern-Serienmörderin – einer Frau, die versucht hatte, seine Tochter umbringen zu lassen – nicht viel interessanter als die Tageshöchsttemperatur.
»In dieser Woche«, antwortete Ethan.
Mein Vater gab Ethan ein Zeichen, und er begleitete ihn zu einer Sitzgruppe, wo sie Platz nahmen. Ich folgte ihnen, blieb aber hinter Ethan stehen.
»Warum wurde sie freigelassen?«, fragte mein Vater.
Ethan sprach die Themen an, die wir bereits besprochen hatten. Doch wo ich überrascht gewesen war, reagierte mein Vater nur mit beiläufigem Nicken und kurzen Einwürfen, die sein Verständnis zum Ausdruck brachten. Er schien sich mit den Übernatürlichen, der Struktur der Häuser und des Greenwich Presidium auf eine Art auszukennen, die mich überraschte. Die Tatsache, dass er über diese Informationen verfügte, fand ich nicht überraschend – im Internet war alles Mögliche zu Vampiren zu finden. Doch er schien auch die Regeln, die wichtigsten Namen und ihre Verbindungen zu kennen.
Das Büro des Ombudsmanns hatte einen unbekannten Vampirmitarbeiter, der als Informationsquelle zu den Häusern diente. Vielleicht hatte mein Vater genau dasselbe.
Nachdem Ethan seine Erläuterungen beendet hatte, warf mir mein Vater einen Blick zu.
»Ihr habt in der Tat mein Interesse geweckt«, sagte er. »Aber warum hast du deine Einstellung geändert?«
Super.
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