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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger M. Fiedler
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De Las Freitas hatte recht, als Sekretärin war sie nichts wert. Es war besser, wenn sie nicht zu viel mitbekam, das würde sie nur verwirren.
    In der Innenstadt löste sich der Prachtzug der Sambaschulen in einer allgemeinen Orgie auf, die sich wie eine lebende Zelle in immer kleinere pulsierende Gebilde teilte. Sex und Lebensgier führten Menschen zusammen, die den Rest der Nacht damit verbringen würden, Liebe auszutauschen, Geld und Geschlechtskrankheiten.

4. TEIL
Einsatzlehre ist der Versuch, den gesamten Bereich des Einsatzgeschehens der Polizei durch Vermittlung von Grundsätzen, Techniken und Erfahrungen transparent zu gestalten und durch Anwendung des Erlernten optimale Lagebewältigung zu erzielen.
(Grundlagen des Polizeieinsatzes)

HITZE
    Am Morgen nach dem großen Karneval ergoss sich eine Hitzewelle langsam, aber unausweichlich in die Straßen von Rio de Janeiro. An den Stränden von Botafogo, Leme, Copacabana und Ipanema planierten einzelne kleine Traktoren den Sand, während Reinigungstrupps mit Mistgabeln und Papierstechern in ihren Parzellen die Überreste der Karnevalsschlacht aufsammelten. Auf den Straßen klebte ein zäher Belag aus Papier, Plastik, Flüssigkeiten, Erbrochenem und Konfetti. Sobald man von den Stränden weg in die Straßenschluchten kam, wo die Luft unbeweglich stand, stachen einem üble Gerüche in die Nase. Die Holztribünen auf den großen Alleen wirkten in ihrer abgerissenen Dekoration wie verwaiste Revolutionskulissen. Übriggebliebene Partygäste hockten mit glasigen Blicken unter den Palmen oder versuchten letzte, müde Hüftschwünge, während der ganze Rest der Millionenstadt erschlagen in den Betten lag.
    Pessoas Telefon klingelte. Er hob ab und ein grausamer Pfeifton zerriss sein Ohr. Wenig später arbeitete sich ein Schreiben des BKA aus dem Fax, auf dem in schlechtem Englisch stand, dass sie die Anfrage bezüglich des Geschosses aus Borboletas Unterleib erhalten hätten, mit einer Antwort aber nicht vor Beginn nächster Woche zu rechnen sei. Denn in Köln, hieß es, herrsche zur Zeit Karneval.
    Capitão Pessoa hatte seine Augen während der letzten sechs Tage zusammengenommen für ganze drei Stunden geschlossen. Seine Lebensfunktionen wurden allein durch schwarzen Kaffee aufrechterhalten. Der stellvertretende Chef von De Las Freitas’ Dienststelle hatte den Rückzug der Polizeien zu organisieren und die Außerdienststellung der Hilfskräfte aus dem Umland. Es hatte die übliche Handvoll Toter gegeben, einige Verkehrsopfer, unzählige Diebstahlsdelikte, die man unaufgeklärt zu den Akten legen musste, und vielleicht noch einmal so viele, die in den nächsten Tagen erst gemeldet werden würden – um dann unbearbeitet zu den Akten gelegt zu werden. Auch darum musste er sich kümmern. Zu allem Überfluss war seine Thermoskanne leer.
    In der Polizeikantine rückte die fette Mamsell dem Schmutz der vergangenen Nachtschichten mit Gummihandschuhen und ätzenden Substanzen zu Leibe. Sie hatte alle Türen und Fenster aufgerissen, aber trotzdem konnte man kaum atmen, denn draußen stand die Luft genauso bleiern wie drinnen, und wenn ein Austausch stattfand, war es hinterher unerträglicher als vorher. Es war erst neun Uhr, als Pessoa sich den Kaffee abfüllte und ein paar eingepackte Sandwiches unter den Arm klemmte.
    »Ich lege dir hier vier
Reais
hin«, sagte er. Die Dicke antwortete mit einem unfreundlichen Grunzen und Pessoa hörte den eigenen, süßen Klang seines Telefons durch die Gänge schallen wie den Gesang der Sirenen.
    Dieser Karneval, so wollte es der Chef, sollte der sauberste der letzten zehn Jahre werden. Bis zur Pressekonferenz mussten die Ergebnisse vorliegen. In einer medienwirksamen Form. 23 Mal schellte es, bevor Pessoa den Weg in sein Büro zurückgefunden hatte. Diesmal war er vorsichtiger. Mit einigem Abstand hielt er den Hörer ans Ohr.
    »Hier Paola,« meldete sich eine unsichere Stimme, »wir haben ein Problem.«

BÖSES ERWACHEN
    Die Klimaanlage brüllte – wahrscheinlich schon die ganze Nacht. Vincent erwachte mit rasendem Kopfschmerz und versuchte sich zu orientieren. Stuckmuster rahmten seinen Blick zur Decke ein und langsam kamen ihm die Eckdaten seiner Existenz wieder zu Bewusstsein. Es fehlte einiges. Er blickte nach rechts und sah dort Reїnha schnarchen, links lag Patrícia, in der Luft lag eine eigenartige Säuernis und der Boden war mit leeren Aludosen bedeckt, zwischen denen sich Kleidungsstücke mit schalem Bier vollsoffen. Aus den

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