Childhood‘s End (Beachrats: Teil 11) (Beachrats^) (German Edition)
ohne Gewissensbisse haben zu müssen, weil ich eigentlich etwas Anderes hätte machen sollen. Ich war mein eigener Chef und niemand würde mir deswegen auf den Wecker gehen.
»Habt ihr alle etwas gegessen?«, fragte ich am Abend, als wir im Wohnzimmer versammelt waren.
Die Jungs nickten.
»Ich möchte mit euch noch ein bisschen über den Selbstmord von gestern reden«, sagte ich.
»Was gibt es da noch zu besprechen?«, meldete Alex sich zu Wort.
»Nun, ich möchte im Grunde nicht über den Suizid direkt reden, sondern viel mehr über die Gründe dafür. Darüber, dass der Kerl schwul war. Das habe ich jedenfalls aus dem Abschiedsbrief so herausgehört. Er hat sich umgebracht, weil er schwul war.«
Niemand sagte etwas.
»Alex, du hast gestern Abend eine Frage gestellt: Warum ist es für manche Leute so schwer, schwul zu sein? Das ist die beste Frage, die ich seit einer langen Zeit gehört habe und sie schwirrte mir heute den ganzen Tag im Kopf herum. Warum haben manche Leute tatsächlich so große Probleme damit, zu akzeptieren, dass sie schwul sind? Ich habe heute ein bisschen recherchiert und ich möchte, dass wir darüber reden. Ich denke, das ist wichtig.«
Erneut herrschte eine Zeit lang Schweigen.
»Wir haben gestern darüber gesprochen, Kevin«, sagte Alex schließlich. »Es liegt daran, dass sie keine Unterstützung haben.«
»Ja, aber es steckt noch viel mehr dahinter. Alex, wenn du dich nie bei deinen Eltern geoutet hättest, hättest du Unterstützung bekommen?«
»Weiß nicht«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich nicht. Sie hätten es nicht gewusst, also hätte ich auch keine besondere Unterstützung bekommen.«
»Jungs, ich habe heute etwas über den Prozess des Coming Out gelesen. Dieser wurde von Psychologen, Soziologen, Anthropologen, Ethnografen und vielen anderen Leuten erforscht.«
»Im Ernst?«, fragte Alex erstaunt.
»Er hat es gerade gesagt, Alex«, blaffte Rick ihn an. »Glaubst du Kevin etwa nicht?«
»Natürlich glaube ich Kevin. Ich habe das nur gesagt, weil ich das immer sage, wenn...«
Alex verstummte und sah Rick einen Augenblick lang an.
»Scheiße, du Arsch«, sagte er schließlich.
Rick hatte ihn reingelegt und das brachte uns alle zum Lachen.
»Darf ich fortfahren?«, fragte ich, nachdem wir uns wieder beruhigt hatten.
»Entschuldige, Baby. Ich konnte einfach nicht widerstehen.«
»Dieser Mann gestern hat sich umgebracht, weil er sich nicht outen konnte. Zumindest hat er das angedeutet. Also habe ich mir die Frage gestellt, welche psychologischen und soziologischen Prozesse jemand durchläuft, bevor und während er oder sie sich als schwul oder lesbisch outet. Ich habe im Internet ein bisschen herumgesucht und ein paar ziemlich interessante Sachen gefunden.«
»Was hast du herausgefunden?«, fragte Rick.
»Ich habe herausgefunden, dass es eine Menge Theorien darüber gibt. Ein Typ hat sogar eine Studie über den Zusammenhang des Coming Out mit dem Internet gemacht. Es ist eine ziemlich große Sache.«
»Ich schätze, das Internet hat viele Dinge verändert«, meldete Brian sich zu Wort. »Es hat bei meinem Coming Out eine große Rolle gespielt. Oder bei meinem Rauswurf, besser gesagt.«
»Ja, das wissen wir, Bri«, sagte ich. »Ich habe ein paar Artikel gelesen, die sich mit der Theorie einer Lady namens Vivienne Cass beschäftigen. Sie hatte diese Theorie in irgendeinem Magazin veröffentlicht, von dem ich noch nie gehört hatte. Das ist aber schon eine Weile her, 1979 um genau zu sein. Aber selbst heute wird noch über ihre Theorie gesprochen, also scheint sie noch immer akzeptiert zu sein.«
Ich machte eine kurze Pause und wartete, ob einer der Jungs etwas sagen wollte. Sie alle sahen mich nur an, also fuhr ich fort.
»Wie auch immer, sie schrieb jedenfalls, dass die Leute bei ihrem Coming Out sechs Phasen durchlaufen. Genauer gesagt, während der Akzeptanz ihrer homosexuellen Identität.«
»Was meinst du mit Akzeptanz ihrer homosexuellen Identität?«, fragte David.
»Eine Menge Leute denken, das Coming Out sei nur das Verkünden des Schwulseins anderen gegenüber. Schwul zu sein ist deine sexuelle Identität und du kannst es niemandem sagen, bevor du nicht mehrere Phasen durchlaufen hast, bis du dazu bereit bist.«
»Das klingt interessant«, meldete Denny sich zu Wort. »Sprich weiter.«
»Nun, die erste Stufe nennt sich Konfusion. Also die Phase, in der man sich die Frage stellt, wer oder was bin ich eigentlich? Hat jemand von
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