Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
gestern. Das war’s. Aber unter dem Tisch, da bewegt sich was. Vorsichtig schlurft der Zeno näher, den Schnitzelklopfer schlagbereit hoch über dem Kopf. Einer der Thekenschlucker sagt: »Bei euch kommt aber auch wirklich alles in die Pfanne, oder?«
Schallendes Gelächter von seinen Trinkkumpanen, und unter dem Tisch drei, da erscheint ein kleiner Dackelkopf. Flach über dem Boden. Ein Rauhaardackel, braun, saufarben, so sagt man wohl dazu. Offensichtlich noch ziemlich jung der Bursche, mit einem struppigen Fell und hellbraunen Absetzern um die Augen rum und auf der Brust. Das sieht aus, als ob er eine Brille aufhätte und einen Pullover an. Angeleint ist er auch, der kleine Kerl, am Stuhl. Und verängstigt. Er fiepst leise, versteckt sich hinter dem Tischbein, schaut mit einem Auge schief von unten auf den Zeno und schlägt dann zaghaft mit dem Schwanz auf den Boden. Klopf, klopf, klopf.
»Jetzt nimm doch den blöden Schnitzelklopfer weg, der fällt doch gleich ins Angstkoma, der arme kleine Bursche.« Die Nellie geht vor dem zitternden Hundebündel in die Knie und spricht mit einer unsäglichen Babystimme zu ihm: »Ja, wie heißt du denn?«
»Wenn das mit dem Namen geklärt ist«, sagt der Stocker hinter ihr, nachdem er dem fassungslosen Zeno den Schnitzelklopfer aus der Faust genommen hat, »dann frag ihn doch auch gleich, wer hier bezahlt, oder wie er sich das gedacht hat.«
Wieder brüllendes Gelächter von der Thekenmannschaft.
»So, jetzt ist Feierabend, ihr geht’s jetzt heim. Wir haben hier was Ernsthaftes zu klären«, sagt der Zeno und nimmt den vier Schluckern die leeren Gläser weg. Die verlassen maulend und grinsend das Lokal. Die Nellie, die nimmt sich einen kräftigen Gin Tonic und sagt nach dem ersten Schluck: »Und jetzt?«
»Jetzt? Jetzt rufen wir den Ringo an. Der hat heute Dienst, und der übernimmt die Sache hier. Ein klarer Fall für die Polizei, wenn du mich fragst. Für so was sind die ausgebildet. Gib mir mal das Telefon rüber.« Der Stocker streckt die Hand aus, ohne den Dackel aus den Augen zu lassen. Die Nellie drückt die Nummer der Priener Polizeidienststelle auf der Kurzwahltaste und reicht dem Stocker das Telefon über die Theke. »Und zwei Bier«, sagt der Zeno, der jetzt mühsam neben dem Kleinen auf ein Knie geht.
»Polizeidienststelle Prien, Müller, guten Abend.«
»Grüß dich, Ringo, Albin hier, wir haben hier ein Problem, kannst du schnell vorbeikommen?«
»Servus, Albin, um was geht’s? Einbruch? Schlägerei? Erzähl.«
»Nein«, sagt der Stocker, »eigentlich ist es ein Fall von Zechprellerei. Hier war einer, der vorher noch nie bei uns war. Der hat gegessen und getrunken und ist dann verschwunden. Die Nellie hat gedacht, der ist nur mal schnell raus oder so, weil er auf dem Tisch einen Schlüsselbund und eine Zeitung liegen gelassen hat, und außerdem –«
»Nein, wart«, lacht der Ringo ins Telefon, »ich schmeiß mich weg. Der Schnitzel-Heinzi. Der alte Schmierlappen. Ist der jetzt bei euch auf Tour? Vergiss es einfach und hak’s ab.«
»Warum? Wer?«
»Der Schnitzel-Heinzi, der ist aus der Gegend von Oberaudorf. Das ist auch sein Jagdrevier. Das ganze Inntal bis nach Rosenheim rein. Aber so weit östlich war der noch nie. Isst immer Schnitzel, hat immer einen Schlüsselbund auf dem Tisch, den er dann liegenlässt. Die Schlüsselbunde kauft er kiloweise auf den Flohmärkten zusammen. Und die Zeitung, die ist immer vom Vortag. Zeitungen holt er sich aus diversen Papierkörben. Vergiss es, Albin, der Schnitzel-Heinzi, der hat an die hundert Zechpreller-Delikte. So genau weiß ich das gar nicht, weil unser Computer nicht mehr als die letzten fünfzig Delikte pro Täter erfasst.«
»Jetzt lass mich doch mal ausreden, Ringo. Erstens hat der bei uns kein Schnitzel gegessen, sondern Rinderfiletstreifen in Rote-Bete-Sauce, dazu reichlich Bier und Schnaps, und zweitens, und jetzt komm ich zum Punkt, zweitens hat er einen Hund hiergelassen. So!«
»Einen Hund, hmm? Dann geht der jetzt mit einem neuen Programm auf Tournee. Trotzdem, machen kann ich da nicht viel. Komm morgen vorbei, dann nehmen wir ein Protokoll auf, aber bringen tut das nichts. Früher, da hat der Heinzi nach dem Essen immer noch einen doppelten Obstler bei der Bedienung bestellt mit den Worten: ›Geh, bring ma no an Doppelten, bevor’s losgeht.‹ Und nach dem dritten oder vierten Obstler, wenn die Bedienung gesagt hat: ›Möchtest dann so langsam zahlen?‹, dann hat der Heinzi immer
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