Chicagoland Vampires
verstehen das nicht.«
»Dann mach es ihnen begreiflich. Aber indem du mit ihnen redest, nicht, indem du unser aller Leben durcheinanderbringst.«
Keine Reaktion.
»Bitte«, sagte ich leise. »Komm mit mir nach Hause. Du kannst Catcher sehen und mit dem Orden reden. Wir können versuchen, dich wieder in Ordnung zu bringen. Ich weiß, das wird schwer, aber du kannst das. Ich kenne dich. Ich weiß, wer du bist und was dir wirklich am Herzen liegt.«
Schweigen. Einen Augenblick dachte ich, ich wäre zu ihr durchgedrungen. Ich dachte, ich hätte sie davon überzeugt, ihren unsinnigen Versuch aufzugeben, mit Gewalt ihren inneren Frieden wiederherzustellen. Ich dachte, sie würde mit mir nach Chicago zurückkehren.
Aber es sollte nicht sein. Plötzlich sah sie auf, wie ein Hirsch, der ein Raubtier im nahe liegenden Wald wittert, und blickte mich an.
»Es ist noch nicht vorbei«, sagte sie und zauberte einen blauen Lichtblitz herbei, in dem sie verschwand.
KAPITEL SECHS
SCHWERTKAMPF
Es war wieder still auf der Welt.
»Wo ist sie hin?«, fragte Todd. Sein Hut war verdreckt und zerknittert, seine Kleidung zerrissen und schmutzig. Er hatte eine harte Nacht hinter sich.
»Ich bin mir nicht ganz sicher.« Ich sah mich um, und für einen Augenblick erfasste mich Panik, weil ich mir nicht sicher war, wo Ethan steckte. Er erhob sich am Waldrand, und einige Gnome halfen ihm dabei. Er zuckte weiterhin zusammen, weil er offensichtlich immer noch nicht schmerzfrei war, und er kam nur mühsam auf uns zu.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Kopfschmerzen«, sagte er. »Und mir ist schwindlig.«
»Ist sie noch in der Nähe?«
Er schloss die Augen und nickte.
»Du bist also zweifellos mit ihr verbunden?«
Er öffnete seine Augen wieder. »Emotional, glaube ich. Ich spüre ihren Zorn, ihren Stress. Ihre Sucht.« Er sah mich bedauernd an. »Ihre Enttäuschung.«
Ich glaube, er versuchte sich für seinen stahlharten Griff zu entschuldigen, aber das Gespräch mussten wir auf später verschieben. »Wenn sie immer noch in der Nähe ist, wo genau steckt sie dann?«
»Sie ist nicht an den Bäumen vorbeigekommen«, sagte Todd.
»Daher kann sie auch nicht ins Silo gelangt sein.«
»Und Paige?«, fragte Ethan. »Wo ist sie?«
»Wie konnte sie diesen Kampf verpassen?«, wunderte ich mich.
Aber diese Frage beantwortete sich in dem Augenblick, in dem ich sie gestellt hatte. Ich schloss die Augen … und roch den schwachen Duft von Zitrone und Zucker.
»Was ist los, Hüterin?«
»Tate ist hier.« Mein Herz begann zu rasen, als mir die möglichen Konsequenzen durch den Kopf schossen.
»Woher weißt du das?«
»Er hat einen Duft – Zitrone und Zucker.« Ich kam mir töricht vor – welches übernatürliche Wesen roch schon nach Plätzchen? –, aber ich konnte den Geruch nicht ignorieren und ebenso wenig, was er bedeutete.
Ethan schien es nicht merkwürdig zu finden. »Wenn er hier ist und du das bereits weißt, warum weiß es Paige noch nicht?«
»Ich glaube, wir sollten sofort zurück zum Haus«, sagte ich und lief los. Ethan folgte mir.
Wir waren bei unserem Rundgang über das Anwesen so weit gekommen, dass wir uns nun auf der anderen Seite des Bauernhauses und des Silos befanden. Ich fiel beinahe hin, als wir über unebenen Boden liefen, den wir bisher noch nicht kannten. Ich sprang über zwei Zäune, während mein Herz wie wild pochte, und dann tauchte die Hausrückseite wieder vor mir auf. Ich eilte um das Haus herum zur Vordertür, die sperrangelweit offen stand. Auf dem Boden der Diele lagen Bücher verstreut, deren Seiten leicht im Wind flatterten.
Ethan trat hinter mich und fluchte leise.
»Paige?«, rief ich und ging vorsichtig den Flur entlang. Das Wohnzimmer war leer und unbeleuchtet, ebenso die Küche. Ich ging weiter und warf einen Blick in den Raum, der meiner Meinung nach das Elternschlafzimmer sein musste. Er war leer, das Bett ordentlich gemacht, das Licht ausgeschaltet.
»Paige!«, rief ich noch einmal, aber es war nichts im Haus zu hören. Es war nicht das geringste Anzeichen von Magie zu spüren. Nichts außer dem schwachen, süßlichen Duft von Zitrone und Zucker.
»Sie ist nicht hier«, sagte ich.
»Ich glaube nicht, dass wir uns wirklich fragen müssen, wo sie hin ist«, sagte er.
Das glaubte ich auch nicht. »Das Silo«, sagte ich. »Sie wollen das Maleficium , und es befindet sich im Silo.« Ich fürchtete bloß, dass uns noch Schlimmeres bevorstand. Mallory war in dem Augenblick
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