Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
steckt es in seine Brusttasche. Zu Zeno und Stocker sagt er: »Der Achs ist wieder in München, die sind vor ein paar Minuten von der Autobahn runter. In einer Viertelstunde oder so, da ist der in seiner Wohnung. Meine Burschen sagen, sie kommen grade am Messegelände vorbei, und es sieht so aus, als wenn der Achs schnurstracks zu seiner Bude fahren würde. Ich lass morgen früh um sechs einen Trupp vom SEK und meinen Leuten da aufmarschieren und die Bude auf den Kopf stellen. Ihr habt dann vielleicht zwei Tage Zeit, irgendwas zu machen. Ich will nichts davon wissen. Macht es einfach. Hier, das ist eine der Handynummern vom Sperber. Ein alter Spezi vom BKA hat mir die gegeben. Für die arbeitet der auch ab und zu. Als freier Mitarbeiter, inoffiziell, du glaubst es nicht. Sogar die Amis haben den auf der Lohnliste, sagt mein Kumpel. Für die CIA soll der hier in München vor ein paar Monaten was gedreht haben. Passt bloß auf mit dem. Alle, die dem zu nahe auf den Pelz rücken wollten, sind nicht mehr sprachfähig.«
Und zum Josef: »Du lebst nicht schlecht, du kleiner Kacker. Das hat sogar mir geschmeckt.« Und zu Zeno und Stocker: »Haltet den Ball flach, Männer. Und passt auf eure Ärsche auf. Wenn der Sperber hier auftaucht, dann gute Nacht. Gegen den habt ihr nicht den Schimmer einer Chance. Ich hau wieder ab. Wir telefonieren.« Nachdem er dem Josef noch einmal mit den Fingern durch den Pelz gefahren ist, geht er raus und wirft dem ausgestopften Hirschkopf über dem Tresen einen Luftkuss zu.
Stocker schaut auf die Schwingtür und sagt zum Zeno: »Die Pistole, mit der du den Dandu-Knaben damals zum Sprechen überredet hast, die hab ich doch in den Chiemsee geworfen. Eigenhändig. Wie kann die wieder auftauchen?«
»Alter Freund, das, was du in den See geworfen hast, das war nicht das, was du gedacht hast, dass es ist. War besser so, für dein Gewissen und deine Seele. Sieh’s mal so: Wir haben uns noch nicht so richtig gekannt, damals. Heute, da würd ich so was mit dir nicht mehr machen. Glaub mir das. Ich weiß jetzt, was ich an dir und an meinem neuen Leben hab. Und jetzt tu mir einen Gefallen: Ich, ich bin nicht so der große Frauenversteher, aber du, du kannst spitze zuhören, und deine Ratschläge, die sind so toll, dass ich mich manchmal frage, warum du sie nicht selber berücksichtigst. Hau jetzt ab, ich bring den Josef in sein Körbchen. Der ist müde und braucht seinen Mittagsschlaf.«
»Endstation«, nach einem langen Tag ist Feierabend, 01.23 Uhr
»So schlimm wird’s doch wohl nicht sein, oder?« Stocker sitzt mit der Nellie in der Wirtsstube. Vor ihnen, auf dem zerschrammten alten Holztisch, da stehen ein Bier und ein Gin Tonic. Die Notbeleuchtung wirft ein fahlblaues Licht durch den menschenleeren Gastraum, und die Gesichter der beiden wirken blass und durchscheinend. Auf der Theke sind noch jede Menge Gläser und ein paar Teller und benutztes Besteck. Es riecht nach abgestandenem Bier, nach gebratenem Fleisch und Sauce und nach was noch? Nach Menschen vielleicht, die vor kurzer Zeit noch hier waren und geredet und gelacht haben und sich von ihren Sorgen und Ängsten erzählt. Von ihren kleinen oder großen Erfolgserlebnissen, von ihren Niederlagen und Problemen.
In der Küche hört man den Zeno rumoren, und wie er mit dem Josef spricht, der den Fußboden inspiziert. Könnte ja sein, dass in irgendeiner Ecke noch was Essbares liegt. Der Josef, der steht nämlich auf dem Standpunkt: Wenn du glaubst, man kann es essen, dann iss es erst mal, bevor es ein anderer tut … Kacken kannst du es dann immer noch.
Stocker hört mit einem Ohr, wie der Zeno zum Josef sagt: »Jetzt hör mir doch mal zu und friss nicht den ganzen Mist da unten. Das war ein Cockerspaniel, von dem ich hier rede, das musst du dir jetzt mal vorstellen. Ich hab den gekannt, sag ich dir. Ehrlich. Gut, die sind nicht so clever wie ihr Dackel, aber der, der hat’s auch draufgehabt. Sein Herrchen, also mein Kumpel, der hat dem vormittags immer sechzig Cent in seine Tasche am Halsband gesteckt und dann zu dem Hund gesagt, war übrigens ein Rüde, der Hund, meine ich. Also hat mein Kumpel zu ihm gesagt: ›Lauf und hol mir die Abendzeitung.‹ Das hat der Hund dann gemacht. Ist vor bis zur Kreuzung gelaufen, dann über die Straße und weiter bis zum Zeitungskiosk, und da hat ihm der Perser, dem der Kiosk gehört hat, die Zeitung in die Schnauze gelegt, hat das Geld genommen und den Hund wieder nach Hause geschickt. Jeden Vormittag
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