Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
bleibst. Aufmerksam. Du darfst nur nicht vor Angst erstarren – aber wenn ich von dem ausgehe, was ich über dein Verhalten beim Angriff auf Cadogan erfahren habe, ist das wohl kaum zu befürchten.«
»Bis jetzt hat noch alles ganz gut geklappt.«
»Bis jetzt reicht mir.« Er blieb an einer Ampel stehen und deutete nach links. »Wir gehen hier über die Straße und müssen noch ein paar Blocks weiter.«
Als die Ampel auf Grün schaltete, überquerten wir die Michigan Avenue und entfernten uns einige Blocks von ihr in Richtung Osten.
»Da sind wir«, sagte Jonah unvermittelt.
Das Gebäude war … ein beeindruckender Anblick. Es wirkte wie ein glänzender schwarzer Speer, der in das Flussufer des Chicago River gerammt worden war – zumindest bis man zu den obersten drei oder vier Stockwerken aufsah. Das Haus befand sich noch im Bau, und die skelettartigen Strukturen waren mit milchig weißem Plastik verhüllt.
Auf einem Sperrholzschild war nachzulesen, dass hier ein Finanzunternehmen sein neues Zuhause finden würde.
Wenn es solche Vampire gab, wer brauchte da noch Feinde?
»Heute«, sagte Jonah, »spielen wir die Rolle geladener Gäste. Verhalte dich einfach so, als ob du dazugehören würdest!« Er ging durch die Drehtür des Gebäudes. Als ich ihm folgte, sah ich, wie Jonah dem Mann hinter dem Empfangsschalter zulächelte und ihn ansprach, ganz der Typ, der zu einer Vampirparty in einem exklusiven Penthouse aufkreuzte.
»Wir sind zur, ähm, Kennenlernparty eingeladen«, sagte Jonah zwanglos.
»Sicherheitscode?«, fragte der Uniformierte.
Jonah lächelte. »Verführerin.«
Eine Sekunde lang fürchtete ich, er hätte den falschen Code. Der Uniformierte sah zuerst Jonah scharf an, dann mich, bis er offensichtlich zu dem Schluss kam, dass wir aus den richtigen Gründen in diesem Gebäude waren. Er deutete in Richtung Aufzug. »Oberstes Stockwerk. Halten Sie sich vom Rand fern! Aus der Höhe ist ein Sturz recht unangenehm.«
Jonah ging zum Aufzug und drückte den Kopf. Als die Tür aufglitt, stiegen wir ein.
»Bist du bereit?«, fragte er, während sich die Tür schloss.
»Ich bin mir nicht ganz sicher.«
»Du schaffst das schon. Wenn es sich um einen Rave handelt, denk einfach nur daran, dass wir sie nicht gleich heute Abend ein für alle Mal beenden wollen. Wir gehen da rein und finden heraus, was Mr Jackson vielleicht gesehen haben könnte. Wir finden heraus, wer die Verantwortlichen sind, wer mit wem im Streit liegt, alles, was wir können. Wenn wir nur einen Schritt in die richtige Richtung machen, dann ist das schon ein Sieg.«
»Hört sich vernünftig an.«
»Die RG ist eine vernünftige Organisation.«
»Nicht, dass sie heute von Bedeutung wäre«, betonte ich.
»Die RG ist immer von Bedeutung. Unser Wohlergehen ist immer von Bedeutung.«
Sein eindringlicher Tonfall ließ mich unwillkürlich fragen: »Ist das hier vielleicht ein Test? Ob ich für die RG geeignet bin?«
Der Aufzug raste hinauf zum obersten Stockwerk, und eine weibliche Stimme verkündete: »Penthouse Suite.« Die Tür öffnete sich mit einem leichten Zischen.
»Das ergibt sich nur zufällig nebenbei«, antwortete Jonah schließlich und legte seine Hand auf meine Hüfte. »Auf geht’s!«
Ich nickte, und wir traten aus dem Aufzug.
Diese Räumlichkeiten Penthouse zu nennen war eine einzige Übertreibung. Sicher, es würde vermutlich mal zu einem werden, aber bislang war es nicht mehr als eine Baustelle.
Der Raum selbst war riesig, ein gigantisches, fast vollständig leeres Rechteck, in dessen Mitte sich Stahlstreben befanden, die meiner Einschätzung nach den späteren Standort der Innenwände markierten. Da nur wenige Arbeitsleuchten Licht spendeten und das diffuse Schimmern der nächtlichen Stadt durch die Plastikhülle an den Außenwänden nicht wirklich half, war es relativ dunkel. Der Boden war blanker Beton und mit Bauschutt überzogen; Materialkisten standen im gesamten Raum verteilt.
Der Gesamteindruck war gruselig und erinnerte mich an so manchen Horrorfilm, in dem ein Liebespaar sich davonschleicht, um miteinander knutschen zu können – Sekunden bevor der blutrünstige Mörder mit einem Messer bewaffnet durch die Wand springt.
Ich konnte keine Menschen sehen, aber mehrere Dutzend Vampire, die in Gruppen im Raum verteilt standen. Ihre Kleidung reichte von Haute Couture bis lässig, von Jimmy Choo bis Billigladenflanell. Bei so vielen Vampiren schien es äußerst unwahrscheinlich, dass sie alle Abtrünnige
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