Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
betreten hatte, blieb ich stehen und sah zum dunklen Himmel hinauf. Er erinnerte noch an Tinte, mit einem Hauch von Blau.
Bis zum Sonnenaufgang war noch ein wenig Zeit.
Mein Inneres war ruhiger als noch vor meiner Fahrt, aber ich war noch nicht bereit, hineinzugehen.
Stattdessen betrat ich den Rasen, überquerte ihn und umrundete das Haus. Cadogans Hinterhof war so eine Art Spielplatz für die nachtaktiven Vampire – Barbecue-Grill, Swimmingpool und ein Springbrunnen in einem sehr gepflegten Garten. Nun lag er verlassen da, denn die Vampire – auch wenn sie noch nicht schliefen – waren bereits ins Haus gegangen.
Ich ging zu dem nierenförmigen Pool hinüber, kniete mich hin und ließ meine Fingerspitzen über die Wasseroberfläche gleiten.
Ich sah nicht auf, als ich Schritte näher kommen hörte.
»Es ist ein schöner Abend«, sagte er.
»Ja, das stimmt.« Ich schüttelte die Wassertropfen von meinen Fingern und stand auf. Ethan stand auf der anderen Seite des Swimmingpools. Er trug Anzughose und Anzughemd. Die Hände hatte er in die Hosentaschen gesteckt und seine Haare hinter die Ohren zurückgestrichen. Das goldene Medaillon Cadogans lag auf dem Stück freier Haut unterhalb seines Halses.
»Du bist weggefahren?«
Ich nickte. »Nur kurz. Musste den Kopf freikriegen.«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Formwandler?«
Ich nahm an, dass er mich das fragte, weil sie der Grund gewesen sein sollten, warum ich ein wenig Zeit für mich gebraucht hatte. »Hexenmeister«, korrigierte ich ihn.
»Ah«, sagte er und blickte auf das Wasser. »Malory.«
»Richtig, Malory.« Er wusste, dass wir uns zerstritten hatten. Aber er wusste wohl nicht, dass wir uns über ihn gestritten hatten – zumindest zum Teil.
Ethan verschränkte die Arme vor der Brust. »Der Übergang kann Freunde vor große Herausforderungen stellen. Menschen, die man liebt.«
»Ja, das kann definitiv passieren«, stimmte ich ihm zu und entschloss mich dann, das Thema zu wechseln. »Und was machst du hier draußen? Formwandler?«
»Richtig«, ahmte er meine Antwort nach, aber mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. »Formwandler.«
»Vieleicht haben die Formwandler ja recht«, sagte ich. »Ich meine, damit, sich in die Wälder zurückzuziehen, unter sich zu bleiben.«
»Deine Theorie lautet: Wenn man den Kontakt zu jemandem vermeidet, kann man auch nicht von demjenigen verletzt werden?«
Für einen vierhundert Jahre alten Vampir, der menschliche Emotionen normalerweise überhaupt nicht verstand, war das eine ziemlich scharfsinnige Schlussfolgerung. »So ungefähr, ja.«
Als er mir darauf in die Augen sah, merkte ich, dass er traurig war. »Ich möchte nicht, dass du kaltherzig wirst, Merit.«
»Der Wunsch, nicht verletzt zu werden, ist nicht dasselbe, wie kaltherzig zu sein.«
»Zumindest nicht am Anfang«, sagte er. Er ging zu der niedrigen Steinmauer, die den Swimmingpool umgab, und lehnte sich an sie. Die Arme hatte er immer noch verschränkt, die Beine überkreuzt. Und umgab, und lehnte sich an sie. Die Arme hatte er immer noch verschränkt, die Beine überkreuzt. Und dann sah er mich an, und die Poolbeleuchtung ließ seine Augen wie die einer Katze schimmern.
»Jetzt, wo du die Verwandlung endlich abgeschlossen hast, warne ich dich davor, gefühllos zu werden. Die Menschen nehmen das Konzept des Todes an; sie verlangen vieleicht nicht danach, aber sie erkennen an, dass der Verfall des menschlichen Körpers nicht aufgehalten werden kann. Vampire hingegen haben die Möglichkeit, unsterblich zu sein. Ihnen sind alle Mittel recht, um diese Möglichkeit zu erhalten, und oft vergessen sie die Kleinigkeiten des Lebens zwischen ihrer Verwandlung und einem Espenholzpflock.«
Er schüttelte den Kopf. »Deine vampirischen Kräfte sind unglaublich, und dennoch schätzt du deine Menschlichkeit und die Menschen sehr, die an deinem Leben vor der Verwandlung Anteil hatten. Bleib so«, sagte er. »Bleib einfach so, wie du bist.«
»Hör auf, mit mir zu flirten, Sullivan«, sagte ich trocken, aber es war nicht scherzhaft gemeint. Ethan war schon attraktiv genug, wenn er Gemeinheiten von sich gab; auf einen Ethan, der mir Komplimente machte, war ich nicht vorbereitet.
»Ich bin einfach nur ehrlich«, sagte er, hob die Hand und zwei Finger. »Pfadfinderehrenwort.«
Mit einem lauten Schnauben brachte ich meine Zweifel deutlich zum Ausdruck, und dann blickte ich zum Himmel. Während sich die Erde um ihre Achse drehte, veränderte sich das
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