Chicagoland Vampires
betrachtete mich mit offensichtlicher Neugier.
»Was denn?«, fragte ich.
Jonah zuckte mit den Achseln. »Ich bin nur überrascht, dass du angerufen hast. Er ist ja wieder da.«
»Ich habe der Roten Garde ein Versprechen gegeben«, sagte ich. »Ich habe vor, es auch zu halten. Und wenn wir mal für den Augenblick meine Gefühle für Ethan beiseitelassen, so steht das Greenwich Presidium auf meiner Abschussliste, und das mehr denn je.«
Jonah nickte. »Darius ist gestern in unser Haus gekommen. Ich wurde zwar nicht in die Gesprächsthemen eingeweiht, aber Scott war verdammt schlecht gelaunt, als er wieder ging.«
Diese Neuigkeit bereitete mir Bauchschmerzen. Hatte Darius Scott von der Entscheidung des Sufetats erzählt, Haus Cadogan zu schließen? War Scott deswegen so schlecht gelaunt gewesen? Ich wollte Jonah nach weiteren Details fragen, aber wenn Scott nicht einmal bereit gewesen war, Jonah, dem Hauptmann seiner Wache, von ihrem Gespräch zu erzählen, dann waren das vermutlich Details, die ich gar nicht wissen wollte.
»Weißt du, was los ist?«, fragte Jonah.
»Dazu kann ich leider nichts sagen, aber es reicht wohl zu erwähnen, dass das Greenwich Presidium wieder was ausheckt.«
»Das tun sie für gewöhnlich«, sagte Jonah mit einem breiten Grinsen. »Wir versuchen uns möglichst unauffällig zu verhalten. Für Cadogan könnte es sich als sinnvoll erweisen, eine ähnliche Strategie zu verfolgen.«
» Haha . Du weißt schon, dass wir es uns nicht alle leisten können, den Kopf in den Sand zu stecken? Vor allem dann nicht, wenn es irgendwelche Geisteskranke auf uns abgesehen haben.«
»Eure Erfolgsbilanz sieht da ziemlich mies aus. Ich möchte da auch gar nicht weiter drüber reden oder die Situation noch unangenehmer gestalten, aber da deine Freunde die Angewohnheit haben, ihr Leben auszuhauchen, ist es vermutlich besser, dass zwischen uns nichts passiert ist.«
Ich sah ihn spitzbübisch an. »Es ist nur einmal passiert.« Mein Tonfall war trocken, doch insgeheim war ich froh, dass er das Thema aufgebracht und es ausgesprochen hatte. Es war besser, Witze darüber zu machen, als sich ständig unbehaglich zu fühlen.
»Na ja, vermutlich hast du recht«, sagte Jonah. »Ich meine, Morgan ist sogar befördert worden.«
»Du bist wirklich saukomisch. Sind wir hier die Einzigen?«
»Die auf der Seite der Guten und Gerechten kämpfen? Nein. Es sind noch zwei weitere Mitglieder der Roten Garde in der Menge. Sie rühren sich erst, wenn irgendwas passiert.«
»Wenn zum Beispiel ein strafender Engel sie mit seinem riesigen Schwert der Gerechtigkeit niederstreckt?«
»Das hört sich wie der Teaser zu einem richtig schlechten Porno an.«
»Ja, stimmt. Leider ist es aber die Wahrheit. Zumindest nehmen wir das an. Wir hatten bisher noch nicht die Gelegenheit, Tate persönlich zu fragen, ob er seinen gerechten Zorn an diesen Männern auslassen will.«
Er strahlte mich an. »Weißt du, jedes Mal, wenn ich Zeit mit dir verbringe, wird die Welt noch ein wenig sonderbarer.«
Ich nickte, denn widersprechen konnte ich ihm wohl kaum. »Das ist eine persönliche Schwachstelle. Mein Vorsatz fürs nächste Jahr ist es, ein völlig normaler Vampir zu sein. Geradezu gewöhnlich.«
»Ich habe meine Zweifel, ob das überhaupt möglich ist. Hat unser engelsgleicher Freund irgendwelche bekannten Schwächen?«
»Nicht, dass ich wüsste. Und es könnten Freunde sein, Plural. Nur einer von ihnen war auf Paulies Party, aber wer weiß schon, was sie jetzt gerade denken. Wir können sie ja nicht einmal unterscheiden.«
Jonah verschränkte seine Finger und streckte die Arme, um sich auf den Kampf vorzubereiten. »Ich liebe die Herausforderung, für den Außenseiter zu spielen.«
Vielleicht bluffte er nur, vielleicht meinte er es aber auch so. Egal, was nun stimmte, es war gut, einen Partner an seiner Seite zu wissen, der trotz miserabler Aussichten noch einen Witz machen konnte.
»Also, wie gehen wir vor?«, fragte er.
Ich erzählte ihm von der Strategie, die Ethan vorgeschlagen hatte. »Jeder von uns postiert sich an einer der Säulen. Wenn die Polizisten herauskommen, hältst du nach den Tates Ausschau oder nach einem von ihnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er zu lange damit warten wird, seine Chance zu nutzen. Und die Polizisten wissen, dass er mit Paulies Ermordung zu tun hat. Also kommt er entweder verkleidet –«
»Oder er plant den großen Auftritt, damit sie nicht genügend Zeit haben, ihn niederzuringen«,
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